Berufsrecht selbst gestalten: ein Privileg*

erschienen im KammerReport 5-2019 | 13.12.2019

– 25 Jahre Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer
Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels, Münster, Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer

Vor 25 Jahren war die Geburtsstunde der Satzungsversammlung als rechtssetzendes Organ bei der Bundesrechtsanwaltskammer: Am 2. September 1994 trat das „Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte“ in Kraft, das in §§ 191a–191e BRAO die Satzungsversammlung etablierte. Das ist Grund genug, auf ihre Anfänge zurückzublicken, auf das, was sie erreicht – und darauf, welche Aufgaben die Satzungsversammlung in ihrer am 1. Juli 2019 beginnenden 7. Legislaturperiode zu bewältigen hat.

Am Anfang stand ein Paukenschlag
Jahrzehntelang konkretisierte die Bundesrechtsanwaltskammer die berufsrechtliche Generalklausel des § 43 BRAO durch Standesrichtlinien. Darin waren detaillierte Verhaltensregeln für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs festgelegt. Die Gerichte zogen diese Standesrichtlinien als Hilfsmittel zur Auslegung des § 43 BRAO heran.

Diese Praxis beendete das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1987 mit einem Paukenschlag: Es stellte fest, dass die Standesrichtlinien, die ohne demokratische Beteiligung der Mitglieder erlassen worden waren, als berufsbeschränkende Regelungen dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG nicht genügten. Das anwaltliche Standesrecht war dadurch obsolet und galt nur noch übergangsweise.

Nach mehrjähriger Reformdiskussion trat schließlich im September 1994 die neu gefasste BRAO in Kraft. Sie etablierte die Satzungsversammlung als unabhängiges, nur organisatorisch bei der Bundesrechtsanwaltskammer angesiedeltes Beschlussorgan und ermächtigte sie in § 59b Abs. 2 BRAO zum Erlass einer Berufsordnung. Der Satzungsversammlung gehören einerseits die von den 28 Rechtsanwaltskammern gewählten Mitglieder an und andererseits – ohne Stimmrecht – die Präsidenten der Kammern sowie die Mitglieder des Präsidiums der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 191a Abs. 4 BRAO). Zunächst einmal mussten die Rechtsanwaltskammern also Wahlordnungen erlassen und Wahlen durchführen.

„Das Nähere zu den beruflichen Rechten und Pflichten“
Die Mitglieder der ersten Satzungsversammlung, deren Amtszeit vom 1. Juli 1995 bis zum 3. Juni 1999 dauerte, hatten nicht weniger als die Aufgabe zu bewältigen, eine komplett neue Berufsordnung zu erlassen. „Das Nähere zu den beruflichen Rechten und Pflichten“ zu regeln, wie die Satzungsermächtigung in § 59b BRAO
lautet, gelang innerhalb eines guten Jahres, nachdem sie sich konstituiert hatte: Am 29. November 1997 beschloss die Satzungsversammlung die erarbeiteten Entwürfe der BORA und der FAO. Sie traten, nach Prüfung durch das Bundesjustizministerium (§ 191e Abs. 1 BRAO), im März 1997 in Kraft – ein durchaus historisches Ereignis, denn damit hatte zum ersten Mal ein demokratisch gewähltes Anwaltsparlament Berufsrecht gesetzt.

Inhaltlich standen dabei zum Teil die alten Standesrichtlinien Modell, im Wesentlichen aber führten die intensiven Diskussionen in der ersten Satzungsversammlung zu einer insgesamt liberalen Berufsordnung. Selbst Kritiker hielten schon deshalb die Schaffung der Satzungsversammlung als demokratisch legitimiertes Rechtssetzungsorgan der Anwaltschaft für einen großen Gewinn. Und in der Tat ist es ein Privileg der Anwaltschaft (und weniger anderer verkammerter freier Berufe wie etwa der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater), Regelungen zur Konkretisierung ihres Berufsrechts selbst erlassen zu dürfen.

Mühen der Ebene
Nach diesem ersten „großen Wurf“ bestand die Arbeit der Satzungsversammlung in den folgenden Legislaturperioden vor allem darin, die geschaffenen Regelungen der BORA und der FAO weiter auszudifferenzieren und sie an die Ergebnisse erster gerichtlicher Entscheidungen anzupassen. Zuweilen machte auch das Bundesjustizministerium von seinem in § 191e Abs. 1 BRAO festgelegten Recht Gebrauch, Beschlüsse der Satzungsversammlung zu beanstanden. Die gefassten Beschlüsse konnten damit nicht in Kraft treten. Eine Erweiterung des § 5 BORA betreffend Zweigstellen verteidigte die BRAK erfolgreich gerichtlich gegen die Beanstandung des Bundesjustizministeriums.

Einige Normen der BORA wurden auch von Gerichten aufgehoben. Besonders prominent wurde etwa das Verbot einer Sternsozietät mit Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern, welches der Bundesgerichtshof im Jahr 1999 für rechtswidrig erklärte, weil die Regelung so nicht von der Satzungskompetenz gedeckt sei.

Fachanwaltschaften als Qualitätssiegel
Eine der Kernleistungen der Satzungsversammlung war es, das System der Fachanwaltschaften – über die zunächst sechs an die Prozessordnungen angelehnten Fachanwaltschaften hinaus – zu öffnen und damit ein fachlich vielfältiges Siegel für die Qualität anwaltlicher Leistungen zu schaffen. Lange und kontroverse Debatten wurden geführt, bevor die Satzungsversammlung in ihrer dritten Legislaturperiode (vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2007) die Fachanwaltschaften für Medizinrecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Verkehrsrecht, Bau- und Architektenrecht, Erbrecht, Transport- und Speditionsrecht, gewerblichen Rechtsschutz, Handels- und Gesellschaftsrecht, Urheber- und Medienrecht, Informationstechnologierecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht schuf.

In späteren Legislaturen folgten noch weitere Fachanwaltschaften, insbesondere die für Agrarrecht sowie für Internationales Wirtschaftsrecht. Zudem gestaltete die Satzungsversammlung das Klausurensystem einheitlich und befasste sich mit dem Fachgespräch.

Die Satzungsversammlung heute
Der Satzungsversammlung gehen die Themen aus – so unkten Kritiker bereits in der vierten Legislaturperiode und seither immer wieder. In der Tat, die ganz großen Rechtssetzungsprojekte sind erfolgreich abgeschlossen. Viele Detailfragen wurden zwischenzeitlich durch die Rechtsprechung geklärt und, sofern nötig, in der BORA bzw. FAO nachgezogen; das zeigt etwa ein Blick in die regelmäßig in den BRAK-Mitteilungen erscheinenden Berichtsaufsätze zum Fachanwaltsrecht.

Die gerade zu Ende gegangene 6. Legislaturperiode (1. Juli 2015 bis 30. Juni 2019) zeugt jedoch vom Gegenteil: Die Satzungsversammlung reagierte auf die aktuelle politische Entwicklung und schuf die neue Fachanwaltschaft für Migrationsrecht. Sie griff ferner eine bereits ältere Diskussion auf und führte eine Fachanwaltschaft für Sportrecht ein. Nach engagierter und sehr kontroverser Debatte verfehlte der Antrag, eine Fachanwaltschaft für Opferrechte einzuführen, nur knapp die nötige Mehrheit. Klarstellende Regelungen schuf die Satzungsversammlung mit Blick auf die Pflicht, an Zustellungen von Anwalt zu Anwalt mitzuwirken (§ 14 BORA), sowie die Verschwiegenheitspflicht (§ 2 BORA).

