STAR 2022: Einblicke zu nicht-anwaltlichem Fachpersonal in Kanzleien

erschienen im KammerReport 4-2022 | 16.12.2022

Das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (STAR) untersucht mit dem STAR-Bericht 2022 erstmals die Situation von nicht-anwaltlichem Fachpersonal in Kanzleien. Das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (STAR) wurde 1993 von der BRAK ins Leben gerufen. In ihrem Auftrag untersucht das Institut für Freie Berufe (IFB) der Universität Erlangen-Nürnberg regelmäßig die berufliche und wirtschaftliche Lage in der deutschen Anwaltschaft. Die diesjährige Befragung widmete sich dem Einsatz von nicht-anwaltlichem Fachpersonal, also der Frage, wie die Anwaltschaft ihre Fachkräfte einsetzt. Wirtschaftliche Kennzahlen zur Anwaltschaft waren daher in der diesjährigen Umfrage nicht enthalten. Die STAR-Befragung wurde zum ersten Mal rein digital durchgeführt, um möglichst viele Kolleginnen und Kollegen zu erreichen.

Im Fokus der Untersuchung standen unbesetzte Stellen für Rechtsanwalts- bzw. Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, aber auch für sonstiges Kanzleipersonal. Betrachtet wurden außerdem die Arbeitsbedingungen wie etwa Gehälter, erhaltene freiwillige Leistungen, Weiterbildung, Arbeitszeitgestaltung und Einsatzgebiete. Auch die Qualifikationen der Mitarbeitenden und die voraussichtliche Entwicklung des Personalbedarfs wurden erhoben. Zudem wurde insgesamt nach der Nutzung und den Einsatzbereichen von Legal Tech gefragt.

Zu den wichtigsten Ergebnissen zählt, dass gut 25 % der Kanzleien und Unternehmen unbesetzte Stellen vor allem im Bereich des nicht-anwaltlichen Fachpersonals, aber auch bei den sonstigen Büro- oder Schreibkräften haben. Bei Sozietäten mit mehreren Berufsträgern berichten sogar weit über 50 % von unbesetzten Stellen. Den künf­tigen Personalbedarf sieht gut die Hälfte der Befragten als gleichbleibend, gut 28 % gehen von einem steigenden Bedarf an nicht-anwaltlichem Büropersonal aus.

Zur Höhe der Jahresgehälter antworteten die Befragten, dass die durchschnittlich gezahlten Bruttojahresgehälter von in Vollzeit angestellten ReFa-/ReNo-Fachkräften – je nach Berufserfahrung – zwischen 26.000 und 35.000 Euro liegen. Im Westen wird durchschnittlich etwas besser gezahlt. Auch Sozietäten zahlen im Vergleich zu Einzelkanzleien im Durchschnitt mehr. Rechtsfachwirte verdienen ebenfalls besser, konkret zwischen 29.000 Euro und 41.000 Euro, variierend nach Berufserfahrung, Standort und Kanzleigröße. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass es individuell Gehaltserhöhung gebe.

86,4 Prozent der Befragten gaben an, dass sie freiwillige finanzielle Leistungen wie Weihnachtsgeld, Erstattung der Fortbildungskosten, Fahrkostenzuschüsse, vermögenswirksame Leistungen, Urlaubsgeld, betriebliche Altersvorsorge, Überstundenvergütung und Tankgutscheine zahlen.

Als Fazit dieser Erhebung hat sich im Rahmen der bisherigen Auswertung ergeben, dass ReFa-/ReNo-Fachkräften, Rechtsfachwirte, aber auch sonstige Schreibkräfte gesucht sind und es viele unbesetzte Stellen gibt. Das Gehalt variiert je nach Berufserfahrung, Standort und Kanzleigröße. Individuelle Gehaltserhöhungen sind möglich, insbesondere werden freiwillige Leistungen und Weiterbildungen gezahlt. Eine flexible Arbeitszeitgestaltung ist überwiegend möglich. Die Einsatzgebiete sind vielfältig und digitales Arbeiten wird wichtiger. Personalbedarf wird auch zukünftig gesehen. Die Ergebnisse der STAR-Untersuchung 2022 sind auf der BRAK-Website veröffentlicht, Sie können diese unter dem folgenden Link aufrufen:
STAR 2022 – Statistisches Berichtssystem für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte | Bundesrechtsanwaltskammer (brak.de)

Den vollständigen Bericht finden Sie unter diesem Link:
star2022_Bericht_02-11-2022.pdf (brak.de)

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Sicherer Übermittlungsweg für Berufsausübungsgesellschaften? – BRAK und DAV empfehlen qualifizierte ­elektronische Signatur

erschienen im KammerReport 4-2022 | 16.12.2022

Gemäß § 130a Abs. 4 ZPO und den Parallelvorschriften in den übrigen Verfahrensordnungen stellt auch das beA einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft seit dem 01.08.2022 einen sicheren Übermittlungsweg dar. Nach § 59l Abs. 2 BRAO i. V. m. § 23 Abs. 3 RAVPV können berechtigte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte daher grundsätzlich elektronische Dokumente aus dem beA der Berufsausübungsgesellschaft ohne qualifizierte elektronische Signatur wirksam einreichen.

Aufgrund von technischen Gegebenheiten in der Justiz ist es derzeit nicht möglich, dass in den Metadaten der beA-Nachrichten die Identität der im Zeitpunkt des Versands der Nachricht am beA der Berufsausübungsgesellschaft angemeldeten Person übermittelt wird. Es wird daher nur die Information übertragen, dass eine gemäß § 23 Abs. 3 RAVPV berechtigte Person die Nachricht aus dem Postfach der Berufsausübungsgesellschaft versandt hat. Die Identität der konkreten Person wird nicht übermittelt, sodass für die Gerichte auch kein Abgleich möglich ist, ob die den Schriftsatz verantwortende Person mit der ihn versendenden Person identisch ist.

