Vorsicht im Umgang mit dem insolvenzrechtlichen Mandat

Insolvenz

– Änderungen zum Insolvenzrecht im Zeichen der Covid-19-Pandemie –

erschienen im KammerReport 1-2021 | 19.03.2021

Rechtsanwalt und Notar a. D. Karl F. Hofmeister, Olpe

Wer als Anwalt nicht bereits als Insolvenzverwalter unterwegs ist oder den Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Bereich der Gläubiger- und/oder Schuldnerberatung ausübt, hat es möglicherweise in diesen Zeiten jetzt häufiger mit Mandanten zu tun, die persönlich in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind oder als Geschäftsführer oder Gesellschafter die Insolvenz ihres Unternehmens fürchten müssen. Auch wenn die Zahlen der Insolvenz-anmeldungen in 2020 niedriger waren als in den Vorjahren, muss nach Berechnungen von Creditreform in 2021 mit einer regelrechten Insolvenzwelle gerechnet werden. Dies soll mehr als 24.000 Unternehmen betreffen; auch wird erwartet, dass die Zahl der Privatinsolvenzen in diesem Jahr signifikant auf bis zu 110.000 ansteigen wird.1 Wer sich auf ein neues insolvenzrechtliches Mandat einlässt, sollte wissen, dass zum Jahreswechsel neue Gesetze in Kraft getreten sind, die zu kennen es sich lohnt, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

Der Verfasser des Aufsatzes möchte den Kolleginnen und Kollegen eine Orientierungshilfe geben, die nicht ständig mit dem Insolvenzrecht zu tun haben. Worum geht es?

Es geht um die folgenden Gesetze:

  • Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vom 22.12.2020 („SanInsFoG“)2
  • Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen vom 22.12.2020 („StaRUG“)3
  • Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz vom 27.03.2020 („COVInsAG“)4
  • Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vom 22.12.2020 („VerkG 2020“)5

Mit dem SanInsFoG werden eine Vielzahl von Rechtsordnungen, unter anderem die Insolvenzordnung, das GmbH-Gesetz und mehrere Branchenordnungen geändert. Zugleich hat der Gesetzgeber mit dem SanInsFoG die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 über präventive Restrukturierungsmaßnahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungsmaßnahmen ins deutsche Recht umgesetzt.
Die Regelungen des SanInsFoG erfolgen auch vor dem Hintergrund der erheblichen wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie.

Das StaRUG ist Kernstück und Teil des SanInsFoG (Art. 1). Es soll die Lücke schließen zwischen den bisherigen Möglichkeiten einer vorinsolvenzlichen Sanierung und den Möglichkeiten einer Sanierung innerhalb des Insolvenzverfahrens (Eigenverwaltung, Schutzschirmverfahren). Das StaRUG  eröffnet für  Unternehmen und natürliche Personen, soweit sie selbstständig tätig sind, bei denen die Zahlungsunfähigkeit droht, aber noch nicht eingetreten ist, neue Möglichkeiten zur Sanierung, ohne dass ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Die Publizität des Verfahrens ist auf den Kreis der am Verfahren Beteiligten beschränkt; eine Veröffentlichung findet nicht statt. Wichtigstes Sanierungsinstrument des StaRUG ist der an das Insolvenzplanverfahren angelehnte Restukturierungsplan, der von dem Schuldner eigenverantwortlich und ohne Einbindung des Gerichts mit den Gläubigern verhandelt werden kann. Der Schuldner kann ein gerichtliches Planabstimmungsverfahren durchführen und den Plan gerichtlich prüfen und bestätigen lassen. Hierzu bedarf es der Anzeige seines  Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht6. mit der Folge, dass seine Insolvenzantragspflichten dann ruhen. Der Schuldner hat aber eine  Anzeigepflicht, wenn während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache die Zahlungsunfähigkeit eintritt; dann hebt das Gericht die Restrukturierungssache auf.

Im Mittelpunkt dieser Betrachtung sollen jedoch nicht das StaRUG, sondern die wichtigen Änderungen zum Insolvenzrecht stehen. Diese ergeben sich aus Art. 5 SanInsFoG (Änderungen der InsO), Art. 10 SanInsFoG (Änderungen des COVInsAG) sowie VerkG 2020 (Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens).

A. Änderungen der InsO

1. Änderung bei der Insolvenzantragspflicht

Die bisherige Frist, einen Insolvenzantrag zu stellen, wird bei Überschuldung auf sechs Wochen erweitert.

§ 15 a Abs. 1 InsO n. F. lautet:

§ 15 a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit

1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(2)–(7)

2. Änderungen bei der Haftung wegen verspäteter Insolvenzantragstellung

§ 15 b wird neu eingefügt und regelt zusammenfassend das bisher in verschiedenen Gesetzen normierte Zahlungsverbot nach Insolvenzreife (§§ 64 GmbHG, 92 Abs. 2 AktG). Den Geschäftsleitern trifft eine Ersatzpflicht für Zahlungen, die sie nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung leisten, wenn diese nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind7.

§ 15 b InsO n. F. lautet (auszugsweise):

§ 15 b Zahlungen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Verjährung

(1) Die nach § 15a Absatz 1 Satz 1 antragspflichtigen Mitglieder des Vertretungsorgans und Abwickler einer juristischen Person dürfen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person keine Zahlungen mehr für diese vornehmen. Dies gilt nicht für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind.
(2) Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, gelten vorbehaltlich des Absatzes 3 als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. …
(3)-(8)

3. Insolvenzgründe

Die Insolvenzgründe sind in §§ 17 – 19 InsO geregelt. Die Anwendung und Auslegung ist Rechtsprechungsrecht8. Nach Art. 5 SanInsFoG erfahren die §§ 18 Abs. 2 und 19 Abs. 2 InsO jeweils eine Klarstellung in Bezug auf die Dauer des Prognosezeitraums9. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO definiert den Begriff der insolvenzrechtlichen Überschuldung. Die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften gelten nicht, haben aber nach  der Rechtsprechung indizielle Bedeutung für die rechnerische Überschuldung10.

§§ 18 Abs. 2 und 19 Abs. 2 InsO n. F. lauten (auszugsweise):

§ 18 Drohende Zahlungsunfähigkeit

(1)
(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
(3)

Bisher existierte keine gesetzliche Bestimmung eines Prognosezeitraums für die drohende Zahlungsunfähigkeit. Geschäftsleiter sind jetzt verpflichtet, ihre Liquiditätsplanung stets so auszurichten, dass über einen Zeitraum von zwei Jahren keine Zahlungsunfähigkeit eintritt.

