Ausbildung fördern! – Aber wie?

Rechtsanwältin Julia Püngel, Juristische Referentin der RAK Hamm

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Die Ausbildungszahlen für den Ausbildungsberuf zum/r Rechtsanwalts- und Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten gehen immer weiter zurück. Konnten im Jahr 2019 noch 795 Berufsausbildungsverträge bei der Rechtsanwaltskammer Hamm registriert werden, waren es im Jahr 2020 nur noch 642 Verträge. Die Coronapandemie hat ihr Übriges zu einer negativen Tendenz beigetragen, sodass teilweise Fachklassen dieses Ausbildungsgangs aufgrund zu geringer Schülerzahlen geschlossen werden müssen und der Fachkräftemangel damit in Zukunft immer weiter steigen wird. Daher ein Appell an alle Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, Syndikusrechtsanwälte und Syndikusrechtsanwältinnen und Notare und Notarinnen im Kammerbezirk: Bilden Sie aus!

Prüfen Sie Ihre Kanzleikapazitäten und investieren Sie in Ihren eigenen Kanzleibetrieb. Denn nur mit qualifizierten Fachkräften können Anwaltsbüros erfolgreich aufrechterhalten werden.

Alles rund um Ausbildung

Die ersten Fragen, die sich stellen, wenn man sich für die Ausbildung einer/s Rechtsanwalts- oder Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten entschieden hat, lauten oftmals: Wie finde ich Auszubildende oder wie kann ich Ausbildungsstellen ausschreiben? Wer ist zur Ausbildung befähigt? Welche Inhalte muss der Vertrag enthalten? Welche Besonderheiten sind beim Vertragsabschluss zu berücksichtigen?

Um diese ersten Unklarheiten auszuräumen, daher folgende Hinweise und Tipps:

1.  Stellenangebote und -gesuche

Die Rechtsanwaltskammer Hamm hat auf der Ausbildungshomepage der Kammer eine Onlinebörse eingerichtet, auf der kostenlos Stellenangebote und -gesuche eingestellt werden können (http://onlineboerse-rechtsanwaltskammer-hamm.de). Nutzen Sie diese Möglichkeit, um Auszubildende anzuwerben oder zu finden.

Darüber hinaus können auch Ausbildungsplätze in der lokalen Presse inseriert oder auf Internetplattformen zur Job- bzw. Ausbildungssuche eingestellt werden. Auch die örtlichen Arbeitsagenturen sind bei der Stellensuche vermittelnd tätig.

2.  Berufsausbildungsverträge

Wenn dann der oder die richtige Auszubildende gefunden ist, kommt es zum Vertragsabschluss. Hierfür können Sie sich ein Muster des Berufsausbildungsvertrages auf der Ausbildungshomepage der Kammer unter http://www.ausbildung-rechtsanwaltskammer-hamm.de/ herunterladen (Downloads – ReNo – Berufsausbildungsvertrag). Dort finden Sie auch ein Merkblatt, das auf Besonderheiten vertraglicher Inhalte wie z. B. Vergütung, Jahresurlaub etc. hinweist.

Zu den wichtigsten Inhalten Folgendes:

Wer kann ausbilden?Jede/r zugelassene Rechtsanwalt/-anwältin, Syndikusrechtsanwalt/-anwältin, Notar/in.
Wie lange dauert die Ausbildung?
Drei Jahre.

Kann die Ausbildung verkürzt werden?
Ja. Beim Vorliegen einer entsprechenden schulischen Vorbildung (z. B. Abitur oder mindestens theoretischer Teil der Fachhochschulreife) kann die reguläre Ausbildungsdauer um bis zu 12 Monate verkürzt werden. Wenn vorab eine EQ-Maßnahme durchgeführt wurde (s. u.), ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Verkürzung von sechs Monaten möglich.

Wann kann die Ausbildung beginnen?
Die Ausbildung kann ganzjährig und zu jedem Zeitpunkt im Jahr begonnen werden.

Wie viel muss gezahlt werden?
Die Vergütungshöhe richtet sich nach den vom Vorstand beschlossenen Kammerempfehlungen und steigt mit jedem Ausbildungsjahr an. Die Kammer empfiehlt derzeit eine Ausbildungsvergütung von 1.000,00 € (1. Lehrjahr), 1.050,00 € (2. Lehrjahr) und 1.100,00 € (3. Lehrjahr). Eine Unterschreitung von bis zu 20 % ist möglich.

Was ist die Betriebsnummer?
Die Betriebsnummer der Kanzlei muss angegeben werden, damit der Vertrag eingetragen werden kann. Diese kann bei der zuständigen Agentur für Arbeit erfragt werden.

Was ist der Kurzfragebogen zur Berufsbildungsstatistik?
Ganz wichtig ist, dass der sogenannte Kurzfragebogen zur Berufsbildungsstatistik miteingereicht wird, da die Kammer zur Führung bestimmter Statistiken gesetzlich verpflichtet ist. Diesen finden Sie gleichfalls unter der oben genannten Downloadkategorie.