Ein Kernthema der 6. Legislaturperiode war das an das Justizministerium gerichtete Petitum, die Satzungsversammlung zur Konkretisierung der allgemeinen Fortbildungspflicht zu ermächtigen. Ziel war es, eine sanktionierte Fortbildungspflicht, wie sie bereits für Fachanwälte existiert, allgemein für die Anwaltschaft einzu-
führen, um so die gleichbleibend hohe Qualität der anwaltlichen Leistung zu gewährleisten. Die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage in der BRAO scheiterte jedoch, nach positiven Signalen der Regierung, an Widerständen aus dem Deutschen Bundestag.

Alles andere als Bore-out
Das von den Unkenrufern befürchtete Bore-out wird auch in der nun anstehenden siebten Legislaturperiode der Satzungsversammlung nicht eintreten. Spannend bleibt, ob die Diskussion um die Einführung einer Fachanwaltschaft für Opferrechte wieder auflebt. Die Ablehnung fiel denkbar knapp aus und es wäre nicht das erste Mal, dass eine zunächst abgelehnte Fachanwaltschaft in einer späteren Legislaturperiode wieder aufgegriffen wird. Im Bereich der Fachanwaltschaften wird außerdem die Neuregelung des – in der jetzigen Ausgestaltung nicht praktikablen – Fachgesprächs anzugehen sein; aus dem Bundesjustizministerium gab es hierzu bisher wohlwollende Signale. Ein weiteres Thema, das erneut kontroverse Diskussionen verspricht und auch früher bereits beschert hat, ist die Zertifizierung der Anbieter von Fachanwaltslehrgängen.

Ein Thema steht voraussichtlich ganz oben auf der Agenda: Die 6. Satzungsversammlung hatte den Gesetzgeber in einer Resolution aufgefordert, sich mit der Konkretisierung der allgemeinen Fortbildungspflicht erneut zu befassen. Dass die 7. Satzungsversammlung dies von der gerade neu ins Amt gekommenen Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz einfordert, ist zu erwarten. Und ein weiteres sehr aktuelles Thema wird absehbar zum Dauerbegleiter der Satzungsversammlung: die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht und wie sich Datenschutzrecht, fortschreitende Digitalisierung und die Etablierung von Legal Tech hierauf auswirken.

Es bleibt also auch weiterhin viel zu tun – und als Vorsitzender der Satzungsversammlung freue ich mich auf engagierte Diskussionen und weitere Impulse für das Berufsrecht!

* Abdruck mit freundlicher Genehmigung der RAK München

Nötigung bei der Forderungsdurchsetzung – haben wir immer das nötige Risikobewusstsein?

erschienen im KammerReport 5-2019 | 13.12.2019

Ref. jur. Rouven Spielfeld, Dortmund

Der vorliegende Beitrag befasst sich im Anschluss an einen früheren Beitrag mit den berufsbegleitenden Risiken, die anwaltliche Tätigkeit mit sich bringt. Die ureigene Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seiner Mandantschaft durchzusetzen, birgt gewisse Strafbarkeitsrisiken. Insbesondere der Straftatbestand der Nötigung ist im Bereich der Forderungsdurchsetzung relevant.

Nach § 240 Abs. 1, 2 StGB macht sich strafbar, wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt.

Neben einem angestrebten Nötigungserfolg setzt die Verwirklichung des Tatbestandes eine Nötigungshandlung voraus. Die Darstellung soll sich auf die Drohungsalternative beschränken. Eine Drohung mit einem empfindlichen Übel liegt vor, wenn der Handelnde ein künftiges Übel in Aussicht stellt, das für den Drohungsadressaten einen erheblichen Nachteil begründet und auf dessen Eintritt der Handelnde Einfluss zu haben vorgibt. Die Anforderungen an einen erheblichen Nachteil sind erreicht, wenn die Ankündigung geeignet erscheint, den Adressaten im Sinne des Täterverlangens zu veranlassen.

In anwaltlichen Schreiben oder Schriftsätzen finden sich nicht selten kurze und knappe Hinweise auf die Folgen einer Nichtleistung des Streitgegners. So kommt es zu Formulie-rungen wie „Sollte die oben genannte Lieferung der vereinbarten Kaufsache nicht erfolgen, so behält sich unsere Mandantschaft vor, den Sachverhalt den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zur Sachprüfung vorzutragen“. Hierdurch macht der Rechtsbeistand dem Adressaten deutlich, er verfüge über seine rechtliche Unbescholtenheit insoweit, als die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens allein von der Weitergabe entsprechender Informationen an die Strafverfolgungsbehörde abhängt. Die Aufnahme und Durchführung von Ermittlungen stellen jedoch eine nachteilige Folge für den Adressaten dar, die erheblich in seinen Rechtskreis eingreift. Es ist nicht zu erwarten, dass der vernünftige Bürger sich unter dem Eindruck eines so belastenden Vorgangs in besonnener Weise verhält. Der Fall Kachelmann verdeutlicht die Reichweite und die Folgen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.

Ebenso problematisch ist die Sachlage bei der Ankündigung der Weitergabe von Informationen über das Streitverhältnis an die Öffentlichkeit. Neben der Privatperson haben auch Unternehmen und Kaufleute ein erhebliches Interesse an der öffentlichen Wahrnehmung ihrer Person oder ihrer geschäftlichen Tätigkeit. Das gesellschaftliche Ansehen ist dabei ein Gut, das im Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung ist. Mit der Angabe, gewisse Einzelheiten an die Öffentlichkeit zu geben, will der Rechtsanwalt Einfluss auf das Verhalten von Schuldnern oder Gläubigern seiner Mandantschaft nehmen. Die Weitergabe bestimmter Informationen an die Öffentlichkeit stellt sich daher als Ankündigung eines erheblichen Nachteils für den Adressaten dar.

Die Anzeige ungenügenden Zahlungsverhaltens durch den Rechtsanwalt bei der SCHUFA ist als Drohung mit einem empfindlichen Übel zu verstehen. Ein erhöhter Score-Stand im SCHUFA-Auszug schädigt den Schuldner der Mandantschaft in seinem wirtschaftlichen Ansehen gegenüber anderen Vertragspartnern und Mitbewerbern. Dies ist insbesondere auf dem ohnehin knappen Wohnungsmarkt sowie unter Kaufleuten eine erhebliche Beeinträchtigung, die geeignet ist, zur gewünschten Handlung, Duldung oder Unterlassung zu veranlassen.

Rechtswidrig ist eine Handlung, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

1. Strafanzeige 
a. Bisherige Leitlinien
In Anknüpfung an diese Definition versteht die ständige Rechtsprechung Verwerflichkeit so, dass der mit der Drohung verfolgte Zweck, die Drohung an sich oder Zweck und Drohung zusammen einen Grad der sittlichen Missbilligung erreichen müssen, sich mithin als sozial unerträglich darstellen. Im Rahmen der Strafanzeige ist jedoch zu beachten, dass diese nach § 158 StPO als Instrument des deutschen Strafprozessrechts ausgestaltet ist. Dennoch begründen Strafanzeigen vor dem Hintergrund der potenziell schwerwiegenden Auswirkungen einen erheblichen Eingriff in den Rechtskreis des Einzelnen, so dass Eingriffe zum Zwecke der Forderungsdurchsetzung nach der Rechtsprechung des BGH nur dann hinzunehmen sind, wenn sie dem Kriterium der Konnexität entsprechen. Nach der Konnexitätslehre ist eine Drohung dann nicht rechtswidrig, wenn die von dem Rechtsanwalt geforderte Handlung, Duldung oder Unterlassung auf einem Sachverhalt beruht, der mit dem Begehren des Mandanten in einem engen Zusammenhang steht. Danach sind anwaltliche Leistungsaufforderungen nicht strafbar, solange der Rechtsanwalt nicht mit sachfremden Mitteln zur Zahlung aufforderte.

