Merkblatt „Hinweise zum Umgang mit Microsoft 365 Cloud“

erschienen im KammerReport 4-2022 | 16.12.2022

In einem aktuellen Merkblatt informiert die Bundesrechtsanwaltskammer über Bedenken der Datenschutzbehörden gegen den Einsatz von Microsoft 365 Cloud sowie über berufsrechtliche Implikationen der Nutzung dieses Produkts.

Die BRAK weist darauf hin, dass eine abschließende Empfehlung zum datenschutz- und berufsrechtskonformen Einsatz von Microsoft 365 kaum möglich ist. Die Gründe hierfür liegen in der stetigen Fortentwicklung der Software sowie in den von Microsoft genutzten Auftragsverarbeitungsunterlagen. Gegenwärtig sind der BRAK keine aufsichtsbehördlichen Beanstandungen des Einsatzes von Microsoft 365 in Rechtsanwaltskanzleien bekannt. Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, ob die Datenschutz­behörden aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen Rechtsanwaltskanzleien für notwendig erachten und entsprechende Beanstandungen aussprechen werden. Das Merkblatt können Sie über den folgenden Link aufrufen: Merkblatt

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Schlichtung – Umweg oder Abkürzung zum Ziel?

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erschienen im KammerReport 3-2022 | 20.09.2022

Elisabeth Mette, Schlichterin, Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft

Wenn die Mandantschaft sich weigert, die Kostennote zu begleichen oder wegen angeblicher Schlechtleistung eine Schadensersatzforderung geltend macht, ist die erste Reaktion der betroffenen Anwaltschaft absehbar.

Ob unter hoher Arbeitsbelastung ächzend oder in der Krisenzeit unter wirtschaftlicher Ungewissheit leidend – meist wird ohne Weiteres zunächst eine gerichtliche Klärung ins Auge gefasst. Die Anwaltschaft glaubt fest daran, alles richtig gemacht zu haben, kann ihre Forderungen jedenfalls ausgefeilt begründen, die Gegenforderungen kenntnisreich zurückweisen und ist verfahrensrechtlich versiert. Sie wird der gerichtlichen Auseinandersetzung ohne Scheu entgegenblicken.

Der Impuls, auf die eigene Kompetenz zu vertrauen und täglich geübte Strategien auf den Streitfall mit dem Mandanten anzuwenden, kann leicht dazu führen, sich über die Zielsetzung zu wenig Gedanken zu machen. Vordergründig geht es selbstverständlich darum, eine schnelle und wirtschaftliche Lösung des Konflikts herbeizuführen. Die Gebührenrechnung soll zügig bezahlt, die Schadensersatzforderung als unbegründet zurückgewiesen werden.

Aber ist das wirklich das einzige Ziel? Geht es nur ums Geld oder steht mehr auf dem Spiel? Die mit der Leistung und Gegenforderung unzufriedene Mandantschaft bedroht doch zweifellos die Reputation. In unserer digitalen, transparenten Welt kann dies weitreichende Auswirkungen haben. Das Ansehen der eigenen Person als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt und das des gesamten Berufsstands gilt es daher zusätzlich zu wahren.

Beide Ziele, eine schnelle Konfliktlösung und die Wiederherstellung des Vertrauens, können mit dem Gang zum Gericht nicht erreicht werden. Im besten Fall ist das Klageverfahren innerhalb weniger Monate erledigt und endet vollumfänglich zugunsten des Anwalts. Aber wie realistisch diese ideale Verfahrensdauer in Anbetracht der unterschiedlichen Geschäftsbelastung des zuständigen Gerichts ist, mag jede Anwältin / jeder Anwalt für sich beantworten. Die Aussichten auf einen schnellen gerichtlichen Erfolg werden oft auch dadurch getrübt, dass sich die Prozessrisikoeinschätzung von Rechtsanwältin/Rechtsanwalt und Gericht nicht immer decken. Selbst wenn aber die Mandantschaft unterliegt, verlässt diese den Gerichtssaal als Verlierer. Letzteres wird die Heilung des durch den Streit erlittenen Vertrauensbruchs nicht befördern.

Ist hingegen die Rechtsanwältin / der Rechtsanwalt im Streit mit der Mandantschaft um Gebühren und/oder Schadensersatz bereit, vor der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft einen Einigungsversuch zu unternehmen, wird die Mandantschaft das erfahrungsgemäß als Entgegenkommen bewerten. Rechtsanwälte sind nicht verpflichtet, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen, und beweisen daher Größe, wenn sie es auf sich nehmen, zur Konfliktlösung an dem im Verbraucherinteresse geschaffenen und kostenfrei ausgestalteten Verfahren teilzunehmen. Und kommt es auch noch zu einer Einigung, ist sichergestellt, dass sich der ursprüngliche Konflikt nicht geschäftsschädigend auswirkt. Die Reputation des Rechtsbeistandes hat keinen dauerhaften Schaden erlitten.

Wie ist es aber mit dem angestrebten Ziel, den Streit erfolgreich und schnell zu beenden? Verzögert das dem Gerichtsverfahren vorgeschaltete Schlichtungsverfahren nicht die Streitbeendigung?

Anders als im Gerichtsverfahren gilt für die Verbraucherschlichtung die gesetzliche Garantie, dass innerhalb von 90 Tagen nach Eingang der vollständigen Schlichtungsakte ein Schlichtungsvorschlag unterbreitet wird. Begünstigt wird die Kürze der Verfahrensdauer dadurch, dass in dem schriftlichen und unbürokratischen Verfahren nur der Urkundenbeweis zulässig ist. Aktuell wird der Schlichtungsvorschlag innerhalb von 55 Tagen an die Beteiligten zur Stellungnahme versandt. Und es werden die Bemühungen verstärkt, noch vor der Erarbeitung des Schlichtungsvorschlags eine zügige gütliche Einigung zu erzielen.

Qualitätssichernd ist, dass die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Schlichtungsstelle selbst zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, sie die Finessen des RVG ob ihrer täglichen Beschäftigung mit dieser Materie bestens kennen und die üblichen Kontaktabläufe zwischen Rechtsanwalt und Mandantschaft nachvollziehen können. Nicht selten gelingt es der Schlichtungsstelle, die Mandantschaft davon zu überzeugen, dass die Rechnung korrekt oder ein Schaden nicht entstanden ist. Die Annahmequote der Schlichtungsvorschläge lag 2021 bei gut 62 %.

Zum Fazit: Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft bietet der Rechtsanwaltschaft die Chance, einen Streit mit der Mandantschaft unter Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses schnell und gesetzesorientiert zu beenden. Sie ist eine Abkürzung auf dem Weg zu einer Konfliktlösung, bei der beide Parteien ihr Gesicht wahren.

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Elektronische Zwangsvollstreckung – wie geht das? *

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erschienen im KammerReport 3-2022 | 20.09.2022

Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin

Auch im Bereich der Zwangsvollstreckung gilt für Anwältinnen und Anwälte seit dem 1.1.2022 gem. § 753 V i. V. m. § 130d ZPO die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Daher stellt sich die Frage, wie die verschiedenen Dokumente, die bei der Beantragung von Vollstreckungsmaßnahmen eine Rolle spielen, einzureichen sind. Die BRAK hat gemeinsam mit dem Deutschen Gerichtsvollzieher Bund e. V. (DGVB) einen Katalog erarbeitet, der Antworten auf häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit der elektronischen Zwangsvollstreckung gibt. Sie werden nachfolgend im Überblick dargestellt.

Wie reicht man Vollstreckungsaufträge ein?

Vollstreckungsaufträge müssen gem. § 753a ZPO i. V. m. § 130d ZPO als elektronisches Dokument eingereicht werden. Für Anwältinnen und Anwälte bedeutet dies in erster Linie eine Einreichung per beA (vgl. § 130a IV Nr. 2 ZPO, § 4 I Nr. 1 ERVV).

Gerichtsvollzieher nehmen ebenfalls am elektronischen Rechtsverkehr teil. Sie können entweder direkt adressiert werden oder über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle des zuständigen Amtsgerichts. Einige Amtsgerichte haben spezielle Postfächer für ihre Gerichtsvollzieherverteilerstellen eingerichtet, die, falls vorhanden, hierfür genutzt werden sollten.

Fristwahrende Schriftsätze und Eilt-Anträge sollten telefonisch angekündigt werden, um deren rechtzeitige Bearbeitung sicherzustellen.

Wie legt man den Vollstreckungstitel vor?

§ 754 ZPO verlangt, dass dieser dem Gerichtsvollzieher – zusammen mit dem Vollstreckungsauftrag – in der vollstreckbaren Ausfertigung übergeben wird. Der Titel ist also weiterhin in Papierform einzureichen.

In diesen Fällen entsteht ein zweigeteiltes Verfahren (Hybridverfahren). Dem elektronischen Antrag muss der Titel im Original postalisch nachgesandt werden, am besten mit dem Hinweis, dass bereits ein elektronischer Vollstreckungsantrag vorliegt, und unter Angabe des Datums des Antrags. Die Gerichtsvollzieher bitten darum, in solchen Fällen den Antrag nicht erneut postalisch einzusenden. In nicht eilbedürftigen Fällen empfiehlt es sich, abzuwarten, bis das Gericht die Vorlage des Titels im Original verlangt, und erst dann den Titel unter Angabe des Aktenzeichens zu übersenden; das erleichtert dem Gericht die Zuordnung der Titel.