Die Rechtsfrage, ob das Erfordernis der Personenidentität zwischen der verantwortenden Person, die das elektro­nische Dokument einfach signiert, und der die Nachricht versendenden Person auch für den Versand von Nachrichten aus beA der Berufsausübungsgesellschaften gilt, ist bislang ungeklärt. Rechtsprechung zur Nutzung des sicheren Übermittlungswegs durch Berufsausübungs­gesellschaften liegt noch nicht vor.

Zur Vermeidung möglicher Nachteile empfehlen Bundesrechtsanwaltskammer und Deutscher Anwaltverein daher allen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Berufsausübungsgesellschaften tätig sind und Schriftsätze aus dem beA der Berufsausübungsgesellschaften einreichen möchten, ihre Schriftsätze qualifiziert elektronisch zu signieren.

Für den Fall, dass trotz der bestehenden Unsicherheiten das Kanzlei-beA als sicherer Übermittlungsweg ohne qualifizierte elektronische Signatur genutzt werden soll, sollte darauf geachtet werden, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt, die oder der das elektronische Dokument zeichnet, sich auch selbst am Kanzlei-beA angemeldet hat und das Dokument persönlich versendet. Zur Sicherheit sollte sodann ein Auszug aus dem Nachrichtenjournal, welches erkennen lässt, welche Nutzerin oder welcher Nutzer am Kanzlei-beA angemeldet war, zur Akte genommen werden. Damit lässt sich auch später nachweisen, welche Rechtsanwältin oder welcher Rechtsanwalt die Nachricht versandt hat.

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Qualifizierte elektronische Signatur als Fernsignatur Erläuterungen zur Nutzung des Fernsignaturservices in der beA-Webanwendung*

erschienen im KammerReport 4-2022 | 16.12.2022

RAin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

Die beA-Webanwendung unterstützt seit der Version 3.12 den Fernsignaturservice der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer. Mit der Fernsignatur werden qualifizierte elektronische Signaturen (qeS) im Auftrag der Unterzeichnerin oder des Unterzeichners aus der Ferne erzeugt. Das höchstpersönliche qualifizierte Zertifikat befindet sich dabei in der hochsicheren Umgebung der Zertifizierungsstelle. Das zu signierende Dokument verbleibt die ganze Zeit über bei der Rechtsanwältin oder beim Rechtsanwalt und verlässt den Anwender-PC beim Signieren nicht. Der folgende Beitrag erläutert, welche Schritte unternommen werden müssen, um eine Fernsignatur anzubringen.

Um den Fernsignaturservice der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer (BNotK) nutzen zu können, ist ein geeignetes Signaturzertifikat erforderlich. Inhaberinnen und Inhaber eines beA können Fernsignaturen erzeugen, wenn sie eine personengebundene beA-Karte der neuen Kartengeneration nebst PIN besitzen und zu dieser beA-Karte ein qualifiziertes Zertifikat im Fernsignaturdienst bei der BNotK hinterlegt ist. Die beA-Karten der neuen Generation gibt die Zertifizierungsstelle der BNotK derzeit an alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus. Informationen zum Erwerb eines qualifizierten Zertifikats für den Fernsignaturdienst der BNotK haben BRAK und BNotK im beA-Supportportal bereitgestellt.

Wie wird die Fernsignatur angebracht?

Die Fernsignatur kann in verschiedenen Dialogen in der beA-Webanwendung ausgelöst werden:

1. Möglichkeit: Signieren beim Hochladen eines Anhangs

Beim Hochladen eines Anhangs im Nachrichtenentwurf öffnet sich nach Auswahl des Dokuments im Dateisystem ein Dialog, in dem Nutzerinnen und Nutzer Einstellungen vor dem Hochladen des Dokuments vornehmen können (Abb. 1).

Hier kann das Erstellen einer qeS mit der Einstellung „Neue Signaturen erstellen“ vorbereitet werden. Dazu ist es erforderlich, dass die beA-Karte mit hinterlegtem Fernsignaturzertifikat in den Kartenleser eingelegt und die Schaltfläche OK betätigt wird.
Nach einigen Sekunden erscheint die Aufforderung zur Eingabe der PIN. Nach erfolgreicher PIN-Eingabe wird zu dem ausgewählten Dokument eine qualifizierte Signatur im Fernsignaturdienst der BNotK erstellt und gemeinsam mit dem hochgeladenen Dokument dem Nachrichtenentwurf hinzugefügt.
Sollte aufgrund technischer Probleme der Fernsignaturdienst der BNotK nicht erreichbar sein, wird eine Fehlermeldung angezeigt.

2. Möglichkeit: Signieren des bereits hochgeladenen Anhangs

Eine qualifizierte Signatur zu einem Anhang kann wie bisher auch ausgelöst werden, wenn dem Nachrichtenentwurf bereits ein Anhang hinzugefügt ist. Wählen Sie dazu bitte die Schaltfläche mit dem Punkt-Symbol an dem zu signierenden Anhang aus. Starten Sie sodann den unter 1. beschriebenen Signaturvorgang (Abb. 2).

3. Möglichkeit: Stapelsignatur

Sie können auch mehrere Schriftsätze in mehreren Nachrichten im Wege der sog. Stapelsignatur signieren. Aktivieren Sie dazu bitte unter „Signieren“ die Schaltfläche „Schriftsatz“. Starten Sie sodann den unter 1. beschriebenen Signaturvorgang (Abb. 3).

Gibt es Alternativen zur Fernsignatur?