b. Neue Entwicklung nach der Abmahn-Rechtsprechung?
In seinem beachtenswerten Beschluss vom 05.09.2013 hat sich der BGH von dem Merkmal der Konnexität jedoch zumindest teilweise gelöst.1 Gegenstand des Revisionsverfahrens war eine Verurteilung eines Rechtsanwalts, welcher Forderungen seines Mandanten aus angebotenen Gewinnspielen geltend machte. Hierzu verwendete er eine dem obigen Beispiel ähnliche Formulierung, um mit Nachdruck auf die Zahlungsbereitschaft der Teilnehmer einzuwirken. Obwohl letztlich ein innerer Zusammenhang zwischen etwaiger Forderung und dem Verweis auf eine Strafanzeige bestand, bestätigte der BGH die Verurteilung wegen versuchter Nötigung, §§ 240 Abs. 1–3, 22, 23 Abs. 1 StGB. Maßgebliche Gesichtspunkte der Argumentation des BGH waren die Stellung des Rechtsanwalts sowie die Anforderung an die anwaltliche Mandatsführung.2 Zum einen sei es bereits als ein verwerfliches Mittel anzusehen, dass ein Rechtsanwalt seine durch § 1 BRAO begründete Stellung als Organ der Rechtspflege zur Durchsetzung nicht näher geprüfter Forderungen ausnutze. Dies beschränke den effektiven Rechtsschutz des gewöhnlichen Bürgers, der sich in der Wahl zwischen Zahlung auf die angebliche Forderung und der Strafanzeige sehe. Die Ausübung eines solchen Drucks sei mit dem Berufsbild nicht zu vereinbaren. Zum anderen erinnert der BGH beiläufig an die anwaltlichen Pflichten bei der Bearbeitung eines Mandats, indem er dem angeklagten Rechtsanwalt vorwarf, die Berechtigung der Forderung nicht geprüft zu haben.3 Eine derartige Gleichgültigkeit müsse erschwerend bei der Frage der Verwerflichkeit Beachtung finden.

Für die anwaltliche Praxis bedeutet dies die Rückkehr zu allergrößter Sorgfalt und Zurückhaltung, wenn es um die Forderungsdurchsetzung unter Ankündigung einer Strafanzeige geht. Durch die Bezugnahme auf die Stellung des Rechtsanwalts hat der BGH die Anforderungen für eine anwaltliche Strafbarkeit im Verhältnis zur Konnexität herabgesetzt.

2. Information der Öffentlichkeit2
Bei der Weitergabe von Informationen an die Öffentlichkeit ist hinsichtlich der Qualität der Informationen zu differenzieren. Während unwahre, irreführende oder diffamierende Informationen bereits als verwerfliches Mittel anzusehen sind, stellen sich wahre Tatsachen per se nicht als verwerflich dar. Vielmehr besteht seitens der Öffentlichkeit ein zu berücksichtigendes Informationsinteresse gegenüber der Führung bekannter Unternehmen sowie deren Geschäftsführung. Derartiges Vorbringen beträfe den Rechtsverkehr und die Vertragsabschlussfreiheit vieler Privater. Im Rahmen der Zweck-Mittel-Relation erkennt die Rechtsprechung auch das Kriterium der Konnexität an. Das Druckmittel darf wiederum nur dann zur Durchsetzung der Forderung eingesetzt werden, wenn zwischen der Forderung und der Information ein verbindender Zusammenhang besteht. Die Ankündigung, Sachverhalte der Presse zu offenbaren, ist daher insoweit zu beschränken, als der Sachverhalt einen Bezug zur Forderung haben muss. Eine verzerrende Darstellung wahrer Tatsachen stellt sich als irreführende Information dar und ist verwerflich.

3. SCHUFA-Eintrag
Besonderer Vorsicht bedarf auch die Prüfung der Ankündigung einer Meldung bei der SCHUFA. Hierbei nutzt der Absender Daten seines Schuldners aus dem Forderungsverhältnis. Die Weitergabe von Daten Dritter stellt sich als datenschutzrelevantes Problem dar, welches über die Verwerflichkeitsklausel auch die Wertungen des Grundgesetzes in Bezug nimmt. Mit der Meldung bei der SCHUFA beschränkt der Vertragspartner das Recht seines Schuldners, eigenständig darüber zu bestimmen, wer in welchem Umfang seine Daten einsehen kann, Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG. Wegen der besonderen, teils auch existenziellen Folgen einer solchen Meldung erscheint diese an sich verwerflich. Die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen wird, wie bei der Strafanzeige, auf Zahlung oder Hinnahme eines belastenden Eintrags beschränkt. Eine Meldung kann dann gerechtfertigt sein, wenn dies nach den Vorgaben der §§ 1 Abs. 4, 31 BDSG sowie des Art. 6 DSGVO zulässig ist. Demnach war es in dem Urteil des OLG Celle maßgeblich, ob die Anforderungen an eine SCHUFA-Meldung nach dem damaligen § 28a BDSG erfüllt waren.5 Dafür war das unstreitige Bestehen der Forderung oder deren gerichtliche Feststellung Voraussetzung. Diese Gründe stünden im öffentlichen Interesse der Erhaltung des Vertrauens in den Rechtsverkehr, sodass sie Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen rechtfertigen könnten. Ansonsten dürfte sich die Androhung der Meldung als verwerfliche Handlung darstellen.

Abschließend ist festzuhalten, dass es zu empfehlen ist, eine sorgfältige Prüfung vorzunehmen, bevor die Verfolgung eines Anspruchs für den Fall seiner Nichterfüllung mit der Androhung einer der vorstehend angesprochenen Maßnahmen verbunden wird.

1 Beschluss des BGH vom 05.09.2013, 1 StR 162/13.
2 Magnus, Strafbarkeitsrisiken für Anwälte im Rahmen von Abmahnungen und Deals, JR 2017, S. 628 ff. (631).
3 Fahl, „Berufstypisches“ Rechtsanwaltsverhalten als strafbare Nötigung, JR 2015, S. 169 ff. (171).
4 Beschluss des KG Berlin vom 29.02.2012, (4) 121 Ss 30/12 (54/12).
5 Urteil des OLG Celle vom 19.12.2013, 13 U 64/13.

Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien – Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

Steuerrecht

erschienen im KammerReport 5-2019 | 13.12.2019

Der Ausschuss Steuerrecht der Bundesrechtsanwaltskammer hat einen Beitrag mit dem Titel „Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien – Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG“ – Standortbestimmung des Ausschusses Steuerrecht (Stand: November 2019) veröffentlicht. Sie finden diesen auf der BRAK-Internetseite unter folgenden Links:

https://www.brak.de/w/files/01_ueber_die_brak/aus-der-arbeit-der-ausschuesse/2019-11-15-ueberarbeitung-des-beitrag-gewerblichkeit.pdf
oder
https://brak.de/die-brak/organisation/ausschuesse/ausschuss-steuerrecht/

Mit der Standortbestimmung hat der Ausschuss Steuerrecht seinen Beitrag zur Gewerblichkeit anwaltlicher Tätigkeit aus dem Jahr 2017 aktualisiert und ergänzt.

Der Beitrag gliedert sich in Ausführungen zur Gefahr der Gewerblichkeit

  • durch eine eigene Tätigkeit des Rechtsanwalts,
  • durch die Organisation innerhalb der Kanzlei u. a. durch anwaltlich nicht mehr tätige Partner, durch ausschließlich akquisitorisch tätige Partner, durch die Einbindung Dritter in die eigene Leistungserbringung des Anwalts und durch die Beschäftigung angestellter Rechtsanwälte. Letzteres ist sicherlich der am häufigsten vorkommende Fall, der zu einer Gewerblichkeit der Kanzleieinkünfte führen kann und
  • durch Beteiligungen.

Die Standortbestimmung des Ausschusses schließt mit einem berufspolitischen Ausblick.