§ 19 Überschuldung

(1)
(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. …
(3)

4. Eigenverwaltung

Mit dem „ESUG“11 wurde zum 01.03.2012 das bereits früher vorhandene Instrument der „Eigenverwaltung“ (§ 270 InsO) gestärkt und als gesonderte Variante das „Schutzschirmverfahren“ (§ 270 b InsO) eingeführt. In § 270 a InsO n. F. sind jetzt die Eingangshürden für die Inanspruchnahme des Eigenverwaltungsverfahrens im Interesse der Gläubiger erhöht. Künftig muss der Schuldner seinem Antrag u. a. eine Eigenverwaltungsplanung, einen Finanzplan für 6 Monate, ein Sanierungskonzept, eine Darstellung des Verhandlungsstandes mit den Gläubigern beifügen und eine Reihe weiterer Erklärungen abgeben (vgl. § 270 a Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und Abs. 2 Nr. 1 bis 3). Das weitere gerichtliche Verfahren ist in §§ 270 b – g, 271, 272 InsO geregelt.

B. Änderungen des COVInsAG

Teil des von dem Gesetzgeber im März 2020 erlassenen COVID-19-Pandemie-Gesetzes sind auch Regelungen zur zeitweisen Modifizierung des Insolvenzrechts. Unter Art. 1 des Gesetzes findet sich das COVID-19-Insolvenz-aussetzungsgesetz (COVInsAG), mit dem die Verpflichtung zur Stellung von Insolvenzanträgen nach § 15 a InsO und § 42 BGB für die Zeit vom 01.03. bis 30.09.2020 ausgesetzt worden war. Die Regelung galt dann nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhte oder keine Aussichten bestanden, eine Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner nicht am 31.12.2019 zahlungsunfähig, wird vermutet, dass Aussichten darauf bestehen, die bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Die Folgen der Aussetzung der Antragspflicht werden in § 2 COVInsAG beschrieben:

Es sind vom Anfechtungsrisiko befreit

  • Zahlungen, die im ordentlichen Geschäftsgang erfolgen,
  • Leistungen, die die Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits bis zum 30.09.2023 und hierfür bestellte Sicherheiten betreffen,
  • Kreditgewährungen und Besicherungen im Aussetzungszeitraum und
  • einige weitere Rechtshandlungen.

Die Regelung des § 1 COVInsAG wurde zunächst mit dem Änderungsgesetz vom 25.09.202012 bis zum 31.12.2020 ausgedehnt, zugleich aber für die Zeit ab dem 01.10.2020 auf solche Fälle beschränkt, bei denen als Insolvenzgrund die Überschuldung vorliegt.

Mit dem Gesetz vom 22.12.2020 wurde dann das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz weiter modifiziert, wobei hier als die wesentlichen Änderungen zu nennen sind:

§ 1 Abs. 3 COVInsAG Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

(3) Vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Januar 2021 ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach Maßgabe des Absatzes 1 für die Geschäftsleiter solcher Schuldner ausgesetzt, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. …

Mit Beschluss der Bundesregierung vom 20.01.2021 wurde die in § 1 Abs. 3 Satz 1 COVInsAG angegebene Aussetzungsfrist bis zum 30.04.2021 verlängert.

§ 4 COVInsAG Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung

Abweichend von § 19 Absatz 2 Satz 1 der Insolvenzordnung ist zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 anstelle des Zeitraums von zwölf Monaten ein Zeitraum von vier Monaten zugrunde zu legen, wenn die Überschuldung des Schuldners auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Dies wird vermutet, wenn
1. der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war,
2. der Schuldner in dem letzten, vor dem 1. Januar 2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat und
3. der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent eingebrochen ist.

§ 5 COVInsAG Eigenverwaltung

Die Regelungen über das Eigenverwaltungsverfahren (s. o.) bleiben anwendbar, wenn das Eigenverwaltungsverfahren zwischen dem 01.01.2021 und dem 31.12.2021 beantragt wird und eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Antragstellers auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Die Ursächlichkeit muss dabei durch Bescheinigung eines Sachverständigen nachgewiesen werden.

C. VerkG 2020.

Die wichtigste Botschaft findet sich in § 287 Abs. InsO. Danach verkürzt sich für Unternehmer und Verbraucher die Frist zur Restschuldbefreiung auf drei Jahre. Die Änderung gilt rückwirkend ab dem 01.10.2020.

§ 287 InsO n. F. lautet (auszugsweise):

§ 287 Antrag des Schuldners

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, …
(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende       Abtretungserklärung beizufügen.
(3)–(4)

Neuerungen gibt es auch bei § 295 InsO, indem weiteres Vermögen (Schenkungen, Gewinne) an den Treuhänder herausgegeben werden muss.

§ 295 InsO n. F. lautet (auszugsweise):

§ 295 Obliegenheiten des Schuldners

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1. …
2. Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3. …
4. Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5. keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

Neu sind im Insolvenzrecht auch einige Regelungen zum Schutz des Schuldners bei selbstständiger Tätigkeit13.
Von Bedeutung ist die Möglichkeit des Schuldners, die Höhe der an den Treuhänder abzuführenden Beträge vom Insolvenzgericht feststellen zu lassen. Dadurch wird sichergestellt, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung nicht deshalb versagt wird, weil er zu niedrige Beträge abgeführt hat.

§ 295 a InsO n. F. lautet:

§ 295a Obliegenheiten des Schuldners bei selbstständiger Tätigkeit

(1) Soweit der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Die Zahlungen sind kalenderjährlich bis zum 31. Januar des Folgejahres zu leisten.
(2) Auf Antrag des Schuldners stellt das Gericht den Betrag fest, der den Bezügen aus dem nach Absatz 1 zugrunde liegenden Dienstverhältnis entspricht. Der Schuldner hat die Höhe der Bezüge, die er aus einem angemessenen Dienstverhältnis erzielen könnte, glaubhaft zu machen. Der Treuhänder und die Insolvenzgläubiger sind vor der Entscheidung anzuhören. Gegen die Entscheidung steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

Erwähnenswert sind noch die Übergangsbestimmungen nach Art. 103 k EGInsO:

Danach werden auf Insolvenzverfahren, die vor dem 01.10.2020 beantragt worden sind, die bis dahin geltenden Vorschriften weiter angewandt mit der Maßgabe, dass für Verfahren, die im Zeitraum vom 17.12.2019 bis zum 30.09.2020 beantragt wurden, sich die Abtretungsfrist nach § 287 Abs. 2 InsO für jeden vollen Monat, der seit dem 16.07.2019 bis zur Antragstellung vergangen ist, um denselben Zeitraum verringert (vgl. § 103 k Abs. 2 EGInsO).