In der beA-Webanwendung können qualifizierte elektronische Signaturen für Dokumente und elektronische Empfangsbekenntnisse auch weiterhin mit dafür geeigneten und unterstützten Signaturkarten erzeugt werden. Eine Übersicht der unterstützten Signaturkarten findet sich in der Anwenderhilfe.

Das beA-System unterstützt die Nutzerinnen und Nutzer bei der Suche nach vorhandenen Signaturzertifikaten: Befindet sich im Kartenleser eine Signaturkarte mit qeS-Zertifikat, so wird das auf der eingelegten Karte gespeicherte qualifizierte Zertifikat angezeigt und verwendet. Befindet sich im Kartenleser eine beA-Karte der neuen Generation, wird geprüft, ob zu dieser Karte ein qualifiziertes Zertifikat im Fernsignaturdienst der BNotK hinterlegt ist.

Nutzung des sicheren Übermittlungswegs

Der sichere Übermittlungsweg ersetzt die Schriftform in gleicher Weise wie die qualifizierte elektronische Signatur. Dokumente genügen daher auch dann der (prozessualen) Schriftform, wenn die Postfachinhaberin oder der Postfachinhaber sich selbst mit der beA-Karte am Postfach anmeldet und dann das Dokument eigenhändig versendet. Zusätzlich ist eine einfache elektronische Signatur erforderlich, also die Angabe des (leserlichen) Namens der verantwortenden Person unter dem elektronischen Dokument.

Das System bringt dann einen sog. vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) an, der bestätigt, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt den Versand eigenhändig vorgenommen hat. Eine zusätzliche qeS ist in diesem Fall nicht erforderlich. Zu beachten ist aber, dass mit der Nutzung des sicheren Übermittlungswegs nur die prozessuale, nicht indes die materiell-rechtliche Schriftform nach § 126a BGB ersetzt wird.

Hinweis zum sicheren Übermittlungsweg für Berufsausübungsgesellschaften

Gemäß § 130a IV ZPO und den Parallelvorschriften in den übrigen Verfahrensordnungen stellt auch das beA einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft seit dem 1.8.2022 einen sicheren Übermittlungsweg dar. Nach § 59l II BRAO i. V. m. § 23 III RAVPV können berechtigte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte daher grundsätzlich elektronische Dokumente aus dem beA der Berufsausübungsgesellschaft ohne qualifizierte elektronische Signatur wirksam einreichen.

Aufgrund von technischen Gegebenheiten in der Justiz ist es derzeit nicht möglich, dass in den Metadaten der beA-Nachrichten die Identität der im Zeitpunkt des Versands der Nachricht am beA der Berufsausübungsgesellschaft angemeldeten Person übermittelt wird. Die Rechtsfrage, ob das Erfordernis der Personenidentität zwischen der verantwortenden Person, die das elektronische Dokument einfach signiert, und der die Nachricht versendenden Person auch für den Versand von Nachrichten aus beA der Berufsausübungsgesellschaften gilt, ist bislang noch ungeklärt.

Zur Vermeidung möglicher Nachteile empfehlen Bundesrechtsanwaltskammer und Deutscher Anwaltverein daher allen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Berufsausübungsgesellschaften tätig sind und Schriftsätze aus dem beA der Berufsausübungsgesellschaften einreichen möchten, ihre Schriftsätze qualifiziert elektronisch zu signieren.

Für den Fall, dass trotz der bestehenden Unsicherheiten das Kanzlei-beA als sicherer Übermittlungsweg ohne qualifizierte elektronische Signatur genutzt werden soll, sollte darauf geachtet werden, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt, die oder der das elektronische Dokument zeichnet, sich auch selbst am Kanzlei-beA angemeldet hat und das Dokument persönlich versendet. Zur Sicherheit sollte sodann ein Auszug aus dem Nachrichtenjournal, welches erkennen lässt, welche Nutzerin oder welcher Nutzer am Kanzlei-beA angemeldet war, zur Akte genommen werden. Damit lässt sich auch später nachweisen, welche Rechtsanwältin oder welcher Rechtsanwalt die Nachricht versandt hat.

*) Erstveröffentlichung im BRAK-Magazin Heft 5/2022.

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Merkblatt „Hinweise zum Umgang mit Microsoft 365 Cloud“

erschienen im KammerReport 4-2022 | 16.12.2022

In einem aktuellen Merkblatt informiert die Bundesrechtsanwaltskammer über Bedenken der Datenschutzbehörden gegen den Einsatz von Microsoft 365 Cloud sowie über berufsrechtliche Implikationen der Nutzung dieses Produkts.

Die BRAK weist darauf hin, dass eine abschließende Empfehlung zum datenschutz- und berufsrechtskonformen Einsatz von Microsoft 365 kaum möglich ist. Die Gründe hierfür liegen in der stetigen Fortentwicklung der Software sowie in den von Microsoft genutzten Auftragsverarbeitungsunterlagen. Gegenwärtig sind der BRAK keine aufsichtsbehördlichen Beanstandungen des Einsatzes von Microsoft 365 in Rechtsanwaltskanzleien bekannt. Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, ob die Datenschutz­behörden aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen Rechtsanwaltskanzleien für notwendig erachten und entsprechende Beanstandungen aussprechen werden. Das Merkblatt können Sie über den folgenden Link aufrufen: Merkblatt

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Schlichtung – Umweg oder Abkürzung zum Ziel?

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erschienen im KammerReport 3-2022 | 20.09.2022

Elisabeth Mette, Schlichterin, Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft

Wenn die Mandantschaft sich weigert, die Kostennote zu begleichen oder wegen angeblicher Schlechtleistung eine Schadensersatzforderung geltend macht, ist die erste Reaktion der betroffenen Anwaltschaft absehbar.