Gehälter und Gehaltszufriedenheit von Mitarbeitern in Rechtsanwaltskanzleien (Teil 2)

erschienen im KammerReport 4-2019 | 25.09.2019

Prof. Dr. Matthias Kilian /  Wiss. Mit. Christina Esser

Fragen Sie sich bei einem Blick auf die Personalkostenauswertung in Ihrer BWA manchmal, wo Sie mit Ihrem Gehalt im Vergleich mit anderen Kanzleien stehen? Und welche freiwilligen Zusatzleistungen am Markt üblich sind, um die knappe Ressource Fachpersonal nicht nur zu gewinnen, sondern auch an sich zu binden? Dieser Beitrag berichtet über eine empirische Studie des Soldan Instituts zu nichtanwaltlichem Personal in Anwaltskanzleien, für die mehr als 3.000 Fachangestellte, Fachwirte, Auszubildende im Berufsfeld ReNoPat und sonstige kaufmännische Mitarbeiter befragt wurden. Dessen Teil 1, der sich mit der Gehaltssituation befasst, finden Sie im Heft 3/2019 S. 7 ff. abgedruckt. Der nachfolgende Teil 2 beleuchtet die Gehaltszufriedenheit der Mitarbeiter.

IV Gehaltszufriedenheit
49 % der Kanzleimitarbeiter sind eher oder gar nicht zufrieden mit ihrem Gehalt. 22 % sind teils zufrieden, teils unzufrieden und 29 % sind mit ihrem Gehalt sehr oder eher zufrieden. Die Gehaltszufriedenheit ist bei den Fachwirten und kaufmännischen Angestellten deutlich ausgeprägter als bei den Fachangestellten und Auszubildenden: Während 42 % der Fachwirte und 43 % der kaufmännischen Angestellten sehr oder eher zufrieden mit ihrem Gehalt sind, sind dies nur 28 % der Fachangestellten und 11 % der Auszubildenden. Bei den Auszubildenden ist die Unzufriedenheit mit

ihrem Gehalt besonders ausgeprägt: 77 % sind eher oder gar nicht zufrieden mit dem Gehalt. Aber auch die Hälfte der Fachangestellten (50 %), ist eher oder gar nicht zufrieden mit dem Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung. Bei den Fachwirten und kaufmännischen Angestellten sind dies hingegen mit 31 % bzw. 28 % weniger als ein Drittel der Befragten.

Wenig überraschend nimmt mit höherem Gehalt der Anteil der Fachkräfte zu, die mit ihrem Gehalt zufrieden sind. Bei einem monatlichen Einkommen in Höhe von 2.500 €oder mehr gibt jeder zweite Fachangestellte oder Fachwirt an, mit seinem Gehalt eher oder sehr zufrieden zu sein. In dieser Gehaltsgruppe zeigt sich jeder vierte Fachangestellte (26 %) und jeder fünfte Fachwirt (19 %) unzufrieden mit seinem Gehalt.

V Gehalt und Commitment des Arbeitnehmers
Für Arbeitgeber ist die Bindung von Arbeitnehmern an ihren Arbeitsplatz, ihr Commitment gegenüber dem Arbeitgeber, ein für den Unternehmenserfolg zentrales geldwertes Gut: Langfristig tätige Mitarbeiter amortisieren ein in sie getätigtes Investment an Aus-, Weiter- und Fortbildung, ihr Verbleib im Unternehmen macht langwierige, kostenintensive Suche nach Ersatz mit dem Risiko einer Fehlauswahl überflüssig. Naheliegend ist daher eine Überprüfung, welchen Einfluss das Gehalt als solches auf die Bindung eines Kanzleimitarbeiters an die Kanzlei hat, wie also das Gehalt auf das Mitarbeitercommitment einwirkt. Es zeigt sich bei einer solchen Überprüfung, dass die Höhe des gezahlten Gehaltes lediglich bei ReNo-Fachangestellten einen Einfluss auf die Bindung an die Kanzlei hat, und zwar dahingehend, dass in Vollzeit tätige Fachangestellte mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von unter 1.500 €ein signifikant geringeres Commitment haben als ihre Kollegen mit höheren Einkommen1. Bei Fachwirten und Auszubildenden zeigt sich hingegen kein Effekt des Gehalts auf das Commitment.

Diese Ergebnisse gaben Anlass dazu, vertieft in den Blick zu nehmen, welche Aspekte die Zufriedenheit mit dem Gehalt beeinflussen. Um Ein­fluss­aspekte auf die Zufriedenheit mit dem Gehalt herauszufiltern, wurde mithilfe der folgenden im Rahmen der Studie ermittelten Variablen eine sog. lineare Regressionsanalyse durchgeführt:

  • Leader/Member-Exchange-Werte der Führungsqualität des Vorgesetzten2,
  • Werte für die Kommunikationsqualität des Vorgesetzten3,
  • Werte für soziale Unterstützung des Vorgesetzten4,
  • der Stundenlohn,
  • die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten,
  • die Verfügbarkeit von als erforderlich erachteten Arbeitsmitteln und Fortbildungen und
  • bestimmte Lohnzusatzleistungen.

Es zeigten sich je nach Berufsgruppe unterschiedliche Einflüsse dieser Variablen auf die Zufriedenheit mit dem Gehalt. Zunächst gab es Unterschiede zwischen den bereits fertig ausgebildeten Fachkräften und den Auszubildenden: Bei Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und Rechts- und Notarfachwirten ist der rechnerische Stundenlohn der wichtigste Aspekt, um eine Zufriedenheit des Mitarbeiters mit dem Gehalt zu erreichen. Aber auch soziale Unterstützung in der Kanzlei trägt zur Zufriedenheit mit dem Gehalt bei sowie die Führungsqualität und die Kommunikationsqualität des vorgesetzten Rechtsanwalts. Bei den Auszubildenden zeigten sich grundsätzlich geringere Einflüsse als bei den Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und den Rechts- und Notarfachwirten. Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung von Zufriedenheit mit dem eigenen Gehalt ist bei Auszubildenden vor allem die Zahlung eines Fahrtkostenzuschusses.

 

1 Eine detaillierte Erläuterung der empirischen Messung der „Bindung an die Kanzlei“ im Sinne von organisationalem Commitment findet sich bei Kilian/Heckmann, Rechtsanwälte und ihre Mitarbeiter, 2017, S. 115 ff.

2 Zur Leader-Member-Exchange-Theorie ausführlich Kilian/Heckmann, a. a. O.,  S. 71 ff.

3 Zur Bedeutung der Kommunikations­qualität in der Vorgesetzten-Arbeitnehmer-Beziehung Kilian/Heckmann,  a. a. O., S. 93 ff.

4 Zum Konzept der „sozialen Unterstützung“ Kilian/Heckmann, a. a. O., S. 57 ff.

Passive Nutzungspflicht des beA

erschienen im KammerReport 4-2019 | 25.09.2019

31 a Abs. 6 BRAO begründet die passive Pflicht zur Nutzung des beA für jede Rechtsanwältin und jeden Rechtsanwalt.

Konkret umfasst diese Pflicht die Erstregistrierung des beA und die Entgegennahme von Schriftstücken von Kolleginnen und Kollegen und Gerichten.

Die Verletzung dieser passiven Nutzungspflicht begründet Haftungsrisiken.

Die Rechtsanwaltskammer muss und wird im Wege der Berufsaufsicht gegen die Kolleginnen und Kollegen wegen der Verletzung der passiven Nutzungspflicht vorgehen, wenn dies von dritter Seite zur Kenntnis gelangt.

Unabhängig von der Pflicht zur passiven Nutzung empfiehlt sich die Erstregistrierung und der Umgang mit dem beA aber auch vor dem Hintergrund der ab dem 01.01.2022 einsetzenden aktiven Nutzungspflicht. Machen Sie sich deshalb bereits jetzt mit dem System vertraut!