Ein derartiger Medienbruch ist unbefriedigend und führt zu Verzögerungen, die an sich unnötig wären. Dem Gesetzgeber ist das Problem bekannt, BRAK und Deutscher Gerichtsvollzieherbund haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Vorschriften zur Vorlage von Originalen gerade im Zwangsvollstreckungsrecht angepasst werden müssen. Leider ist dies bislang nicht erfolgt. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist derzeit in der Diskussion. BRAK und DGVB werden sich für eine schnelle Umsetzung einsetzen.

Ein rein elektronisches Verfahren gilt nach § 754a ZPO sowie nach § 829a ZPO für Vollstreckungsbescheide, deren fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderung und Kosten nicht mehr als 5.000 Euro beträgt. In diesen Fällen ist der Vollstreckungsbescheid samt Zustellungsbescheinigung einzuscannen und als elektronisches Dokument vorzulegen (§ 754a I Nr. 3 ZPO). Zusätzlich muss der Gläubiger nach § 754a I Nr. 4 ZPO versichern, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und dass die Forderung in Höhe des Vollstreckungsantrags noch besteht. Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel, kann er die Vorlage des Vollstreckungsbescheids im Original und/oder Nachweise zu den übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen verlangen (§ 754a II ZPO).

Wie reicht man Anlagen ein?

Anlagen sind als PDF einzureichen. Insofern gilt nichts anderes als auch ansonsten im elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten, d. h., die Vorgaben von § 130a ZPO und der ERVV sind zu beachten.

Eine Ausnahme bilden hier, wie bereits erwähnt, die Vollstreckungstitel, die nicht unter §§ 754a, 829a ZPO fallen und zwingend im Original nachzureichen sind.

*) Erstveröffentlichung im BRAK-Magazin Heft 2/2022

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Das beA für Berufsausübungsgesellschaften

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Wer bekommt es und was ist daran besonders?*

erschienen im KammerReport 3-2022 | 20.09.2022

Rechtsanwältin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

Mit dem Inkrafttreten der großen BRAO-Reform am 1.8.2022 ist auch das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) für Berufsausübungsgesellschaften gekommen. Im Folgenden werden die Voraussetzungen für dessen Einrichtung erläutert. Außerdem erklärt der Beitrag die wesentlichen Unterschiede zwischen den persönlichen beA und denen für Berufsausübungsgesellschaften und gibt Hinweise, was es zu beachten gilt.

Am 1.8.2022 ist § 31b BRAO in Kraft getreten. Damit hat der Gesetzgeber die Rechtsgrundlage für die BRAK geschaffen, für jede zugelassene Berufsausübungsgesellschaft ein beA empfangsbereit einzurichten. Gemäß § 59f I BRAO n. F. bedürfen alle Berufsausübungsgesellschaften der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer, es sei denn, es handelt sich um Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natür­lichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder sonstige Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Mitglieder einer Patentanwaltskammer, Steuerberaterinnen/Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüferinnen/Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buch­prüferinnen/Buchprüfer angehören. Für die letztgenannten Personengesellschaften besteht aber die Möglichkeit, freiwillig die Zulassung zu beantragen.

 

Verpflichtendes beA für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften

Für alle zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften richtet die BRAK zwingend ein beA ein. Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Es können also weder zugelassene Berufsausübungsgesellschaften der Einrichtung ihres beA widersprechen noch nicht zugelassene Personen­gesellschaften die Einrichtung eines beA beantragen. Die Einrichtung erfolgt nur über den Weg der (freiwilligen) Zulassung.

Der Automatismus zwischen Zulassung und Einrichtung des beA ist konsequent. Denn gem. § 59l BRAO n. F. können Berufsausübungsgesellschaften als Prozess- und Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden. Sie haben in diesem Fall die Rechte und Pflichten einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts. Da sie also als sog. professionelle Einreicher i. S. d. § 130d ZPO und der Parallel­vorschriften in den übrigen Verfahrensordnungen am (elektronischen) Rechtsverkehr teilnehmen, ist es richtig, dass sie Einreichungen über ein eigenes beA vornehmen und nicht auf den Umweg über die Nutzung des beA eines Gesellschafters oder Vertreters angewiesen sind.

 

Pro Standort ein beA?

Es wäre im Kanzleialltag organisatorisch sehr aufwendig, wenn auch überörtliche Berufsausübungsgesellschaften über nur ein beA ihre gesamte Korrespondenz abwickeln müssten. Aus diesem Grund sieht § 31b IV BRAO n. F. vor, dass die BRAK für jede im Gesamtverzeichnis eingetragene Zweigstelle einer Berufsausübungsgesellschaft auf deren Antrag hin ein weiteres beA einrichtet. Der Antrag ist an die jeweilige Rechtsanwaltskammer zu richten, bei der die Berufsausübungsgesellschaft zugelassen ist.

Mit dieser Regelung wird pro Standort einer Berufsausübungsgesellschaft ein gesondertes beA zur Verfügung stehen können. Es ist indes zu erwarten, dass es in der Praxis zu „Fehlzustellungen“ kommen wird.

Praxistipp: Es empfiehlt sich deshalb, im ersten Schriftsatz jeweils anzugeben, an welchem Standort das Mandat bearbeitet wird und über welches Postfach die Korrespondenz geführt werden soll. Aufgrund der Pflicht, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen (§ 31b V i. V. m. § 31a VI BRAO), dürfte das Argument nicht verfangen, das Dokument sei nicht zugegangen, wenn es im „falschen“ beA eingegangen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte die richtige Korrespondenzadresse in ihren Fachverfahren hinterlegen. Trotzdem sollte jede Berufsausübungsgesellschaft rein vorsorglich organisatorische Maßnahmen treffen, damit „Irrläufer“ unverzüglich und zuverlässig an den Standort weitergeleitet werden, an dem sie bearbeitet werden. Ein Hinweis an das Gericht, welches Postfach richtigerweise zu adressieren ist, dürfte sicherlich ebenfalls hilfreich sein.

 

beA für Berufsausübungsgesellschaften ersetzt nicht persönliches beA

Zu beachten ist, dass das beA für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften neben das persönliche beA einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts treten wird. Es wird es nicht ersetzen.

Das bedeutet für die Praxis, dass besondere Sorgfalt geboten ist und in der Berufsausübungsgesellschaft laufend alle beA von Berufsträgern und Gesellschaft auf Posteingänge hin überprüft werden müssen.

Das heißt aber auch, dass nicht zulassungspflichtige Personengesellschaften genau überlegen sollten, ob ihre Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft allein wegen der Einrichtung eines beAs sinnvoll ist. Die zusätzlichen Kosten und Verpflichtungen sollten sorgfältig gegen den Nutzen abgewogen werden. Möglicherweise reichen das Rollen- und Rechtemanagement und die Einstellung von Sichten in der Postfachübersicht der beA-Webanwendung aus, um Posteingang und -versand zentral zu verwalten.

Hinweis: Informationen und Anleitungen zum Rechtemanagement und zu Sichten sind im beA-Support­portal zusammengestellt.

 

Sicherer Übermittlungsweg für Berufsausübungsgesellschaften

Für die persönlichen beA ist geregelt, dass elektronische Dokumente ohne qualifizierte Signatur schriftformersetzend eingereicht werden können, wenn sie von der verantwortenden Person einfach signiert und über ihr beA bei eigener Anmeldung versandt werden. Das System prüft, ob die Postfachinhaberin bzw. der Postfachinhaber selbst angemeldet ist, und bringt in diesem Fall den sog. Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) an.

Für das beA der Berufsausübungsgesellschaften hat der Gesetzgeber eine etwas großzügigere Lösung gewählt: Die Berufsausübungsgesellschaften bestimmen selbst diejenigen Personen, die über den sicheren Übermittlungsweg elektronische Dokumente einreichen können. Der Personenkreis ist nicht auf die Gesellschafter/-innen und/oder Vertreter/-innen beschränkt. Auch andere in der Berufsausübungsgesellschaft tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte können sog. VHN-Berechtigte sein. Einzige Voraussetzung ist, dass sie als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt zugelassen sind. Eine Meldung an die Rechtsanwaltskammer wird nicht erforderlich sein. Eine entsprechende Änderung des § 31b II BRAO n. F. ist bereits auf den Weg gebracht.