Ob unter hoher Arbeitsbelastung ächzend oder in der Krisenzeit unter wirtschaftlicher Ungewissheit leidend – meist wird ohne Weiteres zunächst eine gerichtliche Klärung ins Auge gefasst. Die Anwaltschaft glaubt fest daran, alles richtig gemacht zu haben, kann ihre Forderungen jedenfalls ausgefeilt begründen, die Gegenforderungen kenntnisreich zurückweisen und ist verfahrensrechtlich versiert. Sie wird der gerichtlichen Auseinandersetzung ohne Scheu entgegenblicken.

Der Impuls, auf die eigene Kompetenz zu vertrauen und täglich geübte Strategien auf den Streitfall mit dem Mandanten anzuwenden, kann leicht dazu führen, sich über die Zielsetzung zu wenig Gedanken zu machen. Vordergründig geht es selbstverständlich darum, eine schnelle und wirtschaftliche Lösung des Konflikts herbeizuführen. Die Gebührenrechnung soll zügig bezahlt, die Schadensersatzforderung als unbegründet zurückgewiesen werden.

Aber ist das wirklich das einzige Ziel? Geht es nur ums Geld oder steht mehr auf dem Spiel? Die mit der Leistung und Gegenforderung unzufriedene Mandantschaft bedroht doch zweifellos die Reputation. In unserer digitalen, transparenten Welt kann dies weitreichende Auswirkungen haben. Das Ansehen der eigenen Person als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt und das des gesamten Berufsstands gilt es daher zusätzlich zu wahren.

Beide Ziele, eine schnelle Konfliktlösung und die Wiederherstellung des Vertrauens, können mit dem Gang zum Gericht nicht erreicht werden. Im besten Fall ist das Klageverfahren innerhalb weniger Monate erledigt und endet vollumfänglich zugunsten des Anwalts. Aber wie realistisch diese ideale Verfahrensdauer in Anbetracht der unterschiedlichen Geschäftsbelastung des zuständigen Gerichts ist, mag jede Anwältin / jeder Anwalt für sich beantworten. Die Aussichten auf einen schnellen gerichtlichen Erfolg werden oft auch dadurch getrübt, dass sich die Prozessrisikoeinschätzung von Rechtsanwältin/Rechtsanwalt und Gericht nicht immer decken. Selbst wenn aber die Mandantschaft unterliegt, verlässt diese den Gerichtssaal als Verlierer. Letzteres wird die Heilung des durch den Streit erlittenen Vertrauensbruchs nicht befördern.

Ist hingegen die Rechtsanwältin / der Rechtsanwalt im Streit mit der Mandantschaft um Gebühren und/oder Schadensersatz bereit, vor der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft einen Einigungsversuch zu unternehmen, wird die Mandantschaft das erfahrungsgemäß als Entgegenkommen bewerten. Rechtsanwälte sind nicht verpflichtet, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen, und beweisen daher Größe, wenn sie es auf sich nehmen, zur Konfliktlösung an dem im Verbraucherinteresse geschaffenen und kostenfrei ausgestalteten Verfahren teilzunehmen. Und kommt es auch noch zu einer Einigung, ist sichergestellt, dass sich der ursprüngliche Konflikt nicht geschäftsschädigend auswirkt. Die Reputation des Rechtsbeistandes hat keinen dauerhaften Schaden erlitten.

Wie ist es aber mit dem angestrebten Ziel, den Streit erfolgreich und schnell zu beenden? Verzögert das dem Gerichtsverfahren vorgeschaltete Schlichtungsverfahren nicht die Streitbeendigung?

Anders als im Gerichtsverfahren gilt für die Verbraucherschlichtung die gesetzliche Garantie, dass innerhalb von 90 Tagen nach Eingang der vollständigen Schlichtungsakte ein Schlichtungsvorschlag unterbreitet wird. Begünstigt wird die Kürze der Verfahrensdauer dadurch, dass in dem schriftlichen und unbürokratischen Verfahren nur der Urkundenbeweis zulässig ist. Aktuell wird der Schlichtungsvorschlag innerhalb von 55 Tagen an die Beteiligten zur Stellungnahme versandt. Und es werden die Bemühungen verstärkt, noch vor der Erarbeitung des Schlichtungsvorschlags eine zügige gütliche Einigung zu erzielen.

Qualitätssichernd ist, dass die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Schlichtungsstelle selbst zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, sie die Finessen des RVG ob ihrer täglichen Beschäftigung mit dieser Materie bestens kennen und die üblichen Kontaktabläufe zwischen Rechtsanwalt und Mandantschaft nachvollziehen können. Nicht selten gelingt es der Schlichtungsstelle, die Mandantschaft davon zu überzeugen, dass die Rechnung korrekt oder ein Schaden nicht entstanden ist. Die Annahmequote der Schlichtungsvorschläge lag 2021 bei gut 62 %.

Zum Fazit: Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft bietet der Rechtsanwaltschaft die Chance, einen Streit mit der Mandantschaft unter Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses schnell und gesetzesorientiert zu beenden. Sie ist eine Abkürzung auf dem Weg zu einer Konfliktlösung, bei der beide Parteien ihr Gesicht wahren.

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Elektronische Zwangsvollstreckung – wie geht das? *

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erschienen im KammerReport 3-2022 | 20.09.2022

Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin

Auch im Bereich der Zwangsvollstreckung gilt für Anwältinnen und Anwälte seit dem 1.1.2022 gem. § 753 V i. V. m. § 130d ZPO die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Daher stellt sich die Frage, wie die verschiedenen Dokumente, die bei der Beantragung von Vollstreckungsmaßnahmen eine Rolle spielen, einzureichen sind. Die BRAK hat gemeinsam mit dem Deutschen Gerichtsvollzieher Bund e. V. (DGVB) einen Katalog erarbeitet, der Antworten auf häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit der elektronischen Zwangsvollstreckung gibt. Sie werden nachfolgend im Überblick dargestellt.