3.  Ausbildungsinhalte

Da es sich um eine duale Ausbildung handelt, werden die angehenden Fachkräfte nicht nur im Betrieb ausgebildet, sondern besuchen auch die Fachklasse des nächstgelegenen Berufskollegs. Für die fachliche Ausbildung in der Kanzlei ist der sogenannte Ausbildungsrahmenlehrplan maßgeblich, an dem sich die Ausbilder/innen orientieren können und sollten. Dieser enthält neben den Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, die zu erlernen sind, auch zeitliche Vorgaben, was in welchem Ausbildungsabschnitt in welchem Umfang vermittelt werden soll. Den ausführlichen Ausbildungsrahmenlehrplan finden Sie unter http://www.ausbildung-rechtsanwaltskammer-hamm.de/wp-content/uploads/2015/05/Ausbildungsrahmenplan_2015.pdf

Besondere Ausbildungsmodelle

Mittlerweile gibt es mehrere Ausbildungsmöglichkeiten und -formen, die eventuell eine Alternative zur üblichen Ausbildung bieten.

1.  Einstiegsqualifizierungsmaßnahme

Bei einer EQ-Maßnahme (sog. Einstiegsqualifizierung) handelte es sich nicht um eine Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz, sondern um ein sozialversicherungspflichtiges Langzeitpraktikum. Schülerinnen und Schüler, die nach ihrem Schulabschluss noch eine Berufsorientierungsphase benötigen, sind für diese Art von Praktikum geeignet. Die Dauer beträgt mindestens 6 Monate, aber höchstens 12 Monate. Die Berufsschule muss von schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern gleichfalls besucht werden. Zudem muss eine Vergütung gezahlt werden, die von der Agentur für Arbeit bezuschusst wird. Für allgemeine und weitere Informationen wenden Sie sich an Ihre örtliche Arbeitsagentur oder schauen Sie unter https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba013244.pdf und https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba014606.pdf.

Eine EQ-Maßnahme dient nicht nur dem Berufseinstieg, sondern auch der Vermittlung beruflicher Handlungsfähigkeit und ist auf eine Übernahme in ein anschließendes Ausbildungsverhältnis angelegt.

Wenn eine EQ-Maßnahme mindestens zehn Monate absolviert wurde und dass schulische Zeugnis eine mindestens ausreichende Leistung aufweist, kann dies zu einer Anrechnung von sechs Monaten auf die vorgeschriebene Ausbildungsdauer von drei Jahre führen.

2.  Teilzeitausbildung

Des Weiteren ist es auch möglich eine Teilzeitausbildung durchzuführen. Die/Der Auszubildende arbeitet dann nicht die üblicherweise vorgesehenen 40 Wochenstunden, sondern bis zu 30, 25 oder 20 Wochenstunden. Weniger als 20 Stunden pro Woche sind nicht zulässig. Anteilig kann dann auch die Vergütung gekürzt werden. Aufgrund der geringeren Ausbildungszeit muss aber auch die Ausbildungsdauer anteilig verlängert werden. Konkret bedeutet dies, dass die Ausbildung um ein halbes Jahr verlängert wird, wenn sich die wöchentliche Arbeitszeit auf 25 bis 29 Stunden beläuft. Werden 20 bis 24 Stunden pro Woche abgeleistet, verlängert sich die Ausbildung um ein ganzes Jahr.

3.  Verbundausbildung

Darüber hinaus ist eine sog. Verbundausbildung möglich. Hierbei sind z. B. Unternehmen und Anwaltskanzleien als Ausbilder im Ausbildungsvertrag eingetragen. Das heißt, dass einige Ausbildungsabschnitte im Unternehmen und einige Teile der Ausbildung in der Kanzlei absolviert werden. So können sich die Verbundpartner in fachlicher Hinsicht ergänzen und damit eine qualifizierte Ausbildung nach den Vorgaben des Ausbildungsrahmenlehrplans gewährleisten. Voraussetzung ist jedoch, dass beide Verbundpartner über einen fachlich geeigneten Ausbilder verfügen (zugelassene/r Anwalt/Anwältin, Notar/in oder Syndikusrechtsanwalt/-anwältin). Intern können die Verbundpartner die entstehenden Kosten etc. für die Ausbildung teilen. Maßgeblich ist aber, dass die vertraglichen Vereinbarungen (Vergütung, Jahresurlaub etc.) den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Auch Kanzleien können sich als Verbund zusammenschließen.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben und/oder Informationen benötigen, melden Sie sich gerne bei der Kammergeschäftsstelle unter info@rak-hamm.de oder 02381-985000 oder besuchen Sie die Ausbildungshomepage der Rechtsanwaltskammer Hamm unter http://www.ausbildung-rechtsanwaltskammer-hamm.de. Wir unterstützen Sie!  

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10 Probleme im internationalen Geschäftsverkehr

10 Probleme im internationalen Rechtsverkehr

Liste häufiger Probleme im internationalen Geschäftsverkehr und die Haftung der Geschäftsleitung

RA Dr. Tim-Werner Linne, Bad Salzuflen

erschienen im KammerReport 2-2022 | 27.06.2022

Seit dem 1.1.2022 ist die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für professionelle Einreicher obliga­torisch. Dies bedeutet, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Schriftsätze, Anträge und Erklärungen den Gerichten nur noch in elektronischer Form übermitteln dürfen. Doch was ist zu tun, wenn die Justiz aus tech­nischen Gründen nicht auf elektronischem Wege erreichbar ist?

Wir sehen immer wieder Fälle im internationalen Warenverkehr, bei denen eine deutsche Muttergesellschaft mit ausländischen Tochtergesellschaften für Handel und Produktion beteiligt sind, bei denen den Unternehmen aufgrund von Unachtsamkeiten größere Schäden entstehen. Mit diesem Beitrag wollen wir Sie in der Beratung von Mandanten mit internationalem Geschäft für einige Punkte sensibilisieren. Gerade das internationale Geschäft birgt viele Risiken, die uns als Anwälte im rein innerdeutschen Geschäftsverkehr sonst nicht betreffen.