Fazit und Ausblick

Mit den beiden Artikelgesetzen zum SanInsFoG und zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens sind zum Jahresende 2020 zwei wegweisende insolvenzrechtliche Gesetzgebungen in Kraft getreten. Die Novellierung zum Restschuldbefreiungsverfahren schafft für Schuldner, gleichermaßen für Unternehmer wie Verbraucher, einen wesentlich schnelleren Zugang zur Restschuldbefreiung.

Die Maßnahmen des Gesetzgebers zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie führt aber auch zu Belastungen des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs. Mit der Aussetzung wird Unternehmen mit fehlender Sanierungsfähigkeit ein längeres Zuwarten und Weiterwirtschaften ermöglicht, was zu einer fortgesetzten Aufzehrung von Liquidität und Vermögenswerten führt.14

Die falsche Handhabung des Gesetzes birgt für Unternehmer erhebliche Haftungs- und Strafverfolgungsrisiken, insbesondere wenn sie auf finanzielle Hilfen hoffen, die sie nicht oder nicht in dem Umfang erhalten, um eine Insolvenz abzuwenden.15

1 https://www.mittelstandinbayern.de
2 BGBl. 2020 I 3256, Inkrafttreten am 01.01.2021 (Art. 27 SanInsFoG)
3 BGBl. 2020 I 3256, Inkrafttreten am 01.01.2021
4 BGBl. 2020 I 569, Inkrafttreten am 01.03.2020, geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 25.09.2020,  BGBl. 2020 I 2016
5 BGBl. 2020 I 3238, Inkrafttreten am 01.10. u. 31.12.2020
6 vgl. § 34 Abs. 1 StaRUG, in NRW die Amtsgerichte Essen, Düsseldorf und Köln (ein AG je OLG-Bezirk)
7 vgl. BGH, Urt. v. 04.07.2017, Az. II ZR 319/15 zit. n. juris
8 vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2017, Az. II ZR 88/16 zit. n. juris zur Zahlungsunfähigkeit
9 BGH, ZinsO 2018, 815, Tz. 23, zur Fortführungsprognose
10 BGH ZIP 2014, 168, Tz 17
11 Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen; BT-Drs. 17/5712
12 BGBl. 2020 I 2016
13 siehe auch § 35 Abs. 2 und 3 InsO n. F.
14 Heinrich, NZI 2021,74
15 Lutz, Süddeutsche Zeitung, 02.03.2021, S. 18, unter Hinweis auf Christoph Niering, Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID)

Bildnachweis: stock.adobe.com ©Marco2811

Der Anwaltsvertrag als Fernabsatzvertrag

Fernabsatzvertrag

Zu den Informationspflichten beim Anwaltsvertrag als Fernabsatzvertrag

erschienen im KammerReport 1-2021 | 19.03.2021

Ref. iur. Johanna Renkl, Dortmund

A. Vorbemerkung

Nicht nur aufgrund der aktuellen weltweiten Pandemie wird in vielen Bereichen der Gesellschaft immer häufiger auf die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon, Fax, E-Mail, über Mobilfunkdienst versendete Nachrichten oder andere Telemedien zurückgegriffen, wobei nicht zu vergessen ist, dass daneben der traditionelle Brief ebenfalls zu den Fernkommunikationsmitteln zählt.

Auch in den meisten Rechtsanwaltskanzleien wurde der Mandantenverkehr zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 grundlegend eingeschränkt. Vor allem aber nicht nur in diesem Zusammenhang werden neue Mandate immer öfter über die genannten Mittel vereinbart und abgewickelt. Anwälte und Mandanten müssen sich nicht mehr zwangsläufig persönlich begegnen. Ohne Zweifel bietet diese Herangehensweise viele Vorteile, denn sie erleichtert Arbeitsabläufe und ermöglicht Zeitersparnis. Hinzu kommt die gegenwärtig voranschreitende Digitalisierung auch im Anwaltsbereich und in der Justiz. Sogenannte „Legal Tech“-Produkte, d. h. Produkte, die auf Basis von Informations- und Kommunikationstechniken die Automatisierung juristischer Tätigkeiten zum Ziel haben, gehören zum festen Bestandteil des Rechtsmarktes. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen lässt sich vermuten, dass auch über die Grenzen der Pandemie hinaus immer häufiger Mandate über den Fernabsatz angenommen werden, unabhängig davon, ob es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem persönlichen Beratungsgespräch kommen soll.

Für jene, die sich diese Form der Mandatierung zu eigen machen wollen, empfiehlt es sich, einen genaueren Blick auf die in diesem Beitrag zum Gegenstand gemachten Rechtsprechungen des Bundesgerichtshofes zu werfen und zu prüfen, ob ihr Auftreten im Rahmen der (zukünftig) angestrebten Mandate den formellen Anforderungen genügt oder ob im Einzelfall aufgrund der gegebenenfalls bestehenden Informationspflichten Maßnahmen zu ergreifen sind.

B. Grundsätze des Fernabsatzvertrags

Liegt ein Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312c Abs. 1 BGB vor, muss der Unternehmer den Verbraucher über alle wesentlichen Umstände des Vertrags informieren, um ihn einerseits über die für seine Vertragsentscheidung wesentlichen Informationen in Kenntnis zu setzen und andererseits die Basis für eine einfache und effektive Kommunikation mit dem Unternehmer zu schaffen.1 Die in § 312d Abs. 1 i. V. m. Art. 246a § 1 EGBGB normierten Informationspflichten umfassen dabei insbesondere auch die Belehrung über das Bestehen bzw. Nichtbestehen des Widerrufsrechts nach den §§ 355 ff. BGB und das Bestehen eines fakultativ nutzbaren Muster- und Widerrufsformulars.2