Wie reicht man Vollstreckungsaufträge ein?

Vollstreckungsaufträge müssen gem. § 753a ZPO i. V. m. § 130d ZPO als elektronisches Dokument eingereicht werden. Für Anwältinnen und Anwälte bedeutet dies in erster Linie eine Einreichung per beA (vgl. § 130a IV Nr. 2 ZPO, § 4 I Nr. 1 ERVV).

Gerichtsvollzieher nehmen ebenfalls am elektronischen Rechtsverkehr teil. Sie können entweder direkt adressiert werden oder über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle des zuständigen Amtsgerichts. Einige Amtsgerichte haben spezielle Postfächer für ihre Gerichtsvollzieherverteilerstellen eingerichtet, die, falls vorhanden, hierfür genutzt werden sollten.

Fristwahrende Schriftsätze und Eilt-Anträge sollten telefonisch angekündigt werden, um deren rechtzeitige Bearbeitung sicherzustellen.

Wie legt man den Vollstreckungstitel vor?

§ 754 ZPO verlangt, dass dieser dem Gerichtsvollzieher – zusammen mit dem Vollstreckungsauftrag – in der vollstreckbaren Ausfertigung übergeben wird. Der Titel ist also weiterhin in Papierform einzureichen.

In diesen Fällen entsteht ein zweigeteiltes Verfahren (Hybridverfahren). Dem elektronischen Antrag muss der Titel im Original postalisch nachgesandt werden, am besten mit dem Hinweis, dass bereits ein elektronischer Vollstreckungsantrag vorliegt, und unter Angabe des Datums des Antrags. Die Gerichtsvollzieher bitten darum, in solchen Fällen den Antrag nicht erneut postalisch einzusenden. In nicht eilbedürftigen Fällen empfiehlt es sich, abzuwarten, bis das Gericht die Vorlage des Titels im Original verlangt, und erst dann den Titel unter Angabe des Aktenzeichens zu übersenden; das erleichtert dem Gericht die Zuordnung der Titel.

Ein derartiger Medienbruch ist unbefriedigend und führt zu Verzögerungen, die an sich unnötig wären. Dem Gesetzgeber ist das Problem bekannt, BRAK und Deutscher Gerichtsvollzieherbund haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Vorschriften zur Vorlage von Originalen gerade im Zwangsvollstreckungsrecht angepasst werden müssen. Leider ist dies bislang nicht erfolgt. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist derzeit in der Diskussion. BRAK und DGVB werden sich für eine schnelle Umsetzung einsetzen.

Ein rein elektronisches Verfahren gilt nach § 754a ZPO sowie nach § 829a ZPO für Vollstreckungsbescheide, deren fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderung und Kosten nicht mehr als 5.000 Euro beträgt. In diesen Fällen ist der Vollstreckungsbescheid samt Zustellungsbescheinigung einzuscannen und als elektronisches Dokument vorzulegen (§ 754a I Nr. 3 ZPO). Zusätzlich muss der Gläubiger nach § 754a I Nr. 4 ZPO versichern, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und dass die Forderung in Höhe des Vollstreckungsantrags noch besteht. Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel, kann er die Vorlage des Vollstreckungsbescheids im Original und/oder Nachweise zu den übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen verlangen (§ 754a II ZPO).

Wie reicht man Anlagen ein?

Anlagen sind als PDF einzureichen. Insofern gilt nichts anderes als auch ansonsten im elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten, d. h., die Vorgaben von § 130a ZPO und der ERVV sind zu beachten.

Eine Ausnahme bilden hier, wie bereits erwähnt, die Vollstreckungstitel, die nicht unter §§ 754a, 829a ZPO fallen und zwingend im Original nachzureichen sind.

*) Erstveröffentlichung im BRAK-Magazin Heft 2/2022

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Das beA für Berufsausübungsgesellschaften

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Wer bekommt es und was ist daran besonders?*

erschienen im KammerReport 3-2022 | 20.09.2022

Rechtsanwältin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

Mit dem Inkrafttreten der großen BRAO-Reform am 1.8.2022 ist auch das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) für Berufsausübungsgesellschaften gekommen. Im Folgenden werden die Voraussetzungen für dessen Einrichtung erläutert. Außerdem erklärt der Beitrag die wesentlichen Unterschiede zwischen den persönlichen beA und denen für Berufsausübungsgesellschaften und gibt Hinweise, was es zu beachten gilt.

Am 1.8.2022 ist § 31b BRAO in Kraft getreten. Damit hat der Gesetzgeber die Rechtsgrundlage für die BRAK geschaffen, für jede zugelassene Berufsausübungsgesellschaft ein beA empfangsbereit einzurichten. Gemäß § 59f I BRAO n. F. bedürfen alle Berufsausübungsgesellschaften der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer, es sei denn, es handelt sich um Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natür­lichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder sonstige Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Mitglieder einer Patentanwaltskammer, Steuerberaterinnen/Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüferinnen/Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buch­prüferinnen/Buchprüfer angehören. Für die letztgenannten Personengesellschaften besteht aber die Möglichkeit, freiwillig die Zulassung zu beantragen.

 

Verpflichtendes beA für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften

Für alle zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften richtet die BRAK zwingend ein beA ein. Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Es können also weder zugelassene Berufsausübungsgesellschaften der Einrichtung ihres beA widersprechen noch nicht zugelassene Personen­gesellschaften die Einrichtung eines beA beantragen. Die Einrichtung erfolgt nur über den Weg der (freiwilligen) Zulassung.