Es ist auch nicht unüblich, dass damit gleich zwei Rechtsordnungen betroffen sind, auch wenn es eine Rechtswahlklausel gibt, da sachenrechtliche Problematiken (beispielsweise eine wirksame Verpfändung oder beim Arrest) sich häufig ausschließlich und nicht dispositiv nach dem Recht des Ortes richten, an dem die Sache belegen ist.

In einigen Fällen haben sich die untenstehenden Risiken kumuliert und zu erheblichen Schäden geführt, die sich bei ordentlicher Beratung hätten vermeiden lassen.

Steht der ausländische Kunde eines Mandanten ggf. kurz vor einem Insolvenzverfahren oder ist zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig und es sind bereits Rechnungen in einer Höhe fällig, für die die Sicherungsmittel nicht ausreichen, ist es natürlich problematisch, einfach weiter zu liefern. Trotzdem haben wir dies bei einigen Mandanten beobachtet, die scheinbar damit Umsatzziele halten oder erreichen wollten.

Proklamiert dieser Kunde dann aber, dass seine Insolvenzgefahr vor allem auch durch die Lieferverzögerung des Mandanten hervorgerufen wurde und sich die Insolvenzgefahr künftig eher vergrößern würde, drohen ggf. Regressforderungen, falls ohne ausdrücklich nachvollziehbare Gründe die weiteren Lieferungen eingestellt werden.

Besteht der Kunde dann noch darauf, dass sich Ihr Mandant an die Lieferverpflichtung halten müsse und trotz der unbezahlten und fälligen Rechnungen weitere Lieferungen erfolgen sollen, besteht höchste Gefahr.

Wenn dann die produzierte Ware am freien Markt nicht gut verkäuflich ist (ggf. weil Trademark-Rechte dies verhindern oder es sich um sehr spezielle Produkte oder Einzelanfertigungen handelt) sind fast alle Druckmittel für eine Einigung verloren und Ihr Mandant begibt sich vollständig in die Abhängigkeit des Kunden.

Liefert man weiter, wird sich das Risiko für Ihren Mandanten weiter vergrößern, liefert man nicht weiter, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit der Schaden realisieren und der Kunde ins Insolvenzverfahren gehen und versuchen, ggf. Schadenersatz von Ihrem Mandanten zu verlangen.

Gerade aggressive Investoren/Geschäftsleute nutzen solche Schwächen bewusst aus.

Aufgrund der Komplexität und Vielfalt der möglichen Fallstricke empfiehlt es sich daher rechtzeitig zu prüfen, ob an alle wesentlichen Punkte gedacht wurde. Wir haben daher eine kurze (nicht abschließende) Liste von den Top 10 Punkten erstellt, die jedes international agierende Unternehmen regelmäßig durch seinen Anwalt prüfen sollte, wobei es sich empfiehlt, dass dieser den Vorgang vor allem auch dokumentiert, damit sich Geschäftsleiter später ggf. exkulpieren können. Dies gilt umso mehr, als neuerdings aufgrund des StaRUG erhöhte Anforderungen an Geschäftsleiter gestellt werden, Risiken frühzeitig zu beobachten, zu bewerten und zu erkennen. Andernfalls droht ggf. eine persönliche Haftung der Geschäftsleiter.

Forderungsabsicherung – Ein Risikomanagementsystem muss bei Erreichen von z. B. 90 % der verantwortbaren Kreditlinie und bei Überziehen der Kreditlinie (Sicherheiten) automatisch warnen. Dann muss auch eine Reaktion erfolgen; die Warnung allein genügt nicht. Eine geeignete Reaktion könnte sein, keine weiteren Aufträge mehr entgegenzunehmen, bis die Sicherheiten erhöht wurden. Es muss im Vorfeld schon im Unternehmen kommuniziert werden, was genau in diesen Fällen zu geschehen hat, und es darf nicht dem Zufall überlassen werden, ob rechtzeitig und angemessen reagiert wird.

Akkreditiv / Letter of Credit – Der Wortlaut von einigen Letter of Credit / Akkreditiven / Bankgarantien ist oftmals nachteilig. Man sollte und muss den Wortlaut für einen LC vorgeben bzw. Sie sollten für Ihren Mandanten ein Muster entwerfen. Im Wortlaut kommt es sehr darauf an, dass keine Anknüpfungspunkte für die Bank gefunden werden können, um die Auszahlung zu verweigern oder erheblich zu verzögern. Andernfalls kann sich das Sicherungsmittel später als wertlos entpuppen.

Eigentumsvorbehalt – Eigentumsvorbehalt ist im internationalen Verkehr oft keine sinnvolle Sicherungsmethode, wenn die Ware de facto an andere Kunden unverkäuflich ist. Dies kann der Fall sein, da die Ware durch Trademarks gesichert ist und keine Lizenzvereinbarung besteht oder dass es sich um quasi unverkäufliche Spezialteile handelt, die nur von dem ursprünglichen Kunden verwendet werden können. Alternative Sicherungsmittel können Versicherungen, Garantien / Factoring etc. sein.