Mit der Schaffung dieser Regelungen hat der nationale Gesetzgeber die Verbraucherrechtrichtlinie 2011/83/EU vom 25. Oktober 2011 umgesetzt, welche die Harmonisierung der Verbraucherschutzrechte beim Abschluss von Distanzgeschäften vorgeschrieben hatte. Durch sie soll unter anderem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Verbraucher vor Abschluss des Vertrags die Ware bzw. Dienstleistung nicht prüfen kann. Anknüpfungspunkte des Fernabsatzrechts sind dabei die Vertragsverhandlung und der Vertragsschluss als solcher. Ausnahmen von dem Widerrufsrecht sind vom Gesetzgeber für den Fernabsatzvertrag (und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge) in § 312g Abs. 2 BGB geregelt worden. Ein Widerrufsrecht soll bei Fernabsatzverträgen (und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen) beispielsweise gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht vorliegen, wenn der Vertragsschluss auf eine nur individuell angepasste Dienstleistung gerichtet ist. Gemäß § 356 Abs. 4 S. 1 BGB kann der Verbraucher im Rahmen eines Dienstleistungsvertragsverhältnisses aber auch auf sein Widerrufsrecht verzichten. In diesem Fall erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers hierzu vorliegt. Bei Fernabsatzverträgen muss diese Zustimmung entsprechend dokumentiert werden.3

C. Entscheidung des Bundesgerichtshofs 2017

Bislang ist nur wenigen bewusst, dass der Bundesgerichtshof nach jahrelanger umstrittener Rechtsauffassung bereits 2017 festgelegt hat: „Auch Anwaltsverträge können dem Fernabsatzrecht unterfallen und als solche widerrufen werden.“4 Damit wurde der weitverbreiteten Auffassung eine Absage erteilt, Anwaltsverträge unterfielen der Ausnahme aus § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB, da sie eine auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnittene Dienstleistung darstellen. Der Bundesgerichtshof entschied, eine allgemeine Unanwendbarkeit des Fernabsatzes auf Anwaltsverträge würde der Lebenswirklichkeit nicht gerecht werden und dies vor allem im Hinblick auf die Existenz und Zulässigkeit sogenannter Anwalts- und Steuerberater-Hotlines, Telekanzleien und die Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen über das Internet.5

Voraussetzung für die Annahme eines Fernabsatzvertrages ist lediglich, dass der Vertragsabschluss zwischen Mandant als Verbraucher und Anwalt als Unternehmer ausschließlich durch die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln im Sinne von § 312c Abs. 2 BGB herbeigeführt worden ist und der Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems erfolgt. Ein solches System liegt nach genannter Rechtsprechung regelmäßig zwar nicht bereits vor, wenn „der Rechtsanwalt lediglich die technischen Möglichkeiten zum Abschluss des Anwaltsvertrags wie Briefkasten, elektronische Postfächer und/oder Telefon- und Faxanschlüsse vorhält.“6 Der Gesetzgeber hat jedoch in § 312c Abs. 1 BGB durch die Formulierung „es sei denn“ eine widerlegliche Vermutung für das Vorliegen eines solchen Systems bestimmt, sobald der Vertragsschluss zwischen Verbraucher und Unternehmer ohne persönlichen Kontakt und unter ausschließlicher Nutzung von Fernkommunikationsmitteln stattgefunden hat.7 Die Darlegungs- und Beweislast obliegt damit also grundsätzlich dem Unternehmer. Weil aber mittlerweile nahezu alle Rechtsanwaltskanzleien die genannten technischen Mittel zur schlichten Bewältigung des Arbeitsalltags benötigen, kann sich eine Abgrenzung im Einzelfall als äußerst schwierig gestalten. Der BGH gibt diesbezüglich nur vor, es könne dann von einem für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem ausgegangen werden, „wenn der Unternehmer in seinem Betrieb die personellen, sachlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen hat, die notwendig sind, regelmäßig Geschäfte im Fernabsatz zu bewältigen.“8

In dem entschiedenen Fall aus 2017 hatte eine Anwaltskanzlei geklagt und von ihrem Mandanten die Zahlung des Anwaltshonorars gefordert. Dem Beklagten waren durch Schreiben einer Gesellschaft deren Dienste angeboten und der Beklagte zur Rücksendung eines ausgefüllten Fragebogens und einer Vollmacht eingeladen worden. Beigefügt war unter anderem auch eine auf die klägerische Anwaltskanzlei lautende Rechtsanwaltsvollmacht, die diese der Gesellschaft in Form von Blankoformularen für eine Vielzahl an potenziellen, von der Gesellschaft zu werbenden Mandanten zur Verfügung gestellt hatte. Das Mandat wurde geschlossen und die Interessen des Mandanten vorerst außergerichtlich verfolgt. Nachdem dies erfolglos geblieben und der Mandant eine gerichtliche Inanspruchnahme abgelehnt hatte, hatte die Anwaltskanzlei dem Beklagten die Tätigkeit mit einer 1,3 Geschäftsgebühr in Rechnung gestellt. Der Mandant lehnte die Zahlung ab und widerrief den Vertrag. Der Anspruch der Kanzlei auf Zahlung des Anwaltshonorars entfiel damit rückwirkend. Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, die beweispflichtige Kanzlei habe nicht hinreichend widerlegen können, dass der Vertragsschluss in einem für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem erfolgt sei. Sie habe sich jedenfalls eines fremden Organisations- und Dienstleistungserbringungssystems bedient und auch dies sei ausreichend zur Annahme eines Fernabsatzvertrages.9 Durch die Bereitstellung einer Vielzahl von Blankoformularen und standardisierter Schreiben habe die Kanzlei außerdem auf ein überregionales Massengeschäft abgezielt, das auf Fernkommunikation ohne persönlichen Kontakt ausgerichtet gewesen sei. Da ansonsten alle weiteren Widerrufsvoraussetzungen erfüllt waren, insbesondere eine Widerrufsfrist mangels beigefügter Widerrufsbelehrung gemäß § 356 Abs. 3 S. 1 BGB noch gar nicht in Lauf gesetzt worden war, erteilte das Gericht der Kanzlei eine Absage.