Der Automatismus zwischen Zulassung und Einrichtung des beA ist konsequent. Denn gem. § 59l BRAO n. F. können Berufsausübungsgesellschaften als Prozess- und Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden. Sie haben in diesem Fall die Rechte und Pflichten einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts. Da sie also als sog. professionelle Einreicher i. S. d. § 130d ZPO und der Parallel­vorschriften in den übrigen Verfahrensordnungen am (elektronischen) Rechtsverkehr teilnehmen, ist es richtig, dass sie Einreichungen über ein eigenes beA vornehmen und nicht auf den Umweg über die Nutzung des beA eines Gesellschafters oder Vertreters angewiesen sind.

 

Pro Standort ein beA?

Es wäre im Kanzleialltag organisatorisch sehr aufwendig, wenn auch überörtliche Berufsausübungsgesellschaften über nur ein beA ihre gesamte Korrespondenz abwickeln müssten. Aus diesem Grund sieht § 31b IV BRAO n. F. vor, dass die BRAK für jede im Gesamtverzeichnis eingetragene Zweigstelle einer Berufsausübungsgesellschaft auf deren Antrag hin ein weiteres beA einrichtet. Der Antrag ist an die jeweilige Rechtsanwaltskammer zu richten, bei der die Berufsausübungsgesellschaft zugelassen ist.

Mit dieser Regelung wird pro Standort einer Berufsausübungsgesellschaft ein gesondertes beA zur Verfügung stehen können. Es ist indes zu erwarten, dass es in der Praxis zu „Fehlzustellungen“ kommen wird.

Praxistipp: Es empfiehlt sich deshalb, im ersten Schriftsatz jeweils anzugeben, an welchem Standort das Mandat bearbeitet wird und über welches Postfach die Korrespondenz geführt werden soll. Aufgrund der Pflicht, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen (§ 31b V i. V. m. § 31a VI BRAO), dürfte das Argument nicht verfangen, das Dokument sei nicht zugegangen, wenn es im „falschen“ beA eingegangen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte die richtige Korrespondenzadresse in ihren Fachverfahren hinterlegen. Trotzdem sollte jede Berufsausübungsgesellschaft rein vorsorglich organisatorische Maßnahmen treffen, damit „Irrläufer“ unverzüglich und zuverlässig an den Standort weitergeleitet werden, an dem sie bearbeitet werden. Ein Hinweis an das Gericht, welches Postfach richtigerweise zu adressieren ist, dürfte sicherlich ebenfalls hilfreich sein.

 

beA für Berufsausübungsgesellschaften ersetzt nicht persönliches beA

Zu beachten ist, dass das beA für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften neben das persönliche beA einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts treten wird. Es wird es nicht ersetzen.

Das bedeutet für die Praxis, dass besondere Sorgfalt geboten ist und in der Berufsausübungsgesellschaft laufend alle beA von Berufsträgern und Gesellschaft auf Posteingänge hin überprüft werden müssen.

Das heißt aber auch, dass nicht zulassungspflichtige Personengesellschaften genau überlegen sollten, ob ihre Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft allein wegen der Einrichtung eines beAs sinnvoll ist. Die zusätzlichen Kosten und Verpflichtungen sollten sorgfältig gegen den Nutzen abgewogen werden. Möglicherweise reichen das Rollen- und Rechtemanagement und die Einstellung von Sichten in der Postfachübersicht der beA-Webanwendung aus, um Posteingang und -versand zentral zu verwalten.

Hinweis: Informationen und Anleitungen zum Rechtemanagement und zu Sichten sind im beA-Support­portal zusammengestellt.

 

Sicherer Übermittlungsweg für Berufsausübungsgesellschaften

Für die persönlichen beA ist geregelt, dass elektronische Dokumente ohne qualifizierte Signatur schriftformersetzend eingereicht werden können, wenn sie von der verantwortenden Person einfach signiert und über ihr beA bei eigener Anmeldung versandt werden. Das System prüft, ob die Postfachinhaberin bzw. der Postfachinhaber selbst angemeldet ist, und bringt in diesem Fall den sog. Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) an.

Für das beA der Berufsausübungsgesellschaften hat der Gesetzgeber eine etwas großzügigere Lösung gewählt: Die Berufsausübungsgesellschaften bestimmen selbst diejenigen Personen, die über den sicheren Übermittlungsweg elektronische Dokumente einreichen können. Der Personenkreis ist nicht auf die Gesellschafter/-innen und/oder Vertreter/-innen beschränkt. Auch andere in der Berufsausübungsgesellschaft tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte können sog. VHN-Berechtigte sein. Einzige Voraussetzung ist, dass sie als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt zugelassen sind. Eine Meldung an die Rechtsanwaltskammer wird nicht erforderlich sein. Eine entsprechende Änderung des § 31b II BRAO n. F. ist bereits auf den Weg gebracht.

Das Vorgehen ist denkbar einfach: Ein Gesellschafter oder Vertreter, der für die Berufsausübungsgesellschaft handelt, vergibt im Postfach der Berufsausübungsgesellschaft das neue VHN-Recht für eine oder mehrere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Das beA-System prüft die Berufsträgereigenschaft bei jeder Rechtevergabe. Sobald sich der oder die „VHN-Berechtigte“ anmeldet und eine Nachricht versendet, prüft das System, ob ein VHN-Berechtigter im Zeitpunkt des Nachrichtenversands am Postfach angemeldet war. Trifft dies zu, wird der VHN systemseitig angebracht. Der Empfänger kann so feststellen, dass die Nachricht schriftformersetzend über den sicheren Übermittlungsweg versandt wurde. Zu beachten ist aber, dass – ebenso wie bei den persönlichen beA – die Nachricht von der verantwortenden Person einfach signiert wird. Der Name unter dem Schriftsatz muss immer der Name der Person sein, die das Schriftstück über den sicheren Übermittlungsweg versendet.