Schwimmende Ware sichern – Es sollten Orderkonnossement mit Indossament „Bill of Lading to order” ausgestellt werden bzw. eindeutig geregelt sein, dass alle Dokumente (auch alle Kopien/Durchschläge), die das Eigentum repräsentieren, bis zur vollständigen Bezahlung nur beim Verkäufer verbleiben. Andernfalls gibt man mit der Übergabe der Waren an den Transporteur die vollständige Kontrolle über die Waren auf.

Bestellungen – Kunden sollten nach Möglichkeit nur Bestellformulare nutzen, die von Ihnen anwaltlich geprüft sind und auf denen klar die AGB abgedruckt sind. Unklarheiten, wie die Bestellung zustande gekommen ist und welche Bedingungen dann genau gelten, können so vermieden werden.

Bestellbestätigungen – Bestellbestätigungen sollten nach Möglichkeit unverbindlich bezüglich des Liefertermins sein und mittels von Ihnen anwaltlich geprüften Formulars erfolgen. Werden Bestellungen formlos bestätigt, besteht das Risiko, dass ein unerwünschter Vertrag zustande kommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn schon nicht ein eigenes Bestellformular genutzt wurde.

AGB – Gibt es wirksame (?) und aktuelle AGB und wurden Sie tatsächlich auch wirksam einbezogen? Empfangsbestätigung und Einverständniserklärung mit Unterschrift und Stempel einer zeichnungsberechtigten Person sind im internationalen Verkehr fast immer Voraussetzung für die Gültigkeit der AGB. Gerade deutsche Unternehmen, vernachlässigen häufig die Einbeziehung der AGB, da dies nach deutschem Recht bekanntlich außergewöhnlich einfach angenommen werden kann. Einkaufsbedingungen der Gegenseite sollten abgelehnt werden und deren Ablehnung ordentlich dokumentiert werden. Oftmals sind solche Einkaufsbedingungen einseitig vorteilhaft für den Kunden und nicht für Ihren Mandanten. Können sie nicht abgelehnt werden, müssen die sich daraus ergebenen Risiken bekannt sein und auch in den Preis einkalkuliert werden.

Lieferverträge – Existieren Rahmenliefer- bzw. Verkaufsverträge und werden diese im täglichen Geschäft auch wirklich so eingehalten? Geschäftsbeziehungen beginnen häufig mit einer einzelnen Bestellung (PO) oder im kleinen Rahmen, sodass kein ausdrücklicher schriftlicher Liefervertrag geschlossen wird. Dies kann sich nach einigen Jahren schnell als großer Fehler herausstellen, wenn die Geschäftsbeziehung erheblichen Umfang angenommen hat und es über viele Punkte keine klaren Regelungen gibt. Wenn dies erst im Krisenfall auffällt, ist es häufig zu spät, größeren Schaden abzuwenden.

Marken – Warenzeichen – Trademarks – Lizenzvereinbarungen – Sind (also in allen Ländern), wo es in den nächsten 5 Jahren wichtig sein könnte, alle Trademarks in allen wichtigen Klassen und für den richtigen Inhaber registriert und gibt es wirksame Lizenzverträge? Aus deutscher steuerlicher Sicht gilt dies auch zwischen der inländischen Kapitalgesellschaft und ausländischen Tochtergesellschaften! Auch für Start-ups drohen steuerliche Probleme, wenn Marken vorschnell für natürliche Personen registriert werden und diese Person später Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft wird. Hier kann eine Treuhandvereinbarung und der richtige Zeitpunkt der Markenanmeldung eine steuerliche Betriebsaufspaltung verhindern. Produziert, handelt oder verkauft Ihr Mandant Ware mit fremden Trademarks, sollte regelmäßig (einmal pro Jahr) geprüft werden, wer der jeweilige Inhaber der Lizenzen / Trademarks ist und ob mit diesem eine wirksame Lizenzvereinbarung geschlossen wurde. Andernfalls drohen Regressforderungen und Abmahnungen.

Incoterms – Wird die richtige Incoterm-Klausel genutzt? Spätestens seit dem Update der Incoterms 2020 ist die FOB-Klausel für den Containerverkehr weltweit nicht mehr die richtige, denn sie ist primär für Stückgutverkehr gedacht. Es sollte also, je nachdem wer für den Import, die Verpackung und für die Versicherung zuständig ist, die richtige Klausel gewählt werden, die auch Akkreditiv-gerecht sein muss.

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Technische Probleme bei der Einreichung per beA – was ist zu tun?

Elektronische Empfangsbekenntnisse

Die Ersatzeinreichung bei vorübergehenden technischen Störungen

 RAin Julia von Seltmann, Berlin
(Vorveröffentlichung im BRAK-Magazin 6/2021)

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Seit dem 1.1.2022 ist die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für professionelle Einreicher obliga­torisch. Dies bedeutet, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Schriftsätze, Anträge und Erklärungen den Gerichten nur noch in elektronischer Form übermitteln dürfen. Doch was ist zu tun, wenn die Justiz aus tech­nischen Gründen nicht auf elektronischem Wege erreichbar ist?

Die Ersatzeinreichung
Der Gesetzgeber hat in den Verfahrensordnungen in der seit dem 1.1.2022 jeweils geltenden Fassung festgelegt, dass eine Einreichung von Schriftsätzen, Anträgen und Erklärungen bei vorübergehender Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung aus technischen Gründen nach den allgemeinen Vorschriften zulässig bleibt.

§ 130d ZPO lautet seit dem 1.1.2022 wie folgt:

§ 130d – Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und Behörden
Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

Die übrigen Verfahrensordnungen werden Parallelvorschriften enthalten.