Das Vorgehen ist denkbar einfach: Ein Gesellschafter oder Vertreter, der für die Berufsausübungsgesellschaft handelt, vergibt im Postfach der Berufsausübungsgesellschaft das neue VHN-Recht für eine oder mehrere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Das beA-System prüft die Berufsträgereigenschaft bei jeder Rechtevergabe. Sobald sich der oder die „VHN-Berechtigte“ anmeldet und eine Nachricht versendet, prüft das System, ob ein VHN-Berechtigter im Zeitpunkt des Nachrichtenversands am Postfach angemeldet war. Trifft dies zu, wird der VHN systemseitig angebracht. Der Empfänger kann so feststellen, dass die Nachricht schriftformersetzend über den sicheren Übermittlungsweg versandt wurde. Zu beachten ist aber, dass – ebenso wie bei den persönlichen beA – die Nachricht von der verantwortenden Person einfach signiert wird. Der Name unter dem Schriftsatz muss immer der Name der Person sein, die das Schriftstück über den sicheren Übermittlungsweg versendet.

In allen anderen Fällen ist eine qualifizierte elektronische Signatur weiterhin möglich und auch erforderlich.

 

Technische Voraussetzungen und beA-Karten

Die beA-Karten für Berufsausübungsgesellschaften sind bei der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer unter Angabe des Namens der Berufsausübungsgesellschaft und der für sie gemäß § 57l II BRAO n. F. handelnden Person bestellbar. Das Bestellportal wurde hierzu überarbeitet.

VHN-Berechtigte benötigen keine neue beA-Karte, sie können ihre persönlichen beA-Karten nutzen.

*) Erstveröffentlichung im BRAK-Magazin Heft 3/2022

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Neue Statistik: Mehr Anwältinnen – Arbeitsrecht beliebteste Fachanwaltschaft

Mitgliederstatistik

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Die Mitgliederstatistik zum 01.01.2022 offenbart erneut Stillstand bis Rückgang bei den Anwaltszahlen – mit Ausnahme der Anwältinnen. Auch bei den Fachanwältinnen und Fachanwälten sind Zuwächse zu vermelden.

Zum Stichtag 01.01.2022 verzeichneten die 28 Rechtsanwaltskammern insgesamt 167.085 Mitglieder (inkl. Gesellschaften). Im Vergleich zum Vorjahr (167.092) bedeutet dies erneut einen – wenn auch geringen – Rückgang um 7 Mitglieder (0,004 %).

Insgesamt waren 0,06 % weniger und damit noch 165.587 Rechtsanwälte* (Vorjahr: 165.680) zugelassen.

Zuwachs gibt es bei den Rechtsanwältinnen. Waren im Vorjahr noch 59.466 und damit 35,9 % Rechtsanwältinnen zugelassen, sind dies 2022 schon 60.057 (36,27 %).

Erneut haben sich die Einzelzulassungen als Rechtsanwalt und Rechtsanwältin zugunsten der Syndikus-Zulassungen deutlich verringert. Zum 01.01.2022 waren 142.822 (Vorjahr: 144.733; -1.911) Rechtsanwälte in Einzelzulassung, 5.149 Syndikusrechtsanwälte (Vorjahr: 4.410; +739) und 17.616 (Vorjahr: 16.537; +1.079) Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte mit Doppelzulassung zugelassen.

Der Frauenanteil ist in allen Zulassungsarten weiter angestiegen, liegt bei den Syndizi jedoch noch einmal deutlich höher als bei den Einzelzulassungen (34,42 %). 44,96 % der doppelt Zugelassenen und sogar 57,7 % der reinen Syndikusrechtsanwälte sind weiblich.

Wie auch in den letzten Jahren ist die Anzahl der Anwaltsnotare weiter rückläufig: Mit 5.015 liegt sie um 2,89 % unter dem Vorjahr (5.164).

Die Zahl der Fachanwälte ist dagegen abermals gestiegen: So gab es zum Stichtag 45.960 Fachanwälte (Vorjahr: 45.732). Davon waren 14.872 Fachanwältinnen (Vorjahr: 14.677). Damit liegt der Frauenanteil weiterhin bei 32,1 %. Gemessen an der Gesamtzahl der insgesamt zugelassenen Rechtsanwälte sind 27,8 % auch Fachanwälte; von den insgesamt zugelassenen Rechtsanwältinnen sind 24,8 % auch Fachanwältinnen.

Die Anzahl der erworbenen Fachanwaltstitel hat ebenfalls weiter zugenommen und beträgt nun insgesamt 58.229 (Vorjahr: 57.861). Davon erwarben 34.901 Rechtsanwälte (davon 12.079 weiblich) einen Fachanwaltstitel, 9.846 Rechtsanwälte (davon 2.577 weiblich) zwei Fachanwaltstitel und 1.213 Rechtsanwälte (davon 216 weiblich) die höchstmöglichen drei Fachanwaltstitel.

Beliebteste Fachanwaltschaft ist nach wie vor die für Arbeitsrecht (11.055). Dieser folgt die Fachanwaltschaft für Familienrecht (9.137), die mit 59 % weiterhin den höchsten Frauenanteil aufweist (Vorjahr: 58,8 %). Gleichzeitig hat sie allerdings neben den Fachanwaltschaften für Steuerrecht, für Sozialrecht und nun auch für Bank- und Kapitalmarktrecht erneut einen Rückgang zu verzeichnen. Die höchsten Zuwächse hatten die Fachanwaltschaften Arbeitsrecht, Verkehrsrecht und Handels- und Gesellschaftsrecht zu verbuchen, gefolgt von Erbrecht, Informationstechnologierecht, Strafrecht und Medienrecht.

*) Der Begriff „Rechtsanwalt“ wird in den Statistiken – außer bei gesondert geführten Einzeldaten – für alle Zulassungsarten und Geschlechter verwendet.

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Unterschreiben Sie leserlich!

Leserlich unterschreiben

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Das Bundesozialgericht entschied mit Beschluss vom 16.2.2022 – Az. B 5 R 198/21 B – dass eine eingescannte Unterschrift nur dann als einfache Signatur anzusehen sei, wenn die Unterschrift entzifferbar sei und damit von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person zugeordnet werden könne, die auch inhaltlich die Verantwortung für das Dokument übernehme.

Das Bundessozialgericht führt zur Begründung an, dass die einfache Signatur gerade sicherstellen solle, dass die von dem Übermittlungsweg beA ausgewiesene Person mit der Person identisch sei, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernehme. Sei die Unterschrift nicht lesbar, könne sie diese Funktion nicht erfüllen. Empfängern eines solchen Dokuments verbleibe dann nur, zu raten, zu vermuten oder zu glauben.

Aus dieser Entscheidung folgt, dass aus Gründen äußer­ster Vorsicht immer der Name unter dem Schriftsatz maschinenschriftlich und damit allgemein lesbar wiedergegeben werden sollte. Ob dann außerdem eine mehr oder weniger lesbare handschriftliche eingescannte Unterschrift hinzugefügt wird, dürfte unschädlich sein.

Die Entscheidung ist über die Frage der Leserlichkeit der Unterschrift hinaus auch deshalb interessant, weil sie unmissverständlich darauf hinweist, dass der schriftformersetzende sichere Übermittlungsweg nur dann eingehalten ist, wenn die verantwortende Person, die das Dokument einfach signiert, mit der des tatsächlichen Versenders, also des Postfachinhabers, übereinstimmt. Auch dieser Punkt ist dringend zu beachten. Vor dem Absenden eines Dokumentes über den sicheren Übermittlungsweg sollte also nicht nur geprüft werden, ob der Postfachinhaber mit seiner eigenen beA-Karte am Postfach angemeldet ist, sondern auch, dass das Dokument seine eigene einfache Signatur trägt und ihn damit als verantwortende Person ausweist.

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Wer muss was wie signieren? – Die digitale Unterschrift im elektronischen Rechtsverkehr*

RAin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Mit dem Inkrafttreten der Pflicht, im Rechtsverkehr Dokumente ausschließlich elektronisch einzureichen, taucht immer wieder die Frage auf, in welcher Form signiert werden muss, um die eigenhändige Unterschrift wirksam ersetzen zu können. Die Antwort lautet: „Kommt darauf an!“ Der Beitrag erläutert, worauf es genau ankommt und welche Regelungen zu beachten sind.

Grundsätzlich gilt: Die Signatur eines elektronischen Dokuments ist immer dann erforderlich, wenn ein Schriftformerfordernis besteht. Dieses kann sich aus materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Vorschriften ergeben.

Die Wahrung der Schriftform im elektronischen Rechtsverkehr

Die Schriftform im elektronischen Rechtsverkehr wird nach § 130a III ZPO und den Parallelvorschriften in den anderen Verfahrensordnungen gewahrt, wenn entweder das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist oder es von ihr signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wird.

Die verantwortende Person ist die Person, die für den Inhalt des Schriftsatzes einsteht, die ihn also unterschreibt. Sie hat zwei Möglichkeiten, ihre Unterschrift in elektronischer Form anzubringen:

Die qualifizierte elektronische Signatur

Die verantwortende Person kann das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen. Dies kann entweder außerhalb des beA-Systems mit einer speziellen Software geschehen oder innerhalb der beA-Webanwendung überall dort, wo die Funktionalität „signieren“ angeboten wird. Für das Anbringen einer qeS ist eine Signaturkarte mit einem Signaturzertifikat erforderlich. Wer bereits im Besitz einer beA-Karte Basis ist, kann das Signaturzertifikat auch nachladen. Die Nutzung der qeS ermöglicht arbeitsteiliges Arbeiten. Mit qeS versehene Schriftsätze können durch Kanzleiangestellte versandt werden.