D. Entscheidung des Bundesgerichtshofes 2020

In der Entscheidung vom 19. November 2020 hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsauffassung nun erneut bestätigt. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte nun ein Mandant gegen eine Kanzlei geklagt und die Rückzahlung eines bereits geleisteten Vorschusses gefordert. Die beklagte auf Hochschul- und Prüfungsrecht spezialisierte Kanzlei hatte den Mandanten zunächst telefonisch anwaltlich beraten. Dieser hatte daraufhin eine Honorarvereinbarung unterschrieben und einen entsprechenden Vorschuss gezahlt. Nach dem Gerichtsprozess wurde der Restbetrag gefordert. Der Mandant widerrief jedoch die Honorarvereinbarung und forderte den Vorschuss zurück. Die beklagte Kanzlei erhob Widerklage und forderte die Zahlung des Restbetrags aus der Honorarvereinbarung. Der Bundesgerichtshof gab dem Mandanten Recht und erteilte der Kanzlei so abermals eine Absage. Begründet wurde das Urteil auch hier damit, dass die beweispflichtige Kanzlei nicht das Vorliegen eines organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems widerlegen konnte. Deutlich gemacht wurde im Weiteren: „[…] an die Annahme eines Vertriebs- und Dienstleistungssystems sind insgesamt keine hohen Anforderungen zu stellen. Nur Geschäfte, die unter gelegentlichem, eher zufälligem Einsatz von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden, sollen aus dem Anwendungsbereich des Fernabsatzwiderrufs ausscheiden.“10

E. Fazit

Es stellt sich nun die Frage, wie in der Praxis eine nur gelegentliche Mandatierung ohne persönlichen Kontakt von einem für Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem tatsächlich abgegrenzt bzw. im Einzelfall ein solches Fernabsatzsystem widerlegt werden kann. Der Bundesgerichtshof bleibt in beiden Entscheidungen ein genaues Anforderungsbild schuldig. Zu finden sind lediglich grobe Anhaltspunkte wie der Verweis darauf, dass dem allgemeinen Auftreten einer Anwaltskanzlei im Internet eine erhebliche Bedeutung beizumessen sei oder dass eine planmäßige Werbung mit dem Angebot eines Vertragsschlusses unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln für das Vorliegen einer Fernabsatzorganisation spreche.11

Diese nur wenig differenzierten Vorgaben könnten unter Umständen für viele Kanzleien zum Problem werden, da sie sich zumindest an der Grenze zu einem Fernabsatzsystem befinden dürften. Um den Gefahren des Vertragswiderrufs und dem damit im Zusammenhang stehenden Verlust des Honoraranspruchs zu begegnen, sollte nun jede Kanzlei anhand der vom Bundesgerichtshof angeführten Kriterien überprüfen:

  1. Gibt es im Zusammenhang mit meinem Internetauftritt und/oder meinen Werbeanzeigen Hinweise zur Annahme eines Fernabsatzsystems (zum Beispiel Formulierungen, die auf eine telefonische oder elektronische Betreuung hindeuten)?
  2. Sind meine erstrebten Mandate auf ein überregionales Massengeschäft im Wege der Fernkommunikation ausgerichtet (vergleichbar beispielsweise mit dem Diesel-Skandal und Flugverspätungen etc.)?
  3. Biete ich aktiv die Möglichkeit an, bei Vertragsverhandlungen bzw. bei Abschluss von Mandatsverträgen auf eine gleichzeitige persönliche Anwesenheit von Mandant und Anwalt zu verzichten?
  4. Stelle ich eine Vielzahl von Blankoformularen zur Verfügung?
  5. Ist anderweitig ein organisiertes Fernabsatzsystem erkennbar?

Wer diese Fragen nicht mit einem klaren Nein beantworten kann, dem sei an dieser Stelle anheimgestellt, im Zweifel den entsprechenden Informationspflichten nachzukommen, insbesondere der Anwaltsvollmacht bzw. Honorarvereinbarung eine entsprechende Widerrufsbelehrung beizufügen. Dabei müsste der Mandant vor dem Hintergrund des Transparenzgebotes auf die genauen Umstände des Vertragsverhältnisses hingewiesen werden. Da ein Abwarten der Kanzlei bis zum Ablauf der Widerrufsfrist kaum praxistauglich wäre, müssten Mandanten zusätzlich eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Erklärung unterschreiben, in der sie sich mit der sofortigen Arbeitsaufnahme ausdrücklich einverstanden erklären und gemäß § 356 Abs. 4 S. 1 BGB auf ein etwaiges Widerrufsrecht verzichten. Auf diese Weise bliebe den betroffenen Kanzleien im Nachgang zumindest die Möglichkeit, für bereits geleistete Dienste Wertersatzansprüche im Sinne von § 357 Abs. 8 S. 1 Alt. 1 BGB geltend zu machen.

1 Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, 4. Aufl., 2014, Rn. 267 verweisen auf Schulte-Nölke, Handkommentar BGB, 8. Aufl., § 312b BGB Rn. 1 u. Tamm in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht – Verbraucherrechtsreform 2014, S. 104.
2 Bülow/Artz, a. a. O., Rn. 269 verweisen auf Schirmbacher/Grasmück, ITRB 2014, 20 f. u. Bierekoven, MMR, 2014, 283 f.
3 Palandt/Grüneberg BGB, 78. Aufl. 2019, § 356, Rn. 8 ff.
4 BGH, Urteil vom 23. November 2017 – IX ZR 204/16-, juris, Rn. 11.
5 Ebd., Rn. 14
6 Ebd., Rn. 19.
7 Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 312, Rn. 6
8 BGH, Urteil vom 23. November 2017 – IX ZR 204/16-, juris Rn. 19.
9 Ebd., Rn. 20
10 BGH, Urteil vom 19. November 2020 – IX ZR 133/19-, juris, Rn. 13.
11 Ebd., Rn. 19.

Bildnachweis: stock.adobe.com ©Drobot Dean

Statistisches Berichtssystem für Rechtsanwälte 2020

Statistisches Berichtssystem

Daten zur wirtschaftlichen Lage der Rechtsanwälte im Bezirk der Rechtsanwaltskammer Hamm 2018

erschienen im KammerReport 1-2021 | 19.03.2021

Das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwälte (STAR) ist eine Erhebung des Instituts für Freie Berufe und dient vor allem der Gewinnung von Datenmaterial zur Struktur und Arbeitsumgebung der deutschen Rechtsanwälte, um deren berufliche und wirtschaftliche Lage zu ermitteln. Der Erhebung liegt eine Zufallsstichprobe zugrunde, die für die teilnehmenden Rechtsanwaltskammern auf Grundlage ihrer Mitgliederzahl gezogen wurde.