In allen anderen Fällen ist eine qualifizierte elektronische Signatur weiterhin möglich und auch erforderlich.

 

Technische Voraussetzungen und beA-Karten

Die beA-Karten für Berufsausübungsgesellschaften sind bei der Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer unter Angabe des Namens der Berufsausübungsgesellschaft und der für sie gemäß § 57l II BRAO n. F. handelnden Person bestellbar. Das Bestellportal wurde hierzu überarbeitet.

VHN-Berechtigte benötigen keine neue beA-Karte, sie können ihre persönlichen beA-Karten nutzen.

*) Erstveröffentlichung im BRAK-Magazin Heft 3/2022

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Neue Statistik: Mehr Anwältinnen – Arbeitsrecht beliebteste Fachanwaltschaft

Mitgliederstatistik

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Die Mitgliederstatistik zum 01.01.2022 offenbart erneut Stillstand bis Rückgang bei den Anwaltszahlen – mit Ausnahme der Anwältinnen. Auch bei den Fachanwältinnen und Fachanwälten sind Zuwächse zu vermelden.

Zum Stichtag 01.01.2022 verzeichneten die 28 Rechtsanwaltskammern insgesamt 167.085 Mitglieder (inkl. Gesellschaften). Im Vergleich zum Vorjahr (167.092) bedeutet dies erneut einen – wenn auch geringen – Rückgang um 7 Mitglieder (0,004 %).

Insgesamt waren 0,06 % weniger und damit noch 165.587 Rechtsanwälte* (Vorjahr: 165.680) zugelassen.

Zuwachs gibt es bei den Rechtsanwältinnen. Waren im Vorjahr noch 59.466 und damit 35,9 % Rechtsanwältinnen zugelassen, sind dies 2022 schon 60.057 (36,27 %).

Erneut haben sich die Einzelzulassungen als Rechtsanwalt und Rechtsanwältin zugunsten der Syndikus-Zulassungen deutlich verringert. Zum 01.01.2022 waren 142.822 (Vorjahr: 144.733; -1.911) Rechtsanwälte in Einzelzulassung, 5.149 Syndikusrechtsanwälte (Vorjahr: 4.410; +739) und 17.616 (Vorjahr: 16.537; +1.079) Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte mit Doppelzulassung zugelassen.

Der Frauenanteil ist in allen Zulassungsarten weiter angestiegen, liegt bei den Syndizi jedoch noch einmal deutlich höher als bei den Einzelzulassungen (34,42 %). 44,96 % der doppelt Zugelassenen und sogar 57,7 % der reinen Syndikusrechtsanwälte sind weiblich.

Wie auch in den letzten Jahren ist die Anzahl der Anwaltsnotare weiter rückläufig: Mit 5.015 liegt sie um 2,89 % unter dem Vorjahr (5.164).

Die Zahl der Fachanwälte ist dagegen abermals gestiegen: So gab es zum Stichtag 45.960 Fachanwälte (Vorjahr: 45.732). Davon waren 14.872 Fachanwältinnen (Vorjahr: 14.677). Damit liegt der Frauenanteil weiterhin bei 32,1 %. Gemessen an der Gesamtzahl der insgesamt zugelassenen Rechtsanwälte sind 27,8 % auch Fachanwälte; von den insgesamt zugelassenen Rechtsanwältinnen sind 24,8 % auch Fachanwältinnen.

Die Anzahl der erworbenen Fachanwaltstitel hat ebenfalls weiter zugenommen und beträgt nun insgesamt 58.229 (Vorjahr: 57.861). Davon erwarben 34.901 Rechtsanwälte (davon 12.079 weiblich) einen Fachanwaltstitel, 9.846 Rechtsanwälte (davon 2.577 weiblich) zwei Fachanwaltstitel und 1.213 Rechtsanwälte (davon 216 weiblich) die höchstmöglichen drei Fachanwaltstitel.

Beliebteste Fachanwaltschaft ist nach wie vor die für Arbeitsrecht (11.055). Dieser folgt die Fachanwaltschaft für Familienrecht (9.137), die mit 59 % weiterhin den höchsten Frauenanteil aufweist (Vorjahr: 58,8 %). Gleichzeitig hat sie allerdings neben den Fachanwaltschaften für Steuerrecht, für Sozialrecht und nun auch für Bank- und Kapitalmarktrecht erneut einen Rückgang zu verzeichnen. Die höchsten Zuwächse hatten die Fachanwaltschaften Arbeitsrecht, Verkehrsrecht und Handels- und Gesellschaftsrecht zu verbuchen, gefolgt von Erbrecht, Informationstechnologierecht, Strafrecht und Medienrecht.

*) Der Begriff „Rechtsanwalt“ wird in den Statistiken – außer bei gesondert geführten Einzeldaten – für alle Zulassungsarten und Geschlechter verwendet.

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Unterschreiben Sie leserlich!

Leserlich unterschreiben

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Das Bundesozialgericht entschied mit Beschluss vom 16.2.2022 – Az. B 5 R 198/21 B – dass eine eingescannte Unterschrift nur dann als einfache Signatur anzusehen sei, wenn die Unterschrift entzifferbar sei und damit von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person zugeordnet werden könne, die auch inhaltlich die Verantwortung für das Dokument übernehme.