Der sichere Übermittlungsweg

Alternativ zur qeS kann die verantwortende Person das elektronische Dokument über den sicheren Übermittlungsweg einreichen. Das beA ist gem. § 130a IV ZPO ein sicherer Übermittlungsweg. Bei der Nutzung des sicheren Übermittlungswegs muss der Postfachinhaber sich selbst mit seiner beA-Karte an seinem Postfach anmelden und dann das Dokument eigenhändig versenden. Zusätzlich ist eine einfache elektronische Signatur (eeS) erforderlich.

Dies bedeutet, dass die verantwortende Person ihren Namen unter das elektronische Dokument setzt. Das System bringt beim Versand einen sog. Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) an, dem der Empfänger des Dokuments entnehmen kann, dass der verantwortende Rechtsanwalt oder die verantwortende Rechtsanwältin es bei eigener Anmeldung am Postfach selbst versandt hat. Eine zusätzliche qeS ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Vorsicht bei materiell-rechtlichen Erklärungen!

Mit der Nutzung des sicheren Übermittlungswegs wird nur die prozessuale, nicht indes die materiell-rechtliche Schriftform ersetzt. Enthält der Schriftsatz zusätzlich zu den prozessrechtlichen Anträgen materiell-rechtliche Erklärungen, z. B. die Kündigung eines Mietvertrags, so ist für diese nicht § 130a III ZPO als verfahrensrechtliche Norm, sondern § 126a BGB anwendbar: Das Dokument bedarf des hinzugefügten Namens und einer qeS!

Der Vertretungsfall

Vertretungen haben mehrere Möglichkeiten des wirksamen Einreichens: Entweder nutzen sie das Postfach des Vertretenen. Dann können sie nicht über den sicheren Übermittlungsweg versenden, da Postfachinhaber und verantwortende Person auseinanderfallen. Das Dokument muss mit einer qeS versehen werden. Oder sie nutzen ihr eigenes Postfach. Dann stehen der sichere Übermittlungsweg oder der Versand mit qeS zur Verfügung. In jedem Fall sollte aber ein Hinweis auf den Vertretungsfall erfolgen, sodass klargestellt ist, wer die verantwortende Person ist.

*) Erstveröffentlichung im BRAK-Magazin Heft 1/2022

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BRAO-Reform – Elektronisches Gesellschaftspostfach und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit*

BRAO-Reform

Rechtsanwältin Gabriele Jungmeier, Geschäftsführerin der RAK Nürnberg

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Sie wollen eine Sozietät in Form einer GmbH & Co.KG führen? Sie möchten mit einem Diplom-Betriebswirt, Diplom-Informatiker oder Ingenieur zusammenarbeiten? Sie möchten ein elektronisches Postfach für Ihre Sozietät? Ab 01.08.2022 wird das möglich sein.

Der Teil der großen BRAO-Reform (BGBl I v. 12.07.2021, S. 2363 ff.), der am 1. August 2022 in Kraft treten wird, schafft neue Möglichkeiten der beruflichen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten. Diese werden im Folgenden dargestellt:

Zusammenarbeit in allen Rechtsformen

Die BRAO regelt in der künftig geltenden Fassung in den §§ 59 b ff. das Recht der sogenannten „Berufsausübungsgesellschaften“ neu und stellt klar, dass sich Rechtsanwälte zur gemeinschaftlichen Ausübung ihres Berufs zu „Berufsausübungsgesellschaften“ verbinden dürfen. Anders als bisher sind Rechtsanwälte hierbei nicht mehr in der Wahl der Rechtsform beschränkt (bisher i. e. L. auf die GbR, die PartG/PartGmbB oder die GmbH), sie können sich gem. § 59 b Abs. 2 BRAO n. F. in allen Gesellschaftsformen nach deutschem oder europäischem Recht organisieren oder auch in Gesellschaftsformen, die nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bestehen. Und zwar auch dann, wenn sie einziger Gesellschafter dieser Berufsausübungsgesellschaft sind und – wie bisher bereits zulässig – bereits einer anderen Berufsausübungsgesellschaft angehören.

Mehrstöckige Gesellschaften

Nach § 59 i Abs. 1 BRAO n. F. können zugelassene Berufsausübungsgesellschaften Gesellschafter einer anderen Berufsausübungsgesellschaft sein. Dies ermöglicht sogenannte „mehrstöckige Gesellschaften“, also insbesondere die Organisation in einer GmbH & Co. KG. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hier die berufsrechtlichen Vorgaben vereinheitlicht werden sollen, z. B. bei Steuerberatern ist die Organisation in einer GmbH & Co. KG nach § 50a Absatz 1 Nummer 1 StBerG bereits zulässig und wird längst genutzt. Es sollen aber nur solche Gesellschaften Gesellschafter werden dürfen, die selbst den Anforderungen der §§ 59b ff. BRAO n. F. genügen. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt: „Durch die Beschränkung auf zugelassene Berufsausübungsgesellschaft und die damit verbundene Kammerzulassung wird die Kontrolle der Einhaltung dieser Vorgaben durch die Rechtsanwaltskammer sichergestellt.“ (BT-Drucks. 19/27670 S. 191).

Sozietätsfähige Berufe/Gesellschafter

Bisher konnten Rechtsanwälte nur mit den in § 59 a BRAO aufgelisteten Berufsgruppen zusammenarbeiten, also insbesondere Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Ab 01.08.2022 wird der Kreis dieser sozietätsfähigen Berufe erheblich erweitert. Nach § 59 c Abs. 1 BRAO n. F. können sich Rechtsanwälte nicht nur mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer, Mitgliedern der Patentanwaltskammer, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern und bestimmten Angehörigen solcher Berufe aus anderen Staaten zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbinden, sondern insbesondere mit sämtlichen Personen, die einen freien Beruf ausüben. § 59 c Abs. 1 Nr. 4 BRAO n. F. verweist hier auf § 1 Abs. 2 PartGG.

Rechtsdienstleistungen dürfen auch hier selbstverständlich nur entsprechend qualifizierte Personen erbringen, § 59 k, l Abs. 2 BRAO n. F. Die Gesellschaft muss dafür sorgen, dass Rechtsdienstleistungen nur durch entsprechend befugte Personen erbracht werden. Berufsfremde Gesellschafter/Geschäftsführer erhalten keine Rechtsdienstleistungsbefugnis. Und natürlich ist die gemeinsame Berufsausübung dann ausgeschlossen, wenn in der Vergangenheit in schwerwiegender Weise gegen Berufspflichten verstoßen wurde, § 59 d Abs. 4 und 5 BRAO n. F. oder diese Person z. B. aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung als unwürdig i. S. d. § 7 Nr. 5 BRAO angesehen würde. Und: Nach § 59 c Abs. 5 ist im Gesellschaftsvertrag der Ausschluss von Gesellschaftern vorzusehen, die in schwerwiegender Weise oder wiederholt gegen die Berufspflichten nach Absatz 1 bis 3 verstoßen. Damit wird sichergestellt, dass die rechtsanwaltlichen Gesellschafterinnen und Gesellschafter die Möglichkeit haben, die Zusammenarbeit mit anderen Gesellschafterinnen und Gesellschaftern zu beenden, die die anwaltlichen Berufspflichten missachten.

Festzuhalten ist auch: Alle Gesellschafter müssen in der Gesellschaft beruflich tätig sein, eine reine Kapitalbeteiligung an einer Berufsausübungsgesellschaft bleibt also wie bisher unzulässig. Eine Abhängigkeit von reinen Kapitalgebern soll nach wie vor verhindert werden. Nach § 59 c BRAO n. F. müssen alle Gesellschafter, auch Nicht-Rechtsanwälte, „aktiv“ in der Gesellschaft mitarbeiten. Der Unternehmensgegenstand kann daher gem. § 59 c Abs. 2 BRAO n. F. neben der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten um die Ausübung des jeweiligen nichtanwaltlichen Berufs erweitert werden. Wie diese aktive Mitarbeit gestaltet wird, hat der Gesetzgeber nicht näher geregelt und bleibt den Gesellschaftern überlassen. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/27670, S. 175) wird ausgeführt: „So soll es beispielsweise auch zukünftig möglich sein, dass eine Gesellschafterin oder ein Gesellschafter sich etwa auf das Kanzleimanagement oder die Mandatsakquise konzentriert oder dass Gesellschafterinnen und Gesellschafter aus Altersgründen nur noch in geringem Umfang für die Gesellschaft tätig werden.“

Keine Mehrheitserfordernisse

Weder in der Geschäftsführung, noch bei den Gesellschaftern der Berufsausübungsgesellschaft müssen Rechtsanwälte in der Mehrheit sein. Allerdings müssen dem Geschäftsführungsorgan der Berufsausübungsgesellschaft Rechtsanwälte in vertretungsberechtigter Zahl angehören, § 59 j Abs. 3 BRAO n. F.. Zudem muss am Sitz der Berufsausübungsgesellschaft ein geschäftsführender Rechtsanwalt tätig sein, § 59 m Abs. 1 BRAO n. F.. Und die Unabhängigkeit der dort tätigen Rechtsanwälte muss gesichert sein, bei der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten sind Weisungen von Personen, die keine Rechtsanwälte sind, gegenüber Rechtsanwälten ebenso unzulässig wie Einflussnahmen durch Gesellschafter, § 59 j Abs. 1 S. 2, Abs. 6 BRAO n. F.. Ausgeschlossen sind alle Weisungen, die die in § 3 Absatz 1 BRAO beschriebene anwaltliche Tätigkeit betreffen. Dies umfasst auch die Fragen, ob ein Mandat übernommen und fortgeführt wird.