Verschwiegenheitsverpflichtung, Datenschutzrecht und E-Mails

erschienen im KammerReport 4-2019 | 25.09.2019

In ihrer 8. und letzten Sitzung hat die 6. Satzungsversammlung unter anderem eine Änderung von § 2 BORA, der die anwaltliche Verschwiegenheit regelt, beschlossen. Im Hinblick auf die Risiken der elektronischen Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandat – z. B. per E-Mail – wurde in einem ergänzten Abs. 4 – nach gleichzeitiger Änderung der Reihenfolge der Absätze zukünftig Abs. 2 – festgelegt, dass die Nutzung eines elektronischen oder sonstigen Kommunikationsweges, der mit Risiken für die Vertraulichkeit dieser Kommunikation verbunden ist, jedenfalls dann erlaubt ist, wenn der Mandant ihr zustimmt. Von einer Zustimmung ist auszugehen, wenn der Mandant diesen Kommunikationsweg vorschlägt oder beginnt und ihn, nachdem der Rechtsanwalt zumindest pauschal und ohne technische Details auf die Risiken hingewiesen hat, fortsetzt. Der Beschluss der Satzungsversammlung wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bereits genehmigt und tritt mit dem ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf die Veröffentlichung in den BRAK-Mitteilungen folgt. Dies wird voraussichtlich der 1. Januar 2020 sein.

Mit der Einhaltung des Datenschutzrechts bei der anwaltlichen Kommunikation im Mandatsverhältnis per E-Mail beschäftigt sich Wagner, Anwaltliches Berufsrecht und Datenschutz: Einheit-, Widerspruch- oder Parallelwelten?, BRAK-Mitt. 2019, 167. Er weist darauf hin, datenschutz-rechtlich komme der Lösungsweg über eine Einwilligung des Mandanten nicht in Betracht, da die E-Mail-Kommunikation meist auch personenbezo-gene Daten Dritter enthalte. Abzustellen sei vielmehr darauf, dass das Datenschutzrecht gem. Artikel 5 I lit. f DSGVO die Gewährleistung einer „angemessenen Sicherheit“ erfordere. Der heutige Standard „normaler“ E-Mail-Kommunikation bei Nutzung der am Markt tätigen Mailservice-Provider bestehe in einer Transportverschlüsselung. Diese reiche im Regelfall aus. Etwas anderes gelte nur, wenn der Mandant eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung fordere oder bei besonderen Umständen im Einzelfall, z. B. bei absehbarem Interesse krimineller und ressourcenreicher Dritter oder bei besonders sensiblen Daten und/oder besonders großen Datenmengen.

Gehälter und Gehaltszufriedenheit von Mitarbeitern in Rechts­anwaltskanzleien (Teil 1)

erschienen im KammerReport 3-2019 | 15.06.2019

Prof. Dr. Matthias Kilian /  Wiss. Mit. Christina Esser

Fragen Sie sich bei einem Blick auf die Personalkostenauswertung in Ihrer BWA manchmal, wo Sie mit Ihrem Gehalt im Vergleich mit anderen Kanzleien stehen? Und welche freiwilligen Zusatzleistungen am Markt üblich sind, um die knappe Ressource Fachpersonal nicht nur zu gewinnen, sondern auch an sich zu binden? Dieser Beitrag berichtet über eine empirische Studie des Soldan Instituts zu nicht anwaltlichem Personal in Anwaltskanzleien, für die mehr als 3.000 Fachangestellte, Fachwirte, Auszubildende im Berufsfeld ReNoPat und sonstige kaufmännische Mitarbeiter befragt wurden. Dessen Teil 1, der die Gehaltssituation beleuchtet, ist nachfolgend abgedruckt. Teil 2 befasst sich mit der Gehaltszufriedenheit von Mitarbeitern und folgt im Heft 4/2019.

I Einleitung
Kanzleipersonal zu gewinnen, Fachpersonal zumal, wird für immer mehr Kanzleien zu einer großen Herausforderung. Der Blick in die Statistiken belegt das Problem: Immer mehr Rechtsanwälte bilden immer weniger Fachpersonal aus. Im Jahr 1980 wurden von damals 36.077 zugelassenen Rechtsanwälten 10.442 Ausbildungsverträge im Berufsfeld ReNo

geschlossen, im Jahr 2016 von 163.779 Rechtsanwälten hingegen nur noch 5.208 Ausbildungsverträge1. Nur teilweise – und wohl nur zu einem geringeren Teil – lässt sich dieser Rückgang mit einem rückläufigen Bedarf an nicht anwaltlichem Personal in Kanzleien erklären, der auf einem gewandelten Tätigkeitsprofil der Anwaltschaft und technologischen Lösungen, die die Notwendigkeit von Personaleinsatz minimieren, beruht. Im Wettbewerb um die knappe Ressource Personal sind Kenntnisse der Rahmenbedingungen, zu denen nicht anwaltliche Mitarbeiter am Markt rekrutiert und beschäftigt werden, daher hilfreich. Zentrales Datum sind bei dieser Frage das Gehalt und seine Bestandteile. Geld ist zwar, wie es so schön heißt, nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts.  Dieser Beitrag beleuchtet zunächst die Gehälter von nicht anwaltlichen Kanzleimitarbeitern, klärt sodann, welche Zusatzleistungen Arbeitgeber mit welcher Häufigkeit bieten, und schildert schließlich, wie es um die Gehaltszufriedenheit der Mitarbeiter in deutschen Anwaltskanzleien bestellt ist – und welche Relevanz Gehaltszufriedenheit für Arbeitgeber hat.

Die hier vorgestellten Befunde beruhen auf einem von 2016 bis 2018 unter Beteiligung von BRAK, DAV, RENO-Bundesverband und ver.di durchgeführten Forschungsprojekt zu Mitarbeitern in Anwaltskanzleien. Die hier präsentierten Befunde sind im Wesentlichen dem Forschungsbericht „Personal in Anwaltskanzleien“ entnommen, der vor allem die Beschäftigungsbedingungen und Tätigkeitsfelder von Kanzleimitarbeitern untersucht hat. Weitere Studien im Rahmen des Forschungsprojekts haben sich mit der Berufsbildung in Anwaltskanzleien (Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung von nicht anwaltlichen Mitarbeitern) sowie den Qualitäten und Defiziten von Rechtsanwälten als Arbeitgebern und Vorgesetzten aus arbeitspsychologischer Sicht befasst.

Methodisch beruhen die Befunde auf der Befragung von 3.193 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Anwaltskanzleien sowie von 773 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die das Soldan Institut im Sommer 2016 durchgeführt hat. Die Betrachtungen in diesem Beitrag beschränken sich auf die in Vollzeit tätigen Mitarbeiter. Teilzeitkräfte, die insofern unberücksichtigt bleiben2, verdienen aber nach den Erkenntnissen der Studie im Vergleich zu Vollzeitkräften relativ betrachtet, d. h. auf einen Stundenlohn umgelegt, nicht spürbar besser oder schlechter als Vollzeitbeschäftigte3.

II Gehälter
In Vollzeit tätige Fachangestellte in Rechtsanwaltskanzleien erhalten im Mittel ein Monatsbruttogehalt in Höhe von 2.183 € (Median: 2.100 €), bei Fachwirten liegt es im Schnitt bei 2.742 € und damit 559 € höher (Median: 2.645 €; 545 € höher).