Vorübergehende Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung

Die Ersatzeinreichung ist nur in Fällen einer vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung zulässig. Die professionellen Einreicher sind dadurch nicht von der Notwendigkeit entbunden, die erforderlichen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen.

Unmöglichkeit aus technischen Gründen

Die elektronische Einreichung muss aus technischen Gründen nicht möglich sein. Dabei spielt es nach dem Willen des Gesetzgebers keine Rolle, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichenden zu suchen ist. Denn auch ein vorübergehender Ausfall der technischen Einrichtungen des Rechtsanwalts soll dem Rechtsuchenden nicht zum Nachteil gereichen.

Störungen in der Sphäre des Rechtsanwalts

In der Sphäre des Rechtsanwalts sind verschiedene technische Störungen denkbar. Am häufigsten dürften ­Störungen der Internetverbindung, technische Probleme in der IT-Infrastruktur der Kanzleien sowie auf das beA-System bezogene Störungen auftreten. Bedienfehler sind keine technischen Störungen in der Sphäre des Rechtsanwalts. Die verschiedenen Fehlercodes des beA-Systems sind auf der Seite des beA-Anwendersupports erläutert: https://portal.beasupport.de/external/knowledge-base/category/16. Die Erläuterungen zu den Fehlercodes helfen auch dabei, einen Bedienfehler von einer technischen Störung zu unterscheiden.

Störungen in der Sphäre der Justiz

Die Einreichung kann auch wegen Störungen aus der Sphäre der Justiz technisch unmöglich sein. So können etwa Störungen im EGVP-System dazu führen, dass die Empfangseinrichtungen i. S. d. § 130a V 1 ZPO nicht zur Verfügung stehen. Denn ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Steht diese nicht zur Verfügung oder ist diese aus dem beA-System heraus nicht erreichbar, liegt eine technische Störung vor, die die erfolgreiche Übermittlung elektronischer Dokumente unmöglich macht. Derartige Störungen sind wie folgt zu erkennen:

  • Störung bei der Adressierung des Gerichts

Beim Nachrichtenversand kann die Meldung „Ungültige Empfänger“ (Fehlercode 03-022) auftauchen. Sie werden in der Meldung darauf hingewiesen, dass die Nachricht nicht verarbeitet wurde und das nicht empfangsbereite Empfängerpostfach wird in der Meldung angegeben.

  • Störung beim Nachrichtenversand an das Gericht

Wenn die Meldung „Aufgrund technischer Probleme sind die Suchergebnisse möglicherweise unvollständig“ erscheint, so deutet dies darauf hin, dass einzelne oder alle Intermediäre der Justiz nicht erreichbar sind.

Der erfolgreiche Versand einer Nachricht ist stets anhand der automatisierten Eingangsbestätigung des Gerichts zu prüfen. Diese wird in der gesendeten Nachricht durch die Meldung „Request executed“, den Übermittlungscode „0800“ sowie den Übermittlungsstatus „Erfolgreich“ dokumentiert. Nach dem Exportieren der Nachricht aus dem „Gesendet“-Ordner erscheinen diese Angaben auch in der Exportdatei (*_export.html). Ist statt des Übermittlungscodes „0800“ ein anderer Code eingetragen, so darf nicht von einer erfolgreichen Übermittlung der Nachricht ausgegangen werden.

Glaubhaftmachung

Die Voraussetzungen, die zu einer Ersatzeinreichung führen, also die technische Unmöglichkeit einschließlich ihrer vorübergehenden Natur, sind glaubhaft zu machen. Zulässige Mittel der Glaubhaftmachung sind alle Beweismittel i. S. v. §§ 355-455 ZPO, sofern sie präsent sind. Zulässige Mittel der Glaubhaftmachung sind weiter die Versicherung an Eides statt sowie sonstige geeignete Mittel wie die anwaltliche Versicherung, schriftliche Erklärung von Zeugen, ­Privatgutachten, (unbeglaubigte) Kopien oder Lichtbilder.

Beispiele:

  • Belege des Internetproviders für eine Störung des Internetzugangs,
  • die eidesstattliche Versicherung des IT-System­administrators der Kanzlei über (genau beschriebene) Infrastrukturprobleme der IT,
  • die anwaltliche Versicherung, dass eine (genau beschriebene) Störung der IT-Infrastruktur vorlag,
  • die eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten, dass Störungen vorlagen,
  • die Anfertigung von Fotos und/oder Screenshots über Fehlermeldungen oder Störungsbeschreibungen,
  • Ausdrucke der Störungsmeldungen der Justiz auf egvp.de oder der Störungsdokumentation der BRAK für das beA-System auf https://www.brak.de/w/files/02_fuer_anwaelte/bea/bea-stoerungsdokumentation.pdf
  • die schriftliche Erklärung des beA-Anwendersupports über das Vorliegen einer Störung.

Da es um die technische Unmöglichkeit geht, ist ferner das Nichtvorliegen eines Bedienungsfehlers glaubhaft zu machen. Für den Fall einer fehlgeschlagenen Adress-Suche hatte das LAG Schleswig-Holstein (Beschl. v. 08.04.2021 – 1 Sa 358/20) entschieden, dass ein konkreter Vortrag erforderlich sei, warum kein Bedienfehler vorliege. Objektive Angaben zu den Eingaben in das Programm und Glaubhaftmachungen zu den Anzeigen und Reaktionen auf der Bildschirmoberfläche seien erforderlich, um die Reaktion der Software zu belegen. Dazu lägen die Erstellung von Screenshots oder andere Dokumentationen nahe, um die Fehlerhaftigkeit der Software zu belegen. Auch eine Auswertung der Metadaten des Programms sei ein mögliches Mittel zur Glaubhaftmachung, dass es sich tatsächlich um eine technische Störung und nicht um einen Bedienfehler handele.