Im Folgenden werden die zen-tralen Ergebnisse der STAR Befragung 2020 für die Kammer Hamm zusammengefasst. Die Angaben der befragten Berufsträger der Kammer werden dabei denen der anderen West-Kammern gegenübergestellt, was eine bessere Einordnung der Ergebnisse ermöglicht. Für den Kammerbezirk Hamm wurden im Rahmen von STAR 2020 1.369 Rechtsanwälte ausgewählt und angeschrieben. Insgesamt beteiligten sich 259 Berufsträger an der Erhebung, was einer Rücklaufquote von 18,9 Prozent entspricht (vergl. Abb. 1).

Statistik 01

Umsatz und Gewinn

Wenn die zentralen wirtschaftlichen Faktoren Umsatz und Gewinn betrachtet werden, zeigt sich, dass die Befragten der Kammer Hamm hier durchschnittlich meist geringere Werte angeben als dies bei den anderen West-Kammern der Fall ist (vergl. Abb. 1).

Der durchschnittliche persönliche Honorarumsatz selbstständig in eigener Kanzlei tätiger Vollzeit-Rechtsanwälte lag 2018 im Kammerbezirk Hamm in Einzelkanzleien bei 166.000 Euro, in Sozietäten bei 237.000 Euro. Damit lag der durchschnittliche Umsatz von Einzelanwälten in Hamm um ca. 6.000 Euro unter dem entsprechenden Durchschnittsumsatz in den anderen West-Kammern, die an STAR 2020 teilgenommen haben. Dort lag der Durchschnittsumsatz bei 172.000 Euro. In Sozietäten im Kammerbezirk Hamm lag der durchschnittliche persönliche Umsatz um ca. 53.000 Euro unter dem Durchschnittswert von 290.000,00 Euro der Vergleichskammern (vgl. Abb. 2).

Statistik 02

Der durchschnittliche persönliche Jahresüberschuss selbstständig in eigener Kanzlei tätiger Vollzeit-Rechtsanwälte im Kammerbezirk Hamm lag mit 84.000 Euro in Einzelkanzleien im Jahr 2018 genauso hoch wie in den anderen West-Kammern. In Sozietäten lag der Wert im Kammerbezirk Hamm mit etwa 140.000 Euro unter dem Niveau der Vergleichsgruppe, in welcher die personenbezogenen Gewinne 2018 mit 160.000 Euro beziffert wurden (vgl. Abb. 2).

Persönliches Stundeneinkommen

Bei der Betrachtung des persönlichen Stundeneinkommens selbstständiger Vollzeit-Anwälte ergibt sich ein ähnliches Bild: Rechtsanwälte in Einzelkanzleien im Kammerbezirk Hamm kamen auf ein durchschnittliches Stundeneinkommen von 36 Euro, während die Einzelanwälte der anderen West-Kammern bei durchschnittlich 35 Euro pro Stunde lagen. In Sozietäten aus dem Kammerbezirk Hamm wurden im Jahr 2018 pro Arbeitsstunde 59 Euro erwirtschaftet. In der Vergleichsgruppe wurde im Mittel ein Stundensatz von 65 Euro erzielt (vgl. Abb. 3).

Statistik 03

Kosten

Wie in allen Unternehmen fallen auch in Rechtsanwaltskanzleien diverse Kosten an. Mit insgesamt 42,8 Prozent lag 2018 der Kostenanteil am Umsatz in Einzelkanzleien im Kammerbezirk Hamm unter dem Kostenanteil in Einzelkanzleien aus anderen West-Kammern, welcher dort bei 49,8 Prozent gelegen hat. Ebenfalls kostengünstiger als die Sozietäten der Vergleichsgruppe wirtschafteten die Sozietäten im Kammerbezirk Hamm, die mit einem Kostenanteil am Umsatz von 46,5 Prozent unterhalb des Kostenanteils von 50,6 Prozent der Sozietäten aus den anderen westdeutschen Kammern gelegen haben.

Jahresgehälter

Das durchschnittliche Jahresbruttogehalt für Rechtsanwälte, die in Vollzeitarbeit in einer Anwaltskanzlei angestellt sind, lag unter Einbezug eines etwaigen 13./14. Gehalts und sonstiger freiwilliger betrieblicher Leistungen bzw. geldwerter Vorteile im Kammerbezirk Hamm bei 62.000 Euro. Im Vergleich dazu lag das erreichte durchschnittliche Einkommen angestellter Rechtsanwälte in den anderen West-Kammern mit 79.000 Euro deutlich höher.

Berufszufriedenheit und Einschätzung der Lage

Die teilnehmenden Rechtsanwälte wurden zudem um eine Einschätzung ihrer persönlichen beruflichen und wirtschaftlichen Lage gebeten. Hierzu zeigt sich für die Mitglieder der Kammer Hamm, dass 68,7 Prozent mit ihrer Berufswahl zufrieden oder sehr zufrieden sind. Weitere 18,2 Prozent bezeichnen sich als eher zufrieden. Insgesamt sehen somit knapp 87 Prozent der Anwälte ihre juristische Tätigkeit positiv. Rund 8 Prozent geben an, eher unzufrieden mit ihrem Beruf zu sein. Gänzlich unzufrieden sind 4,6 Prozent der Antwortenden aus dem Kammerbezirk Hamm. Das Fazit der Berufsträger aus den anderen West-Kammern fällt zum Kammerbezirk Hamm ähnlich, allerdings etwas positiver aus: Dort sind insgesamt 90 Prozent mit ihrer Berufswahl eher bis sehr zufrieden (vergl. Abb. 4)

Statistik 04

Zur Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Lage teilten knapp 67 Prozent der Mitglieder der Rechtsanwaltskammer Hamm mit, dass sich ihre persönliche berufliche und wirtschaftliche Lage 2018 gestaltete, wie sie angenommen hatten. Bei 19 Prozent übertraf das Jahr 2018 ihre Erwartungen, während es bei den verbleibenden 14 Prozent dahinter zurückblieb.  Im Vergleich dazu beurteilten die Anwälte aus den anderen West-Kammern ihre Situation in 2018 insgesamt gesehen geringfügig positiver: Rund 70 Prozent waren der Ansicht, das Jahr 2018 habe sich wie erwartet entwickelt; weitere 19 Prozent gaben an, dass dieses Wirtschaftsjahr für sie erfolgreicher verlaufen ist, als sie ursprünglich angenommen hatten (vergl. Abb. 5).