Abb. 1: Bruttomonatsgehalt von Vollzeitbeschäftigten – Fachangestellte und Fachwirte statistisch signifikanter Zusammenhang (p < 0.05) / * arithmetisches Mittel

Damit liegt das durchschnittliche Monatsgehalt von Fachangestellten um 1.364 € unter dem durchschnittlichen Monatsgehalt der im Bereich der sog. marktbestimmten oder wirtschaftlichen Dienstleistungen4 vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in Deutschland, jenes von Fachwirten um 805 €: Dieses betrug im dritten Quartal 2016 3.547 €5. Betrachtet man angesichts der fast ausschließlichen Beschäftigung von weiblichem Kanzleipersonal zu Vergleichszwecken ausschließlich die durchschnittlichen Monatsgehälter von weiblichen Arbeitnehmern unter Zugrundelegung des zuletzt im relevanten Beschäftigungsfeld (produzierendes Gewerbe und Dienstleistungsbereich) gemessenen Gender Pay Gaps von 12 % und korrigiert den Referenzwert entsprechend auf 3.121 €6, liegen die durchschnittlichen Vollzeitgehälter von Fachangestellten um 938 € und von Fachwirten um 379 € unter den Durchschnittswerten – die Attraktivität der Anwaltschaft als Arbeitgeber ist bei einer Verengung der Betrachtung auf die Gehaltsfrage als eher gering einzuordnen.


Abb. 2: Durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von vollzeitbeschäftigten Fachangestellten und Fachwirten – nach Zahl der Rechtsanwälte in der Kanzlei statistisch signifikanter Zusammenhang (p < 0.05)

Einflussfaktoren, die die Höhe des Gehalts determinieren, sind vor allem die Kanzleigröße, das Alter des Mitarbeiters und die Einwohnerzahl des Kanzleistandortes. Betrachtet man die Gruppe der Fachangestellten7, so zeigt sich, dass etwa eine in Vollzeit tätige Fachangestellte, die in einer Einzelkanzlei tätig ist, im Mittel ein Einkommen von 1.962 € erzielt. Demgegenüber verdient eine Fachangestellte, die in einer Kanzlei mit mehr als zehn Rechtsanwälten beschäftigt ist, im Mittel 2.503 € monatlich und damit durchschnittlich 541 € mehr. Der gleiche Zusammenhang besteht auch für in Vollzeit tätige Fachwirte: In einer Kanzlei mit nur einem Rechtsanwalt beträgt der durchschnittliche monatliche Bruttolohn eines in Vollzeit tätigen Fachwirts 2.279 €. In Kanzleien mit mehr als zehn Rechtsanwälten verdienen Fachwirte, die in Vollzeit tätig sind, im Mittel 3.151 €. Hier beläuft sich die Differenz sogar auf mehr als 850 €. Es zeigt sich somit eine erhebliche Spreizung der Bruttogehälter in Abhängigkeit von der Größe der Arbeitgeberkanzlei.

Einen merklichen Einfluss auf das Einkommen von Fachangestellten und Fachwirten hat auch deren Alter. So verdienen Fachangestellte mit einem Alter von höchstens 25 Jahren im Mittel 1.884 € pro Monat, Fachangestellte, die 46 Jahre oder älter sind, hingegen 2.660 €. Auch Fachwirte erwirtschaften im Schnitt mit zunehmendem Alter einen höheren Monatslohn. In der Altersgruppe von 26 bis 30 Jahren verdienen sie durchschnittlich 2.559 €, im Alter von 31 bis 45 Jahren liegt das mittlere Monatsbruttoeinkommen bei über 2.700 € und ab einem Alter von 46 Jahren beträgt es durchschnittlich 3.267 €.


Abb. 3: Durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von vollzeitbeschäftigten Fachangestellten und Fachwirten – nach Alterstatistisch signifikanter Zusammenhang (p < 0.05)

Die durchschnittlichen Bruttomonatsgehälter des Fachpersonals steigen auch mit zunehmender Einwohnerzahl der Kanzleistandorte. Sie liegen in Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern 450 € (bei Fachangestellten) bis 600 € (bei Fachwirten) niedriger als in Großstädten mit 500.000 oder mehr Einwohnern. Entsprechend variieren die Gehälter von Fachangestellten auch je nach Kammerbezirk, in dem ihre Arbeitgeberkanzlei liegt. Am höchsten ist das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt von in Vollzeit tätigen Fachangestellten, deren Arbeitgeberkanzlei im Kammerbezirk München liegt: Es beläuft sich auf 2.774 €. Auch in den Kammerbezirken Hamburg (2.597 €) und Frankfurt (2.558 €) verdienen Fachangestellte überdurchschnittlich. Fachangestellte aus den Kammerbezirken Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern (1.783 €), Sachsen-Anhalt/Thüringen (1.722 €) und Sachsen (1.696 €) erhalten hingegen die niedrigsten Monatsgehälter8.

Bei einer Bewertung der Konkurrenzfähigkeit eines Mitarbeitergehalts lohnt also eine differenzierte Betrachtung nach Kanzleistandort, Alter des Mitarbeiters oder Größe der Kanzlei. Während sich für Fachangestellte und Fachwirte bei der Differenzierung nach Alter des Mitarbeiters Gehaltsabweichungen im gehobenen dreistelligen Bereich ergeben, beträgt die Differenz zwischen dem Durchschnittsgehalt für Fachangestellte im best- und schlechtestbezahlten Kammerbezirk sogar mehr als 1.000 €.

III. Freiwillige Zusatzleistungen
Eine Möglichkeit, sich bei Wettbewerb um Personal von konkurrierenden Kanzleien abzuheben oder Mitarbeiterbindung zu generieren, ist die Gewährung von freiwilligen Zusatzleistungen zum Gehalt. Im Rahmen der Studie des Soldan Instituts ließen sich Erkenntnisse dazu gewinnen, welche über das Gehalt hinausgehenden freiwilligen Arbeitgeberleistungen nicht anwaltliche Kanzleimitarbeiter in deutschen Kanzleien erhalten und welcher Urlaub ihnen gewährt wird. Neben einem festen Bruttomonatsgehalt und dem gesetzlichen Urlaubsanspruch trägt die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage und anderer freiwilliger Leistungen zur Zufriedenheit von Arbeitnehmern bei9.


Abb. 4: Durchschnittliches Monatsbruttogehalt von vollzeitbeschäftigten Fachangestellten – nach Kammerbezirk*
* Aufgrund geringer Fallzahlen werden für die Kammerbezirke Braunschweig, Kassel, Saarland  und Zweibrücken keine Durchschnittswerte ausgewiesen.

Nach dem Bundesurlaubsgesetz besteht für alle Arbeitnehmer mit einer 6-Tage-Woche in Deutschland ein Mindesturlaubsanspruch von 24 Tagen pro Jahr, d. h. bei einer üblichen 5-Tage-Woche von 20 Tagen pro Jahr. Tarif- oder individualvertraglich werden aber meist höhere Urlaubsansprüche vereinbart. Kanzleimitarbeiter haben im Durchschnitt einen jährlichen Anspruch auf 26,3 Tage Erholungsurlaub. Er unterscheidet sich bei einer Betrachtung der verschiedenen Mitarbeitergruppen nur in geringem Maße: Fachwirte erhalten im Mittel 27,1 Urlaubstage pro Jahr, Fachangestellte 26,3 Tage, kaufmännische Angestellte 27,0 Tage und Auszubildende 24,5 Tage. 30 und mehr Tage Urlaub im Jahr erhalten lediglich 20 % der Kanzleimitarbeiter, 53 % können mit 25 bis unter 30 Tagen Erholungsurlaub rechnen, 27 % mit 20 bis unter 25 Tagen pro Jahr.

Neben zusätzlichen Urlaubstagen erhalten die Befragten jedoch auch andersartige Leistungen ihrer Arbeitgeber, die über ihre gesetzlichen Ansprüche bzw. ihr Grundgehalt hinausgehen. So erhalten 63 % der Kanzleimitarbeiter als zusätzliche Leistung des Arbeitgebers Weihnachtsgeld bzw. ein 13. Monatsgehalt. Mit 53 % bekommt rund jeder zweite Kanzleimitarbeiter einen Fahrtkostenzuschuss von seinem Arbeitgeber. 30 % erhalten Urlaubsgeld, 20 % eine betriebliche Altersvorsorge und 19 % Verpflegungsleistungen. Geringe Bedeutung hat hingegen eine Umsatzbeteiligung: Diese erhalten 4 % der Kanzleimitarbeiter.


