Gehälter und Gehaltszufriedenheit von Mitarbeitern in Rechtsanwaltskanzleien (Teil 2)

erschienen im KammerReport 4-2019 | 25.09.2019

Prof. Dr. Matthias Kilian /  Wiss. Mit. Christina Esser

Fragen Sie sich bei einem Blick auf die Personalkostenauswertung in Ihrer BWA manchmal, wo Sie mit Ihrem Gehalt im Vergleich mit anderen Kanzleien stehen? Und welche freiwilligen Zusatzleistungen am Markt üblich sind, um die knappe Ressource Fachpersonal nicht nur zu gewinnen, sondern auch an sich zu binden? Dieser Beitrag berichtet über eine empirische Studie des Soldan Instituts zu nichtanwaltlichem Personal in Anwaltskanzleien, für die mehr als 3.000 Fachangestellte, Fachwirte, Auszubildende im Berufsfeld ReNoPat und sonstige kaufmännische Mitarbeiter befragt wurden. Dessen Teil 1, der sich mit der Gehaltssituation befasst, finden Sie im Heft 3/2019 S. 7 ff. abgedruckt. Der nachfolgende Teil 2 beleuchtet die Gehaltszufriedenheit der Mitarbeiter.

IV Gehaltszufriedenheit
49 % der Kanzleimitarbeiter sind eher oder gar nicht zufrieden mit ihrem Gehalt. 22 % sind teils zufrieden, teils unzufrieden und 29 % sind mit ihrem Gehalt sehr oder eher zufrieden. Die Gehaltszufriedenheit ist bei den Fachwirten und kaufmännischen Angestellten deutlich ausgeprägter als bei den Fachangestellten und Auszubildenden: Während 42 % der Fachwirte und 43 % der kaufmännischen Angestellten sehr oder eher zufrieden mit ihrem Gehalt sind, sind dies nur 28 % der Fachangestellten und 11 % der Auszubildenden. Bei den Auszubildenden ist die Unzufriedenheit mit

ihrem Gehalt besonders ausgeprägt: 77 % sind eher oder gar nicht zufrieden mit dem Gehalt. Aber auch die Hälfte der Fachangestellten (50 %), ist eher oder gar nicht zufrieden mit dem Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung. Bei den Fachwirten und kaufmännischen Angestellten sind dies hingegen mit 31 % bzw. 28 % weniger als ein Drittel der Befragten.

Wenig überraschend nimmt mit höherem Gehalt der Anteil der Fachkräfte zu, die mit ihrem Gehalt zufrieden sind. Bei einem monatlichen Einkommen in Höhe von 2.500 €oder mehr gibt jeder zweite Fachangestellte oder Fachwirt an, mit seinem Gehalt eher oder sehr zufrieden zu sein. In dieser Gehaltsgruppe zeigt sich jeder vierte Fachangestellte (26 %) und jeder fünfte Fachwirt (19 %) unzufrieden mit seinem Gehalt.

V Gehalt und Commitment des Arbeitnehmers
Für Arbeitgeber ist die Bindung von Arbeitnehmern an ihren Arbeitsplatz, ihr Commitment gegenüber dem Arbeitgeber, ein für den Unternehmenserfolg zentrales geldwertes Gut: Langfristig tätige Mitarbeiter amortisieren ein in sie getätigtes Investment an Aus-, Weiter- und Fortbildung, ihr Verbleib im Unternehmen macht langwierige, kostenintensive Suche nach Ersatz mit dem Risiko einer Fehlauswahl überflüssig. Naheliegend ist daher eine Überprüfung, welchen Einfluss das Gehalt als solches auf die Bindung eines Kanzleimitarbeiters an die Kanzlei hat, wie also das Gehalt auf das Mitarbeitercommitment einwirkt. Es zeigt sich bei einer solchen Überprüfung, dass die Höhe des gezahlten Gehaltes lediglich bei ReNo-Fachangestellten einen Einfluss auf die Bindung an die Kanzlei hat, und zwar dahingehend, dass in Vollzeit tätige Fachangestellte mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von unter 1.500 €ein signifikant geringeres Commitment haben als ihre Kollegen mit höheren Einkommen1. Bei Fachwirten und Auszubildenden zeigt sich hingegen kein Effekt des Gehalts auf das Commitment.

Diese Ergebnisse gaben Anlass dazu, vertieft in den Blick zu nehmen, welche Aspekte die Zufriedenheit mit dem Gehalt beeinflussen. Um Ein­fluss­aspekte auf die Zufriedenheit mit dem Gehalt herauszufiltern, wurde mithilfe der folgenden im Rahmen der Studie ermittelten Variablen eine sog. lineare Regressionsanalyse durchgeführt:

  • Leader/Member-Exchange-Werte der Führungsqualität des Vorgesetzten2,
  • Werte für die Kommunikationsqualität des Vorgesetzten3,
  • Werte für soziale Unterstützung des Vorgesetzten4,
  • der Stundenlohn,
  • die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten,
  • die Verfügbarkeit von als erforderlich erachteten Arbeitsmitteln und Fortbildungen und
  • bestimmte Lohnzusatzleistungen.

Es zeigten sich je nach Berufsgruppe unterschiedliche Einflüsse dieser Variablen auf die Zufriedenheit mit dem Gehalt. Zunächst gab es Unterschiede zwischen den bereits fertig ausgebildeten Fachkräften und den Auszubildenden: Bei Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und Rechts- und Notarfachwirten ist der rechnerische Stundenlohn der wichtigste Aspekt, um eine Zufriedenheit des Mitarbeiters mit dem Gehalt zu erreichen. Aber auch soziale Unterstützung in der Kanzlei trägt zur Zufriedenheit mit dem Gehalt bei sowie die Führungsqualität und die Kommunikationsqualität des vorgesetzten Rechtsanwalts. Bei den Auszubildenden zeigten sich grundsätzlich geringere Einflüsse als bei den Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und den Rechts- und Notarfachwirten. Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung von Zufriedenheit mit dem eigenen Gehalt ist bei Auszubildenden vor allem die Zahlung eines Fahrtkostenzuschusses.

 

1 Eine detaillierte Erläuterung der empirischen Messung der „Bindung an die Kanzlei“ im Sinne von organisationalem Commitment findet sich bei Kilian/Heckmann, Rechtsanwälte und ihre Mitarbeiter, 2017, S. 115 ff.

2 Zur Leader-Member-Exchange-Theorie ausführlich Kilian/Heckmann, a. a. O.,  S. 71 ff.

3 Zur Bedeutung der Kommunikations­qualität in der Vorgesetzten-Arbeitnehmer-Beziehung Kilian/Heckmann,  a. a. O., S. 93 ff.

4 Zum Konzept der „sozialen Unterstützung“ Kilian/Heckmann, a. a. O., S. 57 ff.

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