Das Bundessozialgericht führt zur Begründung an, dass die einfache Signatur gerade sicherstellen solle, dass die von dem Übermittlungsweg beA ausgewiesene Person mit der Person identisch sei, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernehme. Sei die Unterschrift nicht lesbar, könne sie diese Funktion nicht erfüllen. Empfängern eines solchen Dokuments verbleibe dann nur, zu raten, zu vermuten oder zu glauben.

Aus dieser Entscheidung folgt, dass aus Gründen äußer­ster Vorsicht immer der Name unter dem Schriftsatz maschinenschriftlich und damit allgemein lesbar wiedergegeben werden sollte. Ob dann außerdem eine mehr oder weniger lesbare handschriftliche eingescannte Unterschrift hinzugefügt wird, dürfte unschädlich sein.

Die Entscheidung ist über die Frage der Leserlichkeit der Unterschrift hinaus auch deshalb interessant, weil sie unmissverständlich darauf hinweist, dass der schriftformersetzende sichere Übermittlungsweg nur dann eingehalten ist, wenn die verantwortende Person, die das Dokument einfach signiert, mit der des tatsächlichen Versenders, also des Postfachinhabers, übereinstimmt. Auch dieser Punkt ist dringend zu beachten. Vor dem Absenden eines Dokumentes über den sicheren Übermittlungsweg sollte also nicht nur geprüft werden, ob der Postfachinhaber mit seiner eigenen beA-Karte am Postfach angemeldet ist, sondern auch, dass das Dokument seine eigene einfache Signatur trägt und ihn damit als verantwortende Person ausweist.

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Wer muss was wie signieren? – Die digitale Unterschrift im elektronischen Rechtsverkehr*

RAin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Mit dem Inkrafttreten der Pflicht, im Rechtsverkehr Dokumente ausschließlich elektronisch einzureichen, taucht immer wieder die Frage auf, in welcher Form signiert werden muss, um die eigenhändige Unterschrift wirksam ersetzen zu können. Die Antwort lautet: „Kommt darauf an!“ Der Beitrag erläutert, worauf es genau ankommt und welche Regelungen zu beachten sind.

Grundsätzlich gilt: Die Signatur eines elektronischen Dokuments ist immer dann erforderlich, wenn ein Schriftformerfordernis besteht. Dieses kann sich aus materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Vorschriften ergeben.

Die Wahrung der Schriftform im elektronischen Rechtsverkehr

Die Schriftform im elektronischen Rechtsverkehr wird nach § 130a III ZPO und den Parallelvorschriften in den anderen Verfahrensordnungen gewahrt, wenn entweder das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist oder es von ihr signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wird.

Die verantwortende Person ist die Person, die für den Inhalt des Schriftsatzes einsteht, die ihn also unterschreibt. Sie hat zwei Möglichkeiten, ihre Unterschrift in elektronischer Form anzubringen:

Die qualifizierte elektronische Signatur

Die verantwortende Person kann das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen. Dies kann entweder außerhalb des beA-Systems mit einer speziellen Software geschehen oder innerhalb der beA-Webanwendung überall dort, wo die Funktionalität „signieren“ angeboten wird. Für das Anbringen einer qeS ist eine Signaturkarte mit einem Signaturzertifikat erforderlich. Wer bereits im Besitz einer beA-Karte Basis ist, kann das Signaturzertifikat auch nachladen. Die Nutzung der qeS ermöglicht arbeitsteiliges Arbeiten. Mit qeS versehene Schriftsätze können durch Kanzleiangestellte versandt werden.

Der sichere Übermittlungsweg

Alternativ zur qeS kann die verantwortende Person das elektronische Dokument über den sicheren Übermittlungsweg einreichen. Das beA ist gem. § 130a IV ZPO ein sicherer Übermittlungsweg. Bei der Nutzung des sicheren Übermittlungswegs muss der Postfachinhaber sich selbst mit seiner beA-Karte an seinem Postfach anmelden und dann das Dokument eigenhändig versenden. Zusätzlich ist eine einfache elektronische Signatur (eeS) erforderlich.

Dies bedeutet, dass die verantwortende Person ihren Namen unter das elektronische Dokument setzt. Das System bringt beim Versand einen sog. Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) an, dem der Empfänger des Dokuments entnehmen kann, dass der verantwortende Rechtsanwalt oder die verantwortende Rechtsanwältin es bei eigener Anmeldung am Postfach selbst versandt hat. Eine zusätzliche qeS ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Vorsicht bei materiell-rechtlichen Erklärungen!

Mit der Nutzung des sicheren Übermittlungswegs wird nur die prozessuale, nicht indes die materiell-rechtliche Schriftform ersetzt. Enthält der Schriftsatz zusätzlich zu den prozessrechtlichen Anträgen materiell-rechtliche Erklärungen, z. B. die Kündigung eines Mietvertrags, so ist für diese nicht § 130a III ZPO als verfahrensrechtliche Norm, sondern § 126a BGB anwendbar: Das Dokument bedarf des hinzugefügten Namens und einer qeS!

Der Vertretungsfall

Vertretungen haben mehrere Möglichkeiten des wirksamen Einreichens: Entweder nutzen sie das Postfach des Vertretenen. Dann können sie nicht über den sicheren Übermittlungsweg versenden, da Postfachinhaber und verantwortende Person auseinanderfallen. Das Dokument muss mit einer qeS versehen werden. Oder sie nutzen ihr eigenes Postfach. Dann stehen der sichere Übermittlungsweg oder der Versand mit qeS zur Verfügung. In jedem Fall sollte aber ein Hinweis auf den Vertretungsfall erfolgen, sodass klargestellt ist, wer die verantwortende Person ist.

*) Erstveröffentlichung im BRAK-Magazin Heft 1/2022

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