Nur wenn sich die Berufsausübungsgesellschaft „Rechtsanwaltsgesellschaft“ nennen möchte (wie bisher die nach §§ 59 d ff. BRAO a. F. zugelassenen anwaltlichen Kapitalgesellschaften), dann müssen nach § 59 p BRAO n. F. mehrheitlich Rechtsanwälte Mitglieder des Geschäftsführungsorgans sein und die Mehrheit der Stimmrechte haben.

Zulassungspflicht

Generell bedürfen die Berufsausübungsgesellschaften der Zulassung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer, § 59 f Abs. 1 BRAO n. F.. Hiervon ausgenommen sind aber nach Absatz 2 Gesellschaften ohne Haftungsbeschränkung mit Gesellschaftern/Geschäftsführern, die bisher sozietätsfähigen Berufen, also insbesondere Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer, angehören.

Dies bedeutet:

    • GmbH, AG, UG (haftungsbeschränkt): zulassungspflichtig – bereits bestehende und als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassene GmbHs und AGs gelten gem. § 209 a Abs. 1 BRAO n. F. als zugelassene Berufsausübungsgesellschaft, eine Antragstellung ist nicht erforderlich.
    • PartGmbB: zulassungspflichtig – gem. § 209 a Abs. 2 BRAO n.F. müssen bestehende Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung bis spätestens 01. November 2022 die Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft beantragen.

Alle bestehenden Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung müssen bis 01.11.2022 die Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft beantragen !

Alle anderen Gesellschaftsformen, in denen Rechtsanwälte beruflich zusammenarbeiten, also insbesondere die Partnerschaftsgesellschaft (ohne beschränkte Berufshaftung) und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, müssen dann nicht als Berufsausübungsgesellschaft zugelassen werden, sofern die Partner Rechtsanwälte, Mitglied einer Patentanwaltskammer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und/oder vereidigte Buchprüfer sind.

Die nicht zulassungspflichtigen Gesellschaften können aber die Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft beantragen, wenn sie dies möchten (§ 59 f Abs. 1 S. 2 BRAO n. F.).

Berufshaftpflichtversicherung

§ 59 n Abs. 1 BRAO n. F. normiert die Pflicht aller Berufsausübungsgesellschaften, ob zugelassen oder nicht, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und zu unterhalten. Bisher war eine Versicherungspflicht nur für den einzelnen Rechtsanwalt vorgeschrieben, § 51 BRAO, und für die in einer GmbH organisierten Rechtsanwälte, § 59 j BRAO a. F.. Für die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung war eine solche Versicherung vorgeschrieben, um so die Haftungsprivilegierung nach § 8 Abs. 4 PartGG i. V. m. § 51 a BRAO zu bekommen.

Für alle anderen Sozietäten war dies bisher zwar möglich, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Die vorzuhaltende Mindestversicherungssumme ist nach § 59 o BRAO n. F. abhängig von der Rechtsform und der Zahl der in der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Personen. Haftet rechtsformbedingt keine natürliche Person für Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung oder ist die Haftung beschränkt, beträgt die Mindestversicherungssumme demnach 2,5 Millionen Euro. Sind dort nicht mehr als zehn (anwaltliche und nichtanwaltliche) Berufsträger in der Gesellschaft tätig, verringert sich die Mindestversicherungssumme auf 1 Mio Euro. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es auf die Zahl der in der Gesellschaft tätigen Personen ankommt, nicht auf die Zahl der Gesellschafter. Auch der Umfang der Tätigkeit ist hier irrelevant, sodass auch Angestellte Berufsträger, Freie Mitarbeiter und Teilzeitkräfte mitzuzählen sind (nicht aber dort tätige Referendare).

Ohne Haftungsbeschränkung beträgt die Mindestversicherungssumme nach § 59 o Abs. 3 BRAO n. F. 500.000 Euro für jeden Versicherungsfall – unabhängig von der Anzahl der dort tätigen Berufsträger.

Die Jahreshöchstleistung nach § 59 o Abs. 4 BRAO n. F. kann auf den Betrag der jeweiligen Mindestversicherungssumme, vervielfacht mit der Zahl der Gesellschafter und der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, begrenzt werden. Bei mehrstöckigen Gesellschaften ist die Anzahl der Gesellschafterinnen und Gesellschafter sowie der Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowohl in der Mutter- als auch in der Tochtergesellschaft für die Berechnung der Jahreshöchstleistung zu berücksichtigen (BT-Drucks. 19/27670, S 199).

Achtung persönliche Haftung !

Wird die Berufshaftpflichtversicherung nicht oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten, so haften neben der Berufsausübungsgesellschaft die Gesellschafter und die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans persönlich in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes, § 59 n Abs. 3 BRAO n. F.

Wichtig anzumerken ist auch, dass der regelmäßig in den Bedingungen der Versicherungen vorgesehene Ausschluss der Deckung wissentlichen Pflichtverletzungen gem. § 59 n Abs. 2 BRAO n. F. nur in nicht haftungsbeschränkten Berufsausübungsgesellschaften vorgesehen werden kann.

Es ist empfehlenswert, sich mit einem Versicherungsvertreter/-makler in Verbindung zu setzen und eine Überprüfung bzw. Anpassung der bestehenden Berufshaftpflichtversicherung vorzunehmen.

Alle bestehenden Sozietäten sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, auch die Gesellschaften, die nicht als Berufsausübungsgesellschaften zugelassen sind!

Die Pflicht zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung zur Aufrechterhaltung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft der in der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Rechtsanwälte nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 9, 51 BRAO bleibt daneben bestehen!

Veröffentlichung im Rechtsanwaltsregister

Jede zugelassene Berufsausübungsgesellschaft wird ab 01.08.2022 im Rechtsanwaltsregister gesondert aufgeführt, § 31 BRAO n. F.. Dieses wird elektronisch geführt und ist unter www.rechtsanwaltsregister.org einsehbar. Die Einsicht ist, wie in § 31 b BRAO vorgeschrieben, unentgeltlich möglich. Nach § 31 b Abs. 4 BRAO n. F. wird in das Register nicht nur Name, Rechtsform und Zulassungsdatum der Berufsausübungsgesellschaft eingetragen, sondern insbesondere auch die Namen der Gesellschafter und deren Beruf. Es wird also künftig auch für die Rechtsuchenden ersichtlich sein, wer Gesellschafter einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft ist, welchen Berufsgruppen diese angehören und auch welche Geschäftsführungs- und/oder Vertretungsorgane für die Berufsausübungsgesellschaft handeln.

Elektronisches Gesellschaftspostfach

Nach § 31 b BRAO n. F. richtet die Bundesrechtsanwaltskammer für jede im Gesamtverzeichnis eingetragene Berufsausübungsgesellschaft ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach empfangsbereit ein. Ab 01.08.2022 erhalten somit alle zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften automatisch ein eigenes elektronisches Postfach, für das eine gesonderte beA-Karte bestellt werden muss – neben den bestehenden beAs der dort tätigen Rechtsanwälte mit deren persönlichen beA-Karten und ggf. Mitarbeiterkarten, die Rechte an diesen beAs zugewiesen bekommen haben. Die Justiz muss sich also ab 01.08.2022 keinen sachbearbeitenden Rechtsanwalt einer Sozietät mehr für Zustellungen suchen, sondern wird künftig an das elektronische Postfach der Berufsausübungsgesellschaft zustellen. In der Berufsausübungsgesellschaft werden so Zustellungen zentral eingehen, ein eventueller Wechsel des sachbearbeitenden Rechtsanwalts im Mandat ist unproblematisch und nur in der internen Postbearbeitung der Berufsausübungsgesellschaft zu organisieren.

Bisher sieht § 21 Abs. 3 RAVPV n. F. vor, dass die Berufsausübungsgesellschaft der Rechtsanwaltskammer die Namen der vertretungsberechtigten Rechtsanwälte mitteilen soll, die befugt sein sollen, für die Berufsausübungsgesellschaft Dokumente mit einer nicht-qualifizierten elektronischen Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden. Die Namen dieser Personen sollen gem. § 31 b Abs. 2 BRAO an die Bundesrechtsanwaltskammer übermittelt werden, sodass die BRAK diesen Personen Rechte im elektronischen Postfach einräumen könnte. Die Bundesrechtsanwaltskammer hält dies zu Recht für einen Systembruch, der Postfachinhaber allein soll Rechte im Postfach einrichten dürfen. Es wurde bereits eine Gesetzesänderung angeregt, um sicherzustellen, dass die Vergabe von Rechten dem Postfachinhaber, also der Berufsausübungsgesellschaft, und den dazu von ihm berechtigten Personen vorbehalten bleibt. Die Umsetzung dieser Anregung war zu Redaktionsschluss noch offen, darf aber erwartet werden.