Statistik 05

Bildnachweis: stock.adobe.com ©ty

Aktive beA-Nutzungspflicht

Aktive beA Nutzungspflicht

Wo sie bereits gilt – und weshalb sie kein Schreckgespenst ist

erschienen im KammerReport 1-2021 | 19.03.2021

Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke,
Mag. rer. publ., BRAK, Berlin

Zum 1.1.2021 hat das Land Bremen für seine Arbeits-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit (mit Ausnahme des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen) die verpflichtende Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs eingeführt. Bremen ist das zweite Bundesland, in dem Anwält*innen für bestimmte Gerichtszweige einer aktiven Nutzungspflicht für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) unterliegen. Aber was bedeutet das im Einzelnen? Und was gilt, falls dabei etwas nicht richtig läuft? Der Beitrag gibt einen Überblick über Bereiche mit Nutzungspflichten und über Ausnahmen und Heilungsmöglichkeiten.

Ausbau des Elektronischen Rechtsverkehrs in Bremen

Bremen hat die in Art. 24 II des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vorgesehene Option genutzt, die eigentlich erst ab dem 1.1.2022 verpflichtende Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) vorzuziehen. § 46g ArbGG sowie die parallelen Regelungen in § 52d FGO und § 65d SGG, die dies vorschreiben, sind für die Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte (mit Ausnahme des LSG Niedersachsen-Bremen) bereits zum 1.1.2021 in Kraft getreten.

Damit soll der Ausbau des ERV im Land weiter vorangetrieben werden. Die Verwaltungs- und Arbeitsgerichtsbarkeit arbeiten bereits mit vollständig elektronischen Akten. 2021 sollen Finanz- und Sozialgericht sowie die ordentlichen Gerichte folgen. In vielen Bereichen versenden die Bremer Gerichte auch bereits elektronisch.

Aktive Nutzungspflicht in Schleswig-Holstein

Bremen ist nach Schleswig-Holstein das zweite Bundesland, das den verpflichtenden ERV für bestimmte Gerichtsbarkeiten vorzieht. Schleswig-Holstein hatte dies bereits zum 1.1.2020 für seine Arbeitsgerichtsbarkeit getan. Die Bilanz ist bislang aus richterlicher wie anwaltlicher Sicht positiv; davon berichten Steidle/Jähneausführlich im BRAK-Magazin 5/2020, 9. Von den Erfahrungen in beiden Ländern und von erster Rechtsprechung zu den maßgeblichen Vorschriften profitieren Justiz und Anwaltschaft bundesweit.

Die Nutzungspflicht im Detail

Für Anwält*innen bedeutet die Nutzungspflicht: Seit dem 1.1.2021 dürfen sie Schriftsätze an die Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bremen (mit Ausnahme des LSG Niedersachsen-Bremen) nur noch als elektronisches Dokument i. S. v. § 46c ArbGG, § 52a FGO und § 65a SGG – die § 130a ZPO entsprechen – einreichen. Gleiches gilt bereits seit dem 1.1.2020 für die Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein – und wird ab dem 1.1.2022 allgemein gelten.
Bei der Einreichung als elektronisches Dokument sind die formalen Anforderungen nach der ERVV und den dazu erlassenen Bekanntmachungen zu beachten, insb. die Vorgaben zum Dateiformat (PDF/A), zur Durchsuchbarkeit sowie zum Einbetten von Schriftarten, die in §§ 2 I, 5 I Nr. 3 ERVV i. V. m. Nr. 1 ERVB 2019 und Nr. 1 ERVB 2018 niedergelegt sind.

Schriftsätze per beA einreichen: das „kleine Einmaleins“

  • Schriftsatz im Format PDF/A in durchsuchbarer Form (§§ 2 I, 5 I Nr. 3 ERVV i. V. m. Nr. 1 ERVB 2019)
  • Aussagekräftige Dateinamen und Nummerierung für die Anhänge (§ 2 II ERVV)
  • 100 Anhänge mit insgesamt max. 60 MB (§ 5 I Nr. 3 ERVV i. V. m. Nr. 2 ERVB 2018)
  • Einreichen eines qualifiziert elektronisch signierten Schriftsatzes (§ 130a III 1 Alt. 1 ZPO) oder Einreichen auf sicherem Übermittlungsweg (§ 130a III 1 Alt. 2 ZPO), d. h. durch die Anwält*innen selbst aus ihrem eigenen beA (§ 130a IV Nr. 2 ZPO).

Ausführlichere Informationen zum Einreichen per beA finden sich in der Wissensdatenbank zum beA und außerdem regelmäßig im BRAK-Magazin und im beA-Newsletter.

Sofern der Anwältin bzw. dem Anwalt ein Fehler hinsichtlich des Formats unterläuft, z. B. weil ein nicht durchsuchbares Dokument eingereicht wird, kann dieser gem. § 130a VI 2 ZPO geheilt werden. Hierzu muss das Dokument unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachgereicht werden; zudem ist glaubhaft zu machen, dass das nachgereichte mit dem ursprünglichen Dokument inhaltlich übereinstimmt. Die Gerichte haben insofern eine (einmalige) Hinweispflicht gem. § 130a VI 1 ZPO (zum Umfang von Hinweispflicht und Heilung s. BAG, Beschl. v. 12.3.2020 – 6 AZM 1/20).

Nach § 2 III ERVV soll der Nachricht ferner ein strukturierter Datensatz beigefügt werden, der Informationen zum Verfahren enthält. Unterläuft der Anwältin oder dem Anwalt dabei ein Fehler, z. B. ein Zahlendreher im Aktenzeichen, beeinträchtigt das zwar die automatische Zuordnung der Nachricht zu einer Verfahrensakte; es ist aber für die Wirksamkeit der Einreichung unschädlich. Dies entschied jüngst das OLG Zweibrücken (Beschl. v. 7.12.2020 – 1 OWi 2 Ss Bs 165/20).

Was tun, wenn der Versand einmal nicht klappt?

Für den Fall, dass die elektronische Übermittlung technisch vorübergehend nicht möglich ist, erlauben § 46g S. 3 ArbGG, § 52d S. 3 FGO und § 65d S. 3 SGG – ebenso wie die ab 1.1.2022 geltenden § 130d S. 2 ZPO und § 55d S. 3 VwGO – eine Ersatzeinreichung nach den allgemeinen Vorschriften. Dann kann der Schriftsatz ausnahmsweise per Fax oder postalisch eingereicht werden.

Dass die Übermittlung per beA nicht möglich ist, muss bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft gemacht werden (vgl. § 46g S. 4 ArbGG und Parallelvorschriften). Auf Wunsch des Gerichts muss zudem ein elektronisches Dokument nachgereicht werden.