Die Glaubhaftmachung sollte möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung erfolgen. Jedoch sind Situationen denkbar, in denen der Rechtsanwalt erst kurz vor Fristablauf feststellt, dass eine elektronische Einreichung nicht möglich ist und bis zum Fristablauf keine Zeit mehr verbleibt, die Unmöglichkeit darzutun und glaubhaft zu machen. In diesem Fall ist die Glaubhaftmachung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nachzuholen.

Ausnahmsweise Übermittlung nach allgemeinen Vorschriften

Ausnahmsweise ist die Übermittlung nach den allge­meinen Vorschriften zulässig. Allgemeine Vorschriften sind die Übermittlung per Post, das Einlegen in den (Nacht-)Briefkasten des Gerichts oder die Übermittlung per Telefax. Die Ersatzeinreichung ist nur für die Dauer der Störung zulässig. Ist diese behoben, muss die Einreichung auf elektronischem Wege erfolgen.

Auf Anforderung des Gerichts sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte verpflichtet, eine Einreichung in ­elektronischer Form nachzuholen.

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Welche beA-Karte passt zu mir?

Welche beA-Karte passt zu mir?

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Immer wieder erreichen die RAK Hamm Fragen, welche beA-Karte man ab 01.01.2022 benötigt, also ob die beA-Karte Basis reicht oder die beA-Karte Signatur benötigt wird.

Wenn der Urheber des elektronischen Dokuments selbst aus seinem eigenen beA versendet und den Schriftsatz mit einer einfachen elektronischen Signatur (eeS), d. h. dem gedruckten Namen der verantwortenden Person am Ende des Schriftsatzes, versieht, ist bei einem formwirksamen Versand an ein Gericht keine qualifizierte elektronische Signatur (qeS) erforderlich. Denn dann bringt das beA-System den sog. Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) an und das Dokument wird damit formwirksam an das Gericht übermittelt (vgl. § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO).

Wenn aber andere Personen die Versendung übernehmen, d. h. Kanzleimitarbeiter oder Vertreter, so fallen Urheber und Versender auseinander und eine qeS ist erforderlich (s. auch weiter unten).

Gleiches gilt für den Fall, dass der Schriftsatz materiell-rechtliche Erklärungen enthält, die der Schriftform unterliegen. Auf diese Fälle sind die prozessualen Vorschriften nicht anwendbar.

Daher die Antwort: Es ändert sich durch die Einführung der aktiven Nutzungspflicht nichts daran, dass eine beA-Karte Basis für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (ERV) ausreicht, solange die versandten Schriftsätze keine materiell-rechtliche Erklärungen enthalten und der Urheber des elektronischen Dokuments dieses aus seinem eigenen beA versendet.

 

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Kündigung anwaltlicher Sammelanderkonten durch Banken

Bankgebäude

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Mehrere Banken kündigen aktuell die Sammelanderkonten von Anwältinnen und Anwälten, nachdem die BaFin ihre Auslegungshinweise zur Geldwäscheprävention geändert hatte. Die Rechtsanwaltskammern und die BRAK setzen sich mit Nachdruck für eine schnelle Lösung dieser prekären Situation ein.

Nach einer Umfrage der BRAK, an der über 9.600 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte teilgenommen haben, haben 21 % eine bankseitige Kündigung ihrer anwaltlichen Anderkonten erhalten. Die Auswertung der Ergebnisse bestätigt die Befürchtung, dass es sich um ein systemisches Problem großen Ausmaßes handelt. Knapp 21 % der teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erhielten eine Kündigung für das Sammelanderkonto durch ihre Bank, 2,4 % für ihre Einzelanderkonten. In über 72 % aller Fälle wurde als Begründung das Geldwäschegesetz, in knapp 56 % die Auslegungshinweise der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als Kündigungsgrund genannt. Über 26 % der Banken gaben (zusätzlich) an, durch die Kündigung Aufwand und/oder Kosten reduzieren zu wollen. Fast 86 % aller fraglichen Kündigungen wurden im Jahr 2022 ausgesprochen.

BRAK-Vizepräsidentin Ulrike Paul wandte sich mit ­Schreiben an das Bundesjustizministerium, das Bundesfinanzministerium, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie den Bundesverband deutscher Banken. Sie wies darauf hin, dass Anwältinnen und Anwälte berufsrechtlich verpflichtet sind, Fremdgelder zu separieren; sie seien daher auf Anderkonten angewiesen, um sich rechtskonform zu verhalten. In den von allen Rechtsanwaltskammern und der BRAK veröffentlichten Auslegungs- und Anwendungshinweisen zum Geldwäschegesetz, die regelmäßig aktualisiert werden, sei im Detail aufgeführt, welche Sorgfaltspflichten Anwältinnen und Anwälte zur Geldwäscheprävention zu erfüllen haben.