Zugelassene Berufsausübungsgesellschaften erhalten ein eigenes elektronisches Postfach, an das Behörden und Gerichte elektronische Zustellungen vornehmen können. Die Bearbeitung und Rechtevergabe für die Berufsausübungsgesellschaft muss also organisiert werden!

Die persönlichen beA-Postfächer der in der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Rechtsanwälte bleiben daneben bestehen und müssen ebenso kontrolliert und der Posteingang entsprechend bearbeitet werden!

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass die Berufsausübungsgesellschaft zudem für Zweigstellen die Einrichtung weiterer gesonderter elektronischer Postfächer beantragen kann, § 31 b Abs. 4 BRAO n.F..

Berufsausübungsgesellschaft ist Träger von Berufspflichten

Neu im reformierten Berufsrecht wird die Berufsausübungsgesellschaft als zentrale Organisationsform anwaltlichen Handelns anerkannt. Anknüpfungspunkt der berufsrechtlichen Regulierung sind künftig nicht mehr ausschließlich die einzelnen Berufsträger, sondern „auch die Entität, in der diese ihren Beruf ausüben“ (BT-Drucks. 19/27670, S. 2). Berufsausübungsgesellschaften sind künftig folglich nicht nur postulationsfähig (§ 59 l BRAO n. F.), sondern selbst Träger von Berufspflichten. Gemäß § 59 e BRAO n. F. können gegen zugelassene Berufsausübungsgesellschaften künftig auch berufsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Sorgt die Gesellschaft zum Beispiel nicht dafür, dass Rechtsdienstleistungen nur durch eine hierfür befugte Person erbracht werden, wäre dies ein Berufsrechtsverstoß (BT-Drucks. 19/27670, S. 195). Sanktionierbar wird ein Verstoß gegen Berufspflichten für eine Berufsausübungsgesellschaft dann, wenn entweder eine Leitungsperson gegen Berufspflichten verstößt oder die Verstöße der Gesellschaft wegen unzureichender Organisations- und Aufsichtsmaßnahmen zurechenbar sind.

Die zugelassene Berufsausübungsgesellschaft selbst wird Mitglied der Rechtsanwaltskammer, § 59 f Abs. 3, § 60 Abs. 2 Nr. 2 BRAO n. F.. Ebenso die nichtanwaltlichen Mitglieder der Geschäftsführung der Berufsausübungsgesellschaften, § 60 Abs. 2 Nr. 3 BRAO. Diese sind gem. § 59 j Abs. 4 f BRAO n. F. an die anwaltlichen Berufspflichten gebunden und unterliegen der Berufsaufsicht der Kammer, sie können durch die Rechtsanwaltskammer ebenso gerügt werden wie die Berufsausübungsgesellschaft selbst und die dort tätigen Rechtsanwälte. In § 59 e Abs. 4 BRAO n. F. wird klargestellt, dass persönliche berufsrechtliche Verantwortlichkeit der Gesellschafter, Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter der Berufsausübungsgesellschaft von diesen Regelungen unberührt bleibt.

Bürogemeinschaften

Viele Rechtsanwälte nutzen Räumlichkeiten gemeinsam, um sich die Kanzleikosten zu teilen. Diese sogenannten Bürogemeinschaften werden in § 59 q Abs. 1 BRAO n.F. erstmals definiert. Bisher war die Bürogemeinschaft lediglich in § 59 a Abs. 3 BRAO a.F. erwähnt und beschränkte den Kreis der zugelassenen Bürogemeinschafter auf die in Abs. 1 und 2 aufgelisteten sozietätsfähigen Berufe, also auf Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Mitglieder der Patentanwaltskammer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und manche Angehörige solcher Berufe aus anderen Staaten. Ab 01.08.2022 wird es möglich sein, sich mit sämtlichen insbesondere auch gewerblichen Berufen in einer Bürogemeinschaft unter Nutzung gemeinsamer Betriebsmittel zu organisieren. Ausgeschlossen sind dann lediglich Berufe, die gem. § 7 Nr. 8 BRAO mit dem Anwaltsberuf unvereinbar sind, also insbesondere die Berufsgruppen der Versicherungsmakler, Finanzberater und Immobilienmakler (Zusammenfassung s. Dahns NJW-spezial 2020, 702).

Nach § 59 q Abs. 3 BRAO n. F. sind die in der Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwälte verpflichtet, „angemessene organisatorische, personelle und technische Maßnahmen zu treffen, die die Einhaltung ihrer Berufspflichten gewährleisten“, so insbesondere die Pflicht zur Verschwiegenheit. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt (BT-Durchs. 19/27670, S. 200): „Hierzu gehört insbesondere eine Trennung der Arbeitssphären und EDV-Zugriffsrechte, um die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht abzusichern.“

Auch ist darauf zu achten, dass jeder Bürogemeinschafter rechtlich selbstständig bleibt und insbesondere kein gemeinsamer Briefbogen verwendet wird.

Achtung Briefbogenkontrolle!

Vielfach werden Briefbögen verwendet, bei denen durch die namentliche Nennung dort (im Innenverhältnis angestellter oder frei mitarbeitender oder in Bürogemeinschaft) tätiger Rechtsanwälte angenommen werden könnte, diese würden ihren Beruf zusammen in einer Sozietät ausüben. Diese müssen sich ggf. nach außen hin so behandeln lassen, als seien sie eine Sozietät, haften also nach Rechtsscheinsgrundsätzen ggf. als Gesamtschuldner für Berufsfehler, Stichwort „Scheinsozietät“.  (vgl. Baldringer AnwBl. 2005, 676 ff. m.w.N.; BGH NJW 2001, 165; BGH Urt. v. 6.11.2013 Az. 1 ZR 147/12).

Prüfen Sie daher den von Ihnen verwendeten Briefbogen und sprechen Sie wegen eventueller Haftungsgefahren mit dem Vertreter Ihrer Berufshaftpflichtversicherung!

Ausblick: MoPeG

Im Zusammenhang mit der Reform des anwaltlichen Sozietätsrechts wurde auch das Personengesellschaftsrecht reformiert. Das sogenannte Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (BGBl. I v. 17.08.2021, S. 3436ff) regelt insbesondere in § 107 HGB n.F. i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB, dass auch freiberufliche Gesellschaften ohne Gewerbebetrieb in das Handelsregister eingetragen werden. Das MoPeG tritt erst am 01.01.2024 in Kraft.

*) Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der RAK Nürnberg

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Ausbildung fördern! – Aber wie?

Rechtsanwältin Julia Püngel, Juristische Referentin der RAK Hamm

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Die Ausbildungszahlen für den Ausbildungsberuf zum/r Rechtsanwalts- und Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten gehen immer weiter zurück. Konnten im Jahr 2019 noch 795 Berufsausbildungsverträge bei der Rechtsanwaltskammer Hamm registriert werden, waren es im Jahr 2020 nur noch 642 Verträge. Die Coronapandemie hat ihr Übriges zu einer negativen Tendenz beigetragen, sodass teilweise Fachklassen dieses Ausbildungsgangs aufgrund zu geringer Schülerzahlen geschlossen werden müssen und der Fachkräftemangel damit in Zukunft immer weiter steigen wird. Daher ein Appell an alle Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, Syndikusrechtsanwälte und Syndikusrechtsanwältinnen und Notare und Notarinnen im Kammerbezirk: Bilden Sie aus!

Prüfen Sie Ihre Kanzleikapazitäten und investieren Sie in Ihren eigenen Kanzleibetrieb. Denn nur mit qualifizierten Fachkräften können Anwaltsbüros erfolgreich aufrechterhalten werden.

Alles rund um Ausbildung

Die ersten Fragen, die sich stellen, wenn man sich für die Ausbildung einer/s Rechtsanwalts- oder Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten entschieden hat, lauten oftmals: Wie finde ich Auszubildende oder wie kann ich Ausbildungsstellen ausschreiben? Wer ist zur Ausbildung befähigt? Welche Inhalte muss der Vertrag enthalten? Welche Besonderheiten sind beim Vertragsabschluss zu berücksichtigen?

Um diese ersten Unklarheiten auszuräumen, daher folgende Hinweise und Tipps:

1.  Stellenangebote und -gesuche

Die Rechtsanwaltskammer Hamm hat auf der Ausbildungshomepage der Kammer eine Onlinebörse eingerichtet, auf der kostenlos Stellenangebote und -gesuche eingestellt werden können (http://onlineboerse-rechtsanwaltskammer-hamm.de). Nutzen Sie diese Möglichkeit, um Auszubildende anzuwerben oder zu finden.