Abb. 5: Freiwillige zusätzliche Arbeitgeberleistungen Aufgrund der Möglichkeit zu Mehrfachnennungen addieren sich die Anteilswerte nicht zu 100 %.

Im Vergleich zu allen Beschäftigten, die keinem Tarifvertrag unterfallen, zahlen Rechtsanwaltskanzleien damit häufiger Weihnachtsgeld bzw. ein 13. Monatsgehalt, aber etwas seltener Urlaubsgeld: Branchenübergreifend erhalten in Deutschland 44 % der Arbeitnehmer ohne Tarifbindung Weihnachtsgeld,10 37 % Urlaubsgeld11.

Im Übrigen zeigen Kanzleien durchaus Kreativität bei der Gewährung sonstiger freiwilliger zusätzlicher Leistungen, von denen immerhin 20 % der Befragten berichten: Genannt wurden hier z. B. vermögenswirksame Leistungen (8 %), Tankgutscheine/Benzingutscheine (4 %), ein „Bonus“ (2 %), die Erstattung von oder ein Zuschuss zu Parkkosten bzw. einem Stellplatz (2 %). Weitere vereinzelte Nennungen betrafen Warengutscheine und Sachleistungen, einen Dienstwagen, ein Jobticket, Handyzuschuss bzw. eine Telefonpauschale und die Erstattung der Kosten für oder einen Zuschuss zu den Kosten für ein Fitnessstudio bzw. zu Fortbildungen oder Lehrmitteln.

Eine differenzierende Betrachtung ergibt, dass sich die Größe der Kanzlei12, die Berufsgruppe, die Einwohner­anzahl des Kanzleistandortes sowie – zumindest in geringem Maß – die Voll- bzw. Teilzeittätigkeit des Mitarbeiters auf die Gewährung von freiwilligen Arbeitgeberleistungen signifikant auswirken.

In größeren Kanzleien erhalten Kanzleimitarbeiter deutlich häufiger freiwillige zusätzliche Leistungen als in kleineren Kanzleien. Dies trifft im Fall von Fachangestellten auf alle abgefragten Zusatzleistungen – außer Verpflegungsleistungen – zu. 45 % der Fachangestellten, die in einer Kanzlei mit nur einem Rechtsanwalt beschäftigt sind, erhalten Weihnachtsgeld oder ein 13. Monatsgehalt, aber 83 % der Fachangestellten aus Kanzleien mit mehr als zehn Rechtsanwälten. Dass ihr Arbeitgeber freiwillig zumindest anteilig die Fahrtkosten übernimmt, berichtet jeder zweite Fachangestellte aus Kanzleien mit nur einem Rechtsanwalt. Auch hier liegt der Anteil in großen Kanzleien signifikant höher (vier bis zehn Rechtsanwälte: 55 %; mehr als zehn Rechtsanwälte: 61 %). Deutlich sind die Unterschiede auch im Hinblick auf Urlaubsgeld: 26 % der Fachangestellten aus Kanzleien mit einem Rechtsanwalt bekommen Urlaubsgeld, aber 40 % der Fachangestellten aus großen Kanzleien, in denen mehr als zehn Rechtsanwälte tätig sind. Betriebliche Altersvorsorge wird in jeder vierten Kanzlei mit zehn und mehr Rechtsanwälten gewährt, in kleineren Kanzleien ist dies weniger oft üblich: 17 % bis 21 % der Fachangestellten aus Kanzleien mit bis zu zehn Rechtsanwälten erhalten eine betriebliche Altersvorsorge.

Bei Fachwirten – die im Vergleich zu Fachangestellten bereits ein höheres Bruttomonatsgehalt erhalten – sind die Unterschiede nach Kanzleigröße weniger stark ausgeprägt. Von abgefragten freiwilligen Zusatzleistungen wird nur Weihnachtsgeld bzw. ein 13. Monatsgehalt signifikant häufiger in großen Kanzleien gezahlt. Fachwirte aus Kanzleien mit einem Rechtsanwalt erhalten in 57 % der Fälle Weihnachtsgeld oder ein 13. Monatsgehalt, solche aus Kanzleien mit mehr als zehn Rechtsanwälten jedoch in 81 % der Fälle. Die übrigen Zusatzleistungen werden Fachwirten in großen Kanzleien nicht signifikant häufiger gewährt als solchen aus Kanzleien, in denen nur ein einzelner Rechtsanwalt tätig ist13.

 

1 Kilian/Dreske (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft 2017/18, 2018, S. 203. Andere Ausbildungsberufe kämpfen mit ganz ähnlichen Problemen, vgl. Matthes/Ulrich/Flemming/Granath, in: BiBB, 2015, S. 1–10.

2 Der Anteil in Vollzeit tätiger Fachangestellter liegt nach dieser Definition bei  47 %. Bei den Fachwirten beträgt er 54 % und bei kaufmännischen Angestellten  38 %.

3 Zur durchschnittlichen Vergütung aller Mitarbeiter siehe Kilian, Personal in Anwaltskanzleien, Essen 2018, S. 98.

4 D. h. alle Dienstleistungen, die nicht der Arbeit der öffentlichen Verwaltung, der Streitkräfte, der Erziehungs- und Bildungseinrichtungen sowie des Gesundheits- und Sozialwesens zugeordnet sind (sog. „market services“).

5 Destatis, Arbeitnehmerverdienste, S. 8.

6 Destatis, Arbeitnehmerverdienste, S. 8.

7 Destatis, Arbeitnehmerverdienste, S. 8.

8 Die Gehälter von Fachwirten lassen sich auf dieser detaillierten Ebene wegen nicht ausreichender Fallzahlen nicht vergleichen.

9 Zur Gehaltszufriedenheit des Fachpersonals Kilian, Personal in Anwaltskanzleien, Essen 2018, S. 114 ff.

10 WSI, Wer bekommt Weihnachtsgeld, S. 1.

11 WSI, Wer bekommt Urlaubsgeld, S. 1.

12 Die differenzierende Betrachtung beschränkt sich auf die Berufsgruppen der Fachangestellten und Fachwirte, da aufgrund geringer Fallzahlen in den übrigen Berufsgruppen keine weitergehende Differenzierung möglich war.

13 Hinsichtlich Besonderheiten in Abhängigkeit von Berufsgruppe, Größe des Kanzleistandorts sowie Voll- bzw. Teilzeittätigkeit des Mitarbeiters sei verwiesen auf die Ausführungen im Forschungsbericht, Kilian, Personal in Anwaltskanzleien, Bonn 2018, S. 109 ff.

beA: Automatisches Verschieben und Löschen von Nachrichten ab dem 1.4.2019

erschienen im KammerReport 3-2019 | 15.06.2019

RA Alfred Gass und RAin
Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin

Ab dem 1.4.2019 werden ältere Nachrichten im beA automatisiert gelöscht. Denn das beA ist kein Archivsystem, sondern hat (neben diversen fachlichen Funktionen) eine ähnliche Funktion wie ein Briefkasten: Man entnimmt eingegangene Post. Antworten auf die wichtigsten Fragen zum automatischen Verschieben und Löschen sind nachfolgend zusammengetragen.

 

Welche Nachrichten werden in den Papierkorb verschoben?

Automatisiert in den Papierkorb verschoben werden

  • gesendete Nachrichten, die länger als 90 Tage im Ordner „Gesendet“ (oder einem Unterordner) liegen, und
  • eingegangene Nachrichten, die länger als 90 Tage im Ordner „Posteingang“ (oder einem Unterordner) liegen, sofern sie bereits „angefasst“ wurden. „Angefasst“ wurde eine Nachricht, die der Postfachinhaber geöffnet oder als gelesen markiert oder in einen anderen Ordner verschoben hat oder die der Postfachinhaber bzw. eine berechtigte Personen exportiert hat.