Zu den Kündigungen von Anderkonten sahen sich die Banken durch eine Änderung der Auslegungs- und Anwendungshinweise der BaFin für den Finanzsektor veranlasst. Darin wurden die Anderkonten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie Notarinnen und Notaren aus der Niedrigrisikogruppe gestrichen. Allein dies begründet jedoch kein erhöhtes Geldwäscherisiko durch Anwältinnen und Anwälte. Die Kündigungen sind vorschnell erfolgt und stellen die betroffenen Kolleginnen und Kollegen vor erhebliche Probleme. Ihnen liege ein Generalverdacht gegenüber der Anwaltschaft zugrunde, der nicht hinnehmbar ist.

 

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Entschädigungen nach dem IfSG für betroffene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Anwältinnen und Anwälte, die von der Corona-Pandemie betroffen sind, können Entschädigungen nach dem IfSG beanspruchen. Der BRAK-Ausschuss Sozialrecht hat seine Handlungshinweise hierzu aktualisiert.

Ein Anspruch auf Entschädigung von Verdienstausfällen gem. § 56 IfSG besteht im Zusammenhang mit einer durch die zuständige Behörde angeordneten Quarantäne bzw. einem Tätigkeitsverbot; dies gilt jedoch nicht für eine freiwillige Quarantäne. Neben dem Verdienstausfall können Selbstständige ggf. auch für Betriebsausgaben in angemessenem Umfang entschädigt werden. Zudem besteht der Entschädigungsanspruch gem. § 56 Ia IfSG für Verdienstausfälle von Eltern wegen der Schließung von Kitas und Schulen.

In seinen Handlungshinweisen erläutert der BRAK-Ausschuss Sozialrecht die Anspruchsvoraussetzungen sowie die in § 56 I 4 IfSG geregelten Ausschlussgründe. Außerdem gibt er einen tabellarischen Überblick über die in den einzelnen Bundesländern zuständigen Stellen mit weiterführenden Links u. a. zu Online-Anträgen.

Die Handlungshinweise wurden auf den Stand des zum 12.12.2021 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie gebracht. Die überarbeiteten Hinweise finden Sie unter dem Link

Informationen des BRAK-Ausschusses Sozialrecht zu Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (Stand: Januar 2022)

 

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Elektronischer Rechtsverkehr: aktive Nutzungspflicht seit 01.01.2022

Wahlen zur Kammerversammlung

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Seit dem 1.1.2022 müssen professionelle Einreicher wie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und Behörden Dokumente in elektronischer Form an Gerichte übermitteln. Die BRAK hat eine Reihe unterstützender Materialien dazu veröffentlicht.

Sämtliche Prozessordnungen sehen seit dem 1.1.2022 vor, dass Dokumente in elektronischer Form an Gerichte zu übermitteln sind. Die entsprechenden Regelungen finden sich in § 130d ZPO n. F., § 32d StPO n. F., § 55d VwGO n. F., § 46g ArbGG n. F., § 52d FGO n. F., § 65d SGG n. F.; eine Ausnahme bildet nur das BVerfGG. Eine Einreichung auf dem bisherigen Weg per Post bzw. Fax ist nur noch als Ersatzeinreichung im Falle technischer Störungen möglich. Ergänzende Regelungen zu den formalen Anforderungen an elektronische Dokumente enthalten die Elek­tronischer Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) und die dazu ergangene Bekanntmachung (ERVB 2022).

Die BRAK hat hierzu eine Reihe von Materialien bereitgestellt, um den Einstieg für Kolleginnen und Kollegen zu erleichtern, die das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) bislang im Kanzleialltag noch nicht genutzt haben. Hierzu zählen u. a. die Serie „Erste Schritte“ im beA-Newsletter sowie Checklisten und FAQ zur Vorbereitung. Umfangreiche Informationen und Anleitungen zur Nutzung der beA-Webanwendung sind zudem in der beA-Anwenderhilfe und im beA-Supportportal gesammelt, zu diesen können Sie unter den folgenden Links gelangen

beA-Anwenderhilfe

beA-Supportportal

 

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Die Mitwirkungspflicht nach § 52 Abs. 1 und Abs. 6 GwG im Spannungsverhältnis zur Selbstbelastungsfreiheit und Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts

Rechtsanwältin Lena Koch, juristische Referentin der Rechtsanwaltskammer Hamm

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Gemäß §§ 50 Nr. 3, 51 Abs. 1 und Abs. 2 Geldwäschegesetz (GwG) ist die Rechtsanwaltskammer die zuständige Aufsichtsbehörde für Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG. Im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe kann die Rechtsanwaltskammer die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen treffen, um die Einhaltung der im GwG und der aufgrund des GwG ergangenen Rechtsverordnungen festgelegten Anforderungen sicherzustellen. Gemäß § 51 Abs. 3 S. 1 und S. 2 GwG kann die Rechtsanwaltskammer bei den Verpflichteten Prüfungen zur Einhaltung der im GwG festgelegten Anforderungen durchführen. Die Prüfungen können auch ohne besonderen Anlass vor Ort und anderswo erfolgen. Das GwG schreibt für die Rechtsanwaltskammern zwingende Prüf-, Berichts- und Meldepflichten vor, §§ 44, 51 GwG. Die Rechtsanwaltskammern haben daher Kontrollen durchzuführen, um der Entschließung der europäischen Union zu einer umfassenden Politik zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nachzukommen. Neben dem Prüfungsrecht wurde den zuständigen Aufsichtsbehörden als mögliches aufsichtsrechtliches Instrument ein Auskunfts- und Unterlagenvorlagerecht in § 52 Abs. 1 und Abs. 6 GwG eingeräumt.