Darüber hinaus können auch Ausbildungsplätze in der lokalen Presse inseriert oder auf Internetplattformen zur Job- bzw. Ausbildungssuche eingestellt werden. Auch die örtlichen Arbeitsagenturen sind bei der Stellensuche vermittelnd tätig.

2.  Berufsausbildungsverträge

Wenn dann der oder die richtige Auszubildende gefunden ist, kommt es zum Vertragsabschluss. Hierfür können Sie sich ein Muster des Berufsausbildungsvertrages auf der Ausbildungshomepage der Kammer unter http://www.ausbildung-rechtsanwaltskammer-hamm.de/ herunterladen (Downloads – ReNo – Berufsausbildungsvertrag). Dort finden Sie auch ein Merkblatt, das auf Besonderheiten vertraglicher Inhalte wie z. B. Vergütung, Jahresurlaub etc. hinweist.

Zu den wichtigsten Inhalten Folgendes:

Wer kann ausbilden?Jede/r zugelassene Rechtsanwalt/-anwältin, Syndikusrechtsanwalt/-anwältin, Notar/in.
Wie lange dauert die Ausbildung?
Drei Jahre.

Kann die Ausbildung verkürzt werden?
Ja. Beim Vorliegen einer entsprechenden schulischen Vorbildung (z. B. Abitur oder mindestens theoretischer Teil der Fachhochschulreife) kann die reguläre Ausbildungsdauer um bis zu 12 Monate verkürzt werden. Wenn vorab eine EQ-Maßnahme durchgeführt wurde (s. u.), ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Verkürzung von sechs Monaten möglich.

Wann kann die Ausbildung beginnen?
Die Ausbildung kann ganzjährig und zu jedem Zeitpunkt im Jahr begonnen werden.

Wie viel muss gezahlt werden?
Die Vergütungshöhe richtet sich nach den vom Vorstand beschlossenen Kammerempfehlungen und steigt mit jedem Ausbildungsjahr an. Die Kammer empfiehlt derzeit eine Ausbildungsvergütung von 1.000,00 € (1. Lehrjahr), 1.050,00 € (2. Lehrjahr) und 1.100,00 € (3. Lehrjahr). Eine Unterschreitung von bis zu 20 % ist möglich.

Was ist die Betriebsnummer?
Die Betriebsnummer der Kanzlei muss angegeben werden, damit der Vertrag eingetragen werden kann. Diese kann bei der zuständigen Agentur für Arbeit erfragt werden.

Was ist der Kurzfragebogen zur Berufsbildungsstatistik?
Ganz wichtig ist, dass der sogenannte Kurzfragebogen zur Berufsbildungsstatistik miteingereicht wird, da die Kammer zur Führung bestimmter Statistiken gesetzlich verpflichtet ist. Diesen finden Sie gleichfalls unter der oben genannten Downloadkategorie.

3.  Ausbildungsinhalte

Da es sich um eine duale Ausbildung handelt, werden die angehenden Fachkräfte nicht nur im Betrieb ausgebildet, sondern besuchen auch die Fachklasse des nächstgelegenen Berufskollegs. Für die fachliche Ausbildung in der Kanzlei ist der sogenannte Ausbildungsrahmenlehrplan maßgeblich, an dem sich die Ausbilder/innen orientieren können und sollten. Dieser enthält neben den Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, die zu erlernen sind, auch zeitliche Vorgaben, was in welchem Ausbildungsabschnitt in welchem Umfang vermittelt werden soll. Den ausführlichen Ausbildungsrahmenlehrplan finden Sie unter http://www.ausbildung-rechtsanwaltskammer-hamm.de/wp-content/uploads/2015/05/Ausbildungsrahmenplan_2015.pdf

Besondere Ausbildungsmodelle

Mittlerweile gibt es mehrere Ausbildungsmöglichkeiten und -formen, die eventuell eine Alternative zur üblichen Ausbildung bieten.

1.  Einstiegsqualifizierungsmaßnahme

Bei einer EQ-Maßnahme (sog. Einstiegsqualifizierung) handelte es sich nicht um eine Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz, sondern um ein sozialversicherungspflichtiges Langzeitpraktikum. Schülerinnen und Schüler, die nach ihrem Schulabschluss noch eine Berufsorientierungsphase benötigen, sind für diese Art von Praktikum geeignet. Die Dauer beträgt mindestens 6 Monate, aber höchstens 12 Monate. Die Berufsschule muss von schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern gleichfalls besucht werden. Zudem muss eine Vergütung gezahlt werden, die von der Agentur für Arbeit bezuschusst wird. Für allgemeine und weitere Informationen wenden Sie sich an Ihre örtliche Arbeitsagentur oder schauen Sie unter https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba013244.pdf und https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba014606.pdf.

Eine EQ-Maßnahme dient nicht nur dem Berufseinstieg, sondern auch der Vermittlung beruflicher Handlungsfähigkeit und ist auf eine Übernahme in ein anschließendes Ausbildungsverhältnis angelegt.

Wenn eine EQ-Maßnahme mindestens zehn Monate absolviert wurde und dass schulische Zeugnis eine mindestens ausreichende Leistung aufweist, kann dies zu einer Anrechnung von sechs Monaten auf die vorgeschriebene Ausbildungsdauer von drei Jahre führen.

2.  Teilzeitausbildung

Des Weiteren ist es auch möglich eine Teilzeitausbildung durchzuführen. Die/Der Auszubildende arbeitet dann nicht die üblicherweise vorgesehenen 40 Wochenstunden, sondern bis zu 30, 25 oder 20 Wochenstunden. Weniger als 20 Stunden pro Woche sind nicht zulässig. Anteilig kann dann auch die Vergütung gekürzt werden. Aufgrund der geringeren Ausbildungszeit muss aber auch die Ausbildungsdauer anteilig verlängert werden. Konkret bedeutet dies, dass die Ausbildung um ein halbes Jahr verlängert wird, wenn sich die wöchentliche Arbeitszeit auf 25 bis 29 Stunden beläuft. Werden 20 bis 24 Stunden pro Woche abgeleistet, verlängert sich die Ausbildung um ein ganzes Jahr.

3.  Verbundausbildung

Darüber hinaus ist eine sog. Verbundausbildung möglich. Hierbei sind z. B. Unternehmen und Anwaltskanzleien als Ausbilder im Ausbildungsvertrag eingetragen. Das heißt, dass einige Ausbildungsabschnitte im Unternehmen und einige Teile der Ausbildung in der Kanzlei absolviert werden. So können sich die Verbundpartner in fachlicher Hinsicht ergänzen und damit eine qualifizierte Ausbildung nach den Vorgaben des Ausbildungsrahmenlehrplans gewährleisten. Voraussetzung ist jedoch, dass beide Verbundpartner über einen fachlich geeigneten Ausbilder verfügen (zugelassene/r Anwalt/Anwältin, Notar/in oder Syndikusrechtsanwalt/-anwältin). Intern können die Verbundpartner die entstehenden Kosten etc. für die Ausbildung teilen. Maßgeblich ist aber, dass die vertraglichen Vereinbarungen (Vergütung, Jahresurlaub etc.) den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Auch Kanzleien können sich als Verbund zusammenschließen.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben und/oder Informationen benötigen, melden Sie sich gerne bei der Kammergeschäftsstelle unter info@rak-hamm.de oder 02381-985000 oder besuchen Sie die Ausbildungshomepage der Rechtsanwaltskammer Hamm unter http://www.ausbildung-rechtsanwaltskammer-hamm.de. Wir unterstützen Sie!  

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10 Probleme im internationalen Geschäftsverkehr

10 Probleme im internationalen Rechtsverkehr

Liste häufiger Probleme im internationalen Geschäftsverkehr und die Haftung der Geschäftsleitung

RA Dr. Tim-Werner Linne, Bad Salzuflen

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Seit dem 1.1.2022 ist die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für professionelle Einreicher obliga­torisch. Dies bedeutet, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Schriftsätze, Anträge und Erklärungen den Gerichten nur noch in elektronischer Form übermitteln dürfen. Doch was ist zu tun, wenn die Justiz aus tech­nischen Gründen nicht auf elektronischem Wege erreichbar ist?

Wir sehen immer wieder Fälle im internationalen Warenverkehr, bei denen eine deutsche Muttergesellschaft mit ausländischen Tochtergesellschaften für Handel und Produktion beteiligt sind, bei denen den Unternehmen aufgrund von Unachtsamkeiten größere Schäden entstehen. Mit diesem Beitrag wollen wir Sie in der Beratung von Mandanten mit internationalem Geschäft für einige Punkte sensibilisieren. Gerade das internationale Geschäft birgt viele Risiken, die uns als Anwälte im rein innerdeutschen Geschäftsverkehr sonst nicht betreffen.

Es ist auch nicht unüblich, dass damit gleich zwei Rechtsordnungen betroffen sind, auch wenn es eine Rechtswahlklausel gibt, da sachenrechtliche Problematiken (beispielsweise eine wirksame Verpfändung oder beim Arrest) sich häufig ausschließlich und nicht dispositiv nach dem Recht des Ortes richten, an dem die Sache belegen ist.