 

Welche Nachrichten werden gelöscht?

Gelöscht werden (nur) Nachrichten, die länger als 30 Tage im Ordner „Papierkorb“ liegen.

 

Welche Nachrichten sind nicht betroffen?

Nicht automatisiert verschoben werden Nachrichten, die bisher nicht „angefasst“ wurden, sowie Nachrichten, die im Ordner „Entwürfe“ liegen. Nicht automatisiert gelöscht werden Nachrichten, die in anderen Ordnern als dem Ordner „Papierkorb“ liegen.

Hinweis: Bei Nachrichten, die aus dem Ordner „Papierkorb“ in die Ordner „Gesendet“ oder „Posteingang“ (oder einen Unterordner) (zurück-)verschoben werden, beginnt die 90-Tages-Frist zum Verschieben in den Papierkorb erneut zu laufen. Das Verschieben mehrerer Nachrichten auf einmal ist möglich.

 

Kann man gelöschte Nachrichten wiederherstellen?

Nachrichten, die automatisiert aus dem Papierkorb gelöscht wurden, bleiben unwiederbringlich gelöscht.

 

Kann man das Löschen von
Nachrichten verhindern?

Es werden nur Nachrichten gelöscht, die sich im Ordner „Papierkorb“ befinden. Nachrichten, die von dort zurück in den Ordner „Posteingang“ oder „Gesendet“ (oder einen Unterordner) verschoben wurden, werden nicht gelöscht. Das Verschieben löst die 90-Tages-Frist erneut aus. Allerdings: Das beA ist nicht als Archivsystem konzipiert! Nachrichten sollten daher aus dem beA exportiert und i. S. v. § 50 I BRAO zur Akte gespeichert werden.

Hinweis: Wir empfehlen dringend, Nachrichten, die über eine Kanzleisoftware an die Justiz gesendet wurden, über die beA-Webanwendung zu exportieren. Ein valider Zugangsnachweis ist mit dem im Exportcontainer enthaltenen Prüfprotokoll gewährleistet. Die Kanzleisoftwareschnittstelle wird mit der Version 2.2, die im Sommer 2019 zur Verfügung steht, so angepasst, dass ein Export von Nachrichten über Fachsoftware vollständig gewährleistet wird, sobald die Hersteller diese Version integriert haben.

 

Wird man über das automatische Löschen informiert?

Ungelesene Nachrichten, die sich im Papierkorb befinden, lösen 30 Tage, 20 Tage und 10 Tage vor dem endgültigen Löschen eine Warnung aus. Gelesene Nachrichten, die sich im Papierkorb befinden, lösen 10 Tage vor der endgültigen Löschung eine Warnung aus. Diese Benachrichtigungen werden an die vom Postfachinhaber hinterlegte E-Mail-Adresse gesandt.

Hinweis: Um Benachrichtigungen zu erhalten, muss der Postfachinhaber eine gültige E-Mail-Adresse hinterlegen und das Häkchen bei „Benachrichtigungen aktiviert“ setzen.

 

Verschwinden am 1.4.2019 auf einen Schlag alle alten Nachrichten?

Die Prozesse für das automatische Verschieben und Löschen beginnen ab dem 1.4.2019. Sie werden aus technischen Gründen und aufgrund der Heterogenität der Nachrichten schrittweise ausgeführt. Ab Mai 2019 sollen die Prozesse in den Regelbetrieb überführt sein.

Hinweis: Vor dem 11.4.2019 wird keine Nachricht automatisiert gelöscht, da alle jetzt zum Löschen anstehenden Nachrichten zuvor eine Warnung per E-Mail auslösen.

Hinweis: Im Ordner „Papierkorb“ kann man sich die Spalte „endgültiges Löschdatum“ anzeigen lassen. Bis zum Erreichen des Regelbetriebs kann sich dieses Datum nach hinten verschieben. Nachrichten werden auf keinen Fall vor dem angezeigten Datum gelöscht.

 

DAV und BRAK fordern: Rechtsanwaltsgebühren regelmäßig anpassen

erschienen im KammerReport 3-2019 | 15.06.2019

Anlässlich des Antrags der FDP-Fraktion, den der Bundestag am 9. Mai diskutierte, bekräftigen der Deutsche Anwaltverein (DAV) und die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) ihre Forderung nach einer RVG-Anpassung. Damit Anwältinnen und Anwälte wirtschaftlich arbeiten können, muss die gesetzliche Vergütung zumindest die Tariflohnentwicklung widerspiegeln. Lineare Erhöhungen und strukturelle Änderungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) sind notwendig, um den Zugang zum Recht sicherzustellen.

Die Rechtsanwaltsvergütung ist zuletzt 2013 an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst worden. Die Tariflöhne sind seitdem um 16 Prozent gestiegen. Daneben haben sich unter anderem die Gehälter der nicht- anwaltlichen Mitarbeiter und die Mieten erhöht. Daran muss sich, so beide Anwaltsorganisationen, die Anpassung in der Gesamtsumme orientieren.

Der DAV und die BRAK haben der Bundesjustizministerin Dr. Katarina Barley bereits im April 2018 einen Forderungskatalog überreicht, der die Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung beinhaltet. Die Bundestagsfraktion der FDP hatte die Forderung aufgegriffen und beantragt, dass die Bundesregierung noch vor der parlamentarischen Sommerpause ein konkretes Konzept zur RVG-Reform vorlegt. Außerdem solle eine regelmäßige Anpassung in kurzen Abständen gesetzlich verankert werden. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt. Auch sie hatten aber geäußert, dass eine Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung nach vielen Jahren legitim sei.

Zunächst befassen sich die Länder im Rahmen der Justizministerkonferenz am 5./6.6.2019 mit dem Thema. Dann sollen die Ergebnisse einer Evaluierung des Kostendeckungsgrades in der Justiz vorliegen, welche die Justizministerkonferenz in ihrer Frühjahrssitzung 2018 beauftragt hatte; dies war aus dem Bundestag zu vernehmen
(s. Plenarprotokoll v. 9.5.2019, 11877). Die Bundesregierung hat angekündigt, sie wolle danach unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Justizministerkonferenz Eckpunkte für eine Gebührenreform festlegen und zeitnah ein Regelungskonzept erarbeiten. Wann ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung vorliegen wird, bleibt abzuwarten.

Regressansprüche von Rechtschutzversicherungen gegen den Rechtsanwalt

erschienen im KammerReport 3-2019 | 15.06.2019

In jüngster Zeit gab es mehrere Urteile zu Regressansprüchen von Rechtsschutzversicherern aus anwaltlicher Pflichtverletzung gegen Rechtsanwälte, da diese die Mandanten nicht ausreichend über die Aussichtslosigkeit der durchgeführten Prozesse informiert hätten.

Während das Amtsgericht Köln die Klage des Rechtschutzversicherers auf Rückzahlung des Honorars rechtskräftig abgewiesen hat, da die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts aufgrund der zuvor erteilten Deckungszusage treuwidrig sei, haben sowohl das OLG Düsseldorf, das OLG Celle als auch das OLG Hamburg entschieden, dass die Deckungszusagen keinen Einfluss auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Rechtsanwalt hätten und auch keine Einwendungen des Rechtsanwalts gegenüber dem Rechtsschutzversicherer bei auf diesen übergegangenen Regressansprüchen des Versicherungsnehmers begründeten.

Die entsprechenden Urteile:

  • AG Köln, Az.: 142 C 59/18 vom 04.06.2018,
  • OLG Düsseldorf 24. Zivilsenat, Az.: 24 U 28/17 vom 19.12.2017,
  • OLG Celle 4. Zivilsenat,
    Az.: 4 U 104/18 vom 19.09.2018,
  • OLG Hamburg 1. Zivilsenat,
    Az.: 1 U 2/18 vom 27.09.2018.