Unterbleibt eine unverzügliche Glaubhaftmachung, ist das Dokument nicht wirksam eingereicht, eine etwaige Klage- oder Rechtsmittelfrist also versäumt. Dies hat das ArbG Lübeck (Urt. v. 1.10.2020 – 1 Ca 572/20, BeckRS 2020, 33224) jüngst klargestellt. Der Anwalt hatte in dem dortigen Fall erst nach 17 Tagen vorgetragen, dass ihm am Tag des Fristablaufs ein Einreichen der Kündigungsschutzklage per beA – das in Schleswig-Holstein damals bereits verpflichtend zu nutzen war – wegen einer Störung des beA nicht möglich war.

Ob der Grund, weshalb eine Einreichung per beA nicht möglich war, aus der Sphäre der Anwältin bzw. des Anwalts stammt, spielt dabei keine Rolle; die Ersatzeinreichung ist verschuldensunabhängig (vgl. ArbG Lübeck, Urt. v. 1.10.2020 – 1 Ca 572/20, BeckRS 2020, 33224 Rn. 79). Die technische Unmöglichkeit kann ihre Ursache z. B. in einer Störung der Justizserver oder des beA-Systems, aber auch in einem Ausfall der Internetverbindung in der Kanzlei o. ä. haben. Technische Nachforschungen sind jedoch nicht gefordert, glaubhaft gemacht werden muss lediglich die vorübergehende technische Unmöglichkeit als solche. Hierzu können u. a. die Störungsmeldungen von Justiz und BRAK genutzt werden.

Informationen bei Störungen im ERV

Störungsmeldungen der Justiz auf Bundes- und Länder-ebene werden tagesaktuell unter https://egvp.justiz.de/meldungen/index.php publiziert.

Störungen des beA-Systems sind in der Störungsdokumentation der BRAK aufgelistet.

Weitere Bereiche mit aktiver Nutzungspflicht

In bestimmten Bereichen ist der ERV bereits seit einiger Zeit zwingend zu nutzen.

Empfangsbekenntnisse sind gem. § 174 IV 3 ZPO elektronisch abzugeben, sofern das Gericht die Zustellung auf elektronischem Weg vorgenommen hat. Dies muss mittels des vom Gericht mitgesandten strukturierten Datensatzes geschehen (§ 174 IV 4 ZPO); sendet das Gericht diesen nicht mit, genügt eine Einreichung gem. § 130a ZPO.

Anträge und Erklärungen und seit dem 1.1.2020 auch Widersprüche im Mahnverfahren dürfen gem. § 702 II ZPO von Anwält*innen nur in maschinell lesbarer Form abgegeben werden (s. http://www.online-mahnantrag.de/). Achtung: Das Barcode-Verfahren, bei dem der Antrag ausgedruckt und postalisch eingereicht wird, ist für Anwält*innen nur noch bis Ende 2021 nutzbar; es wird ab dem 1.1.2022 mit Eintritt der aktiven beA-Nutzungspflicht unzulässig.

Schutzschriften gem. § 945a ZPO müssen Anwält*innen gem. § 49c BRAO an das Schutzschriftenregister einreichen. Dies muss elektronisch geschehen; die Vorgaben der Schutzschriftenregisterverordnung ähneln im Wesentlichen denen nach § 130a ZPO, § 2 ERVV.

Bildnachweis: stock.adobe.com ©Proxima Studio

Information zur freiwilligen gesetzlichen Unfallversicherung

Unfallversicherung

erschienen im KammerReport 1-2021 | 19.03.2021

Angestellte, d. h. auch die juristischen und nicht-juristischen Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei, sind bei einem Arbeits- oder Wegeunfall kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Dies gilt jedoch nicht für selbstständig tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Für sie besteht allerdings die Möglichkeit, sich freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung zu versichern. Informationen dazu hat der BRAK-Ausschuss Sozialrecht in seinen Hinweisen „Gesetzliche Unfallversicherung – nicht nur für Arbeitnehmer!“ erarbeitet. Darin wird dargestellt, welche Unfälle dem Versicherungsschutz unterfallen (etwa Stürze in Kanzleiräumen, Wege zu Gericht oder zu Mandanten u. Ä.). Erörtert werden zudem die Vorteile, die der gesetzliche Versicherungsschutz gegenüber einer privaten Unfall- oder Krankenversicherung hat. Weiterführende Informationen finden Sie unter dem Link:
Hinweise des Ausschusses Sozialrecht „Gesetzliche Unfallversicherung – nicht nur für Arbeitnehmer!“ (Stand: Dezember 2020)

Bildnachweis: stock.adobe.com ©Chinnapong

Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien: aktualisierte Hinweise zur „Abfärberegelung“

Steuerrecht

erschienen im KammerReport 1-2021 | 19.03.2021

Unter dem Titel „Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien – Abfärberegelung des § 15 III Nr. 1 EStG“ hat der BRAK-Ausschuss Steuerrecht eine aktualisierte Standortbestimmung erarbeitet. Grundsätzlich ist die anwaltliche Tätigkeit von der Gewerbesteuer befreit. Bereits kleine Anteile originär gewerblicher Tätigkeit führen allerdings nach der sog. Abfärberegelung des § 15 III Nr. 1 EStG zur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Kanzleileistung. Anhand von sieben Beispielen wird die Thematik anschaulich dargestellt und acht Praxistipps zeigen Wege für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auf, um eine Gewerblichkeit zu vermeiden. Die aktualisierte Auflage bringt u. a. einige Klarstellungen, berücksichtigt eine aktuelle BFH-Entscheidung und enthält erweiterte Fundstellen-Nachweise und Links.

Hintergrund ist, dass gerade einige im Kanzleialltag recht gebräuchliche Konstellationen die Gefahr der Gewerblichkeit bergen. Hierzu zählen etwa die Beschäftigung angestellter Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, das Verbleiben nicht mehr als Anwalt aktiver Partner in der Sozietät, die Tätigkeit als ausschließlich akquisitorisch oder geschäftsführend tätiger Partner, aber auch Tätigkeiten als Datenschutzbeauftragter oder Insolvenzverwalter. Auf derartige Konstellationen geht die Standortbestimmung explizit ein, Sie finden diese unter dem Link:
Standortbestimmung „Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien – Abfärberegelung des § 15 III Nr. 1 EstG“ (Stand: Dezember 2020)

Bildnachweis: stock.adobe.com ©Zerbor