In einigen Fällen haben sich die untenstehenden Risiken kumuliert und zu erheblichen Schäden geführt, die sich bei ordentlicher Beratung hätten vermeiden lassen.

Steht der ausländische Kunde eines Mandanten ggf. kurz vor einem Insolvenzverfahren oder ist zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig und es sind bereits Rechnungen in einer Höhe fällig, für die die Sicherungsmittel nicht ausreichen, ist es natürlich problematisch, einfach weiter zu liefern. Trotzdem haben wir dies bei einigen Mandanten beobachtet, die scheinbar damit Umsatzziele halten oder erreichen wollten.

Proklamiert dieser Kunde dann aber, dass seine Insolvenzgefahr vor allem auch durch die Lieferverzögerung des Mandanten hervorgerufen wurde und sich die Insolvenzgefahr künftig eher vergrößern würde, drohen ggf. Regressforderungen, falls ohne ausdrücklich nachvollziehbare Gründe die weiteren Lieferungen eingestellt werden.

Besteht der Kunde dann noch darauf, dass sich Ihr Mandant an die Lieferverpflichtung halten müsse und trotz der unbezahlten und fälligen Rechnungen weitere Lieferungen erfolgen sollen, besteht höchste Gefahr.

Wenn dann die produzierte Ware am freien Markt nicht gut verkäuflich ist (ggf. weil Trademark-Rechte dies verhindern oder es sich um sehr spezielle Produkte oder Einzelanfertigungen handelt) sind fast alle Druckmittel für eine Einigung verloren und Ihr Mandant begibt sich vollständig in die Abhängigkeit des Kunden.

Liefert man weiter, wird sich das Risiko für Ihren Mandanten weiter vergrößern, liefert man nicht weiter, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit der Schaden realisieren und der Kunde ins Insolvenzverfahren gehen und versuchen, ggf. Schadenersatz von Ihrem Mandanten zu verlangen.

Gerade aggressive Investoren/Geschäftsleute nutzen solche Schwächen bewusst aus.

Aufgrund der Komplexität und Vielfalt der möglichen Fallstricke empfiehlt es sich daher rechtzeitig zu prüfen, ob an alle wesentlichen Punkte gedacht wurde. Wir haben daher eine kurze (nicht abschließende) Liste von den Top 10 Punkten erstellt, die jedes international agierende Unternehmen regelmäßig durch seinen Anwalt prüfen sollte, wobei es sich empfiehlt, dass dieser den Vorgang vor allem auch dokumentiert, damit sich Geschäftsleiter später ggf. exkulpieren können. Dies gilt umso mehr, als neuerdings aufgrund des StaRUG erhöhte Anforderungen an Geschäftsleiter gestellt werden, Risiken frühzeitig zu beobachten, zu bewerten und zu erkennen. Andernfalls droht ggf. eine persönliche Haftung der Geschäftsleiter.

Forderungsabsicherung – Ein Risikomanagementsystem muss bei Erreichen von z. B. 90 % der verantwortbaren Kreditlinie und bei Überziehen der Kreditlinie (Sicherheiten) automatisch warnen. Dann muss auch eine Reaktion erfolgen; die Warnung allein genügt nicht. Eine geeignete Reaktion könnte sein, keine weiteren Aufträge mehr entgegenzunehmen, bis die Sicherheiten erhöht wurden. Es muss im Vorfeld schon im Unternehmen kommuniziert werden, was genau in diesen Fällen zu geschehen hat, und es darf nicht dem Zufall überlassen werden, ob rechtzeitig und angemessen reagiert wird.

Akkreditiv / Letter of Credit – Der Wortlaut von einigen Letter of Credit / Akkreditiven / Bankgarantien ist oftmals nachteilig. Man sollte und muss den Wortlaut für einen LC vorgeben bzw. Sie sollten für Ihren Mandanten ein Muster entwerfen. Im Wortlaut kommt es sehr darauf an, dass keine Anknüpfungspunkte für die Bank gefunden werden können, um die Auszahlung zu verweigern oder erheblich zu verzögern. Andernfalls kann sich das Sicherungsmittel später als wertlos entpuppen.

Eigentumsvorbehalt – Eigentumsvorbehalt ist im internationalen Verkehr oft keine sinnvolle Sicherungsmethode, wenn die Ware de facto an andere Kunden unverkäuflich ist. Dies kann der Fall sein, da die Ware durch Trademarks gesichert ist und keine Lizenzvereinbarung besteht oder dass es sich um quasi unverkäufliche Spezialteile handelt, die nur von dem ursprünglichen Kunden verwendet werden können. Alternative Sicherungsmittel können Versicherungen, Garantien / Factoring etc. sein.

Schwimmende Ware sichern – Es sollten Orderkonnossement mit Indossament „Bill of Lading to order” ausgestellt werden bzw. eindeutig geregelt sein, dass alle Dokumente (auch alle Kopien/Durchschläge), die das Eigentum repräsentieren, bis zur vollständigen Bezahlung nur beim Verkäufer verbleiben. Andernfalls gibt man mit der Übergabe der Waren an den Transporteur die vollständige Kontrolle über die Waren auf.

Bestellungen – Kunden sollten nach Möglichkeit nur Bestellformulare nutzen, die von Ihnen anwaltlich geprüft sind und auf denen klar die AGB abgedruckt sind. Unklarheiten, wie die Bestellung zustande gekommen ist und welche Bedingungen dann genau gelten, können so vermieden werden.

Bestellbestätigungen – Bestellbestätigungen sollten nach Möglichkeit unverbindlich bezüglich des Liefertermins sein und mittels von Ihnen anwaltlich geprüften Formulars erfolgen. Werden Bestellungen formlos bestätigt, besteht das Risiko, dass ein unerwünschter Vertrag zustande kommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn schon nicht ein eigenes Bestellformular genutzt wurde.

AGB – Gibt es wirksame (?) und aktuelle AGB und wurden Sie tatsächlich auch wirksam einbezogen? Empfangsbestätigung und Einverständniserklärung mit Unterschrift und Stempel einer zeichnungsberechtigten Person sind im internationalen Verkehr fast immer Voraussetzung für die Gültigkeit der AGB. Gerade deutsche Unternehmen, vernachlässigen häufig die Einbeziehung der AGB, da dies nach deutschem Recht bekanntlich außergewöhnlich einfach angenommen werden kann. Einkaufsbedingungen der Gegenseite sollten abgelehnt werden und deren Ablehnung ordentlich dokumentiert werden. Oftmals sind solche Einkaufsbedingungen einseitig vorteilhaft für den Kunden und nicht für Ihren Mandanten. Können sie nicht abgelehnt werden, müssen die sich daraus ergebenen Risiken bekannt sein und auch in den Preis einkalkuliert werden.

Lieferverträge – Existieren Rahmenliefer- bzw. Verkaufsverträge und werden diese im täglichen Geschäft auch wirklich so eingehalten? Geschäftsbeziehungen beginnen häufig mit einer einzelnen Bestellung (PO) oder im kleinen Rahmen, sodass kein ausdrücklicher schriftlicher Liefervertrag geschlossen wird. Dies kann sich nach einigen Jahren schnell als großer Fehler herausstellen, wenn die Geschäftsbeziehung erheblichen Umfang angenommen hat und es über viele Punkte keine klaren Regelungen gibt. Wenn dies erst im Krisenfall auffällt, ist es häufig zu spät, größeren Schaden abzuwenden.

Marken – Warenzeichen – Trademarks – Lizenzvereinbarungen – Sind (also in allen Ländern), wo es in den nächsten 5 Jahren wichtig sein könnte, alle Trademarks in allen wichtigen Klassen und für den richtigen Inhaber registriert und gibt es wirksame Lizenzverträge? Aus deutscher steuerlicher Sicht gilt dies auch zwischen der inländischen Kapitalgesellschaft und ausländischen Tochtergesellschaften! Auch für Start-ups drohen steuerliche Probleme, wenn Marken vorschnell für natürliche Personen registriert werden und diese Person später Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft wird. Hier kann eine Treuhandvereinbarung und der richtige Zeitpunkt der Markenanmeldung eine steuerliche Betriebsaufspaltung verhindern. Produziert, handelt oder verkauft Ihr Mandant Ware mit fremden Trademarks, sollte regelmäßig (einmal pro Jahr) geprüft werden, wer der jeweilige Inhaber der Lizenzen / Trademarks ist und ob mit diesem eine wirksame Lizenzvereinbarung geschlossen wurde. Andernfalls drohen Regressforderungen und Abmahnungen.

Incoterms – Wird die richtige Incoterm-Klausel genutzt? Spätestens seit dem Update der Incoterms 2020 ist die FOB-Klausel für den Containerverkehr weltweit nicht mehr die richtige, denn sie ist primär für Stückgutverkehr gedacht. Es sollte also, je nachdem wer für den Import, die Verpackung und für die Versicherung zuständig ist, die richtige Klausel gewählt werden, die auch Akkreditiv-gerecht sein muss.

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