1. Die Mitwirkungspflicht nach § 52 Abs. 1 und Abs. 6 GwG

Nach § 52 Abs. 1 GwG haben der Verpflichtete, die Mitglieder seiner Organe und seine Beschäftigten den Aufsichtsbehörden Auskunft über alle Geschäftsangelegenheiten und Transaktionen zu erteilen, sowie Unterlagen vorzulegen, die für die Einhaltung der im GwG festgelegten Anforderungen von Bedeutung sind. Die entsprechende Pflicht besteht für Personen, bei denen aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 GwG sind. Sie haben der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Verlangen unentgeltlich Auskunft über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, soweit dies für die Feststellung der Verpflichteteneigenschaft erforderlich ist, § 52 Abs. 6 GwG. Erteilt der Verpflichtete oder die mitwirkungspflichtige Person entgegen § 52 Abs. 1 oder Abs. 6 GwG Auskünfte nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig oder legt er Unterlagen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vor, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit nach § 56 Abs. 1 Nr. 73 GwG dar.

Der Begriff der Auskunft ist dem Normzweck nach weit zu verstehen. Darunter fallen nicht nur Mitteilungen von Tatsachen, sondern auch Beurteilungen und sonstige subjektive Einschätzungen (z. B. Zuverlässigkeit eines Mitarbeiters).1 Dabei muss allerdings ein Bezug zu Geschäftsangelegenheiten und Transaktionen bei den Verpflichteten vorliegen, die für die festgelegten Anforderungen des Geldwäschegesetzes von Bedeutung sind. Hierbei kann sich die Auskunft auf allgemeine Vorgänge (z. B. die Umsetzung der internen Sicherungsmaßnahmen), genauso wie auf spezielle Angelegenheiten (z. B. konkreter Verdachtsfall) beziehen.2

Auch der Begriff der Unterlagen ist weit auszulegen und bezieht sich auf alle Unterlagen mit einer Relevanz zu den Anforderungen des GwG. Aus dem Wort „vorzulegen“ lässt sich entnehmen, dass die Unterlagen den Aufsichtsbehörden so zur Verfügung zu stellen sind, dass sie diese einsehen und prüfen können (z. B. Dokumente im Zusammenhang mit der Identifizierungspflicht).

Das GwG verpflichtet somit die betroffenen Rechtsanwälte unter Bußgeldandrohung zur Unterstützung der Rechtsanwaltskammer, damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen kann und auf diese Weise an entscheidungsrelevante Informationen gelangt.

2. Das Spannungsverhältnis zur Selbstbelastungsfreiheit

Im Straf- und Bußgeldverfahren steht dem Beschuldigten ein umfassendes Recht zu, jede aktive Mitwirkung an seiner Überführung zu verweigern. Demgegenüber steht die Mitwirkungspflicht nach § 52 Abs. 1 und Abs. 6 GwG, die eine effektive verwaltungsrechtliche Aufsicht sicherstellen soll. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Rechte und Möglichkeiten der Betroffenen, sich den Ermittlungen im Rahmen des Straf- oder Bußgeldverfahrens zu entziehen, im Vergleich zu einem „herkömmlichen“ straf- oder bußgeldrechtlichen Ermittlungsverfahren erheblich ein­geschränkt werden.3 Es müssen eindeutige Regelungen und Vorgehensweisen geschaffen werden, um zu einer angemessenen Rechtsposition des Betroffenen zu gelangen, welche das Spannungsverhältnis zwischen der Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren und der Selbstbelastungsfreiheit im Straf- und Bußgeldverfahren weitestgehend aufzulösen.

a) Die Selbstbelastungsfreiheit im Rahmen des § 52 Abs. 4 GwG und im Straf- und Bußgeldverfahren

Gemäß § 52 Abs. 4 GwG kann der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 ZPO bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Damit wird im Geldwäschegesetz dem rechtsstaatlichen Grundsatz Rechnung getragen, dass das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen zur umfassenden Aussageverweigerung berechtigt.4 Angehörige im Sinne des § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 ZPO sind der Verlobte einer Partei, der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren. Entsprechendes gilt für den Lebenspartner einer Partei oder denjenigen, mit dem die Partei ein Versprechen eingegangen ist, eine Lebenspartnerschaft zu begründen.

Im Verwaltungsverfahren erstreckt sich der Schutzumfang nur auf das Recht zur Auskunftsverweigerung. Bei mehreren Fragen kann das Recht auch nur für solche ­Fragen gelten, bei denen die Voraussetzungen der ­Auskunftsverweigerung erfüllt sind. Stellt sich heraus, dass Fragen zu Unrecht nicht beantwortet wurden, kann dagegen nach § 56 Abs. 1 Nr. 73 GwG bußgeldrechtlich vorgegangen werden, da die Auskunft nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben wurde.

Während im Hinblick auf die Auskunft dem verpflichteten Rechtsanwalt nach § 52 Abs. 4 GwG ein Auskunftsverweigerungsrecht im Sinne der Selbstbelastungsfreiheit zusteht, sieht § 52 Abs. 4 GwG eine entsprechende Regelung für die Verweigerung der Vorlage von Unterlagen nicht vor. Die Regelung ist insoweit eindeutig. Die zur Mitwirkung Verpflichteten nach § 52 Abs. 1 GwG und Personen nach § 52 Abs. 6 GwG sind daher nicht berechtigt, die Vorlage von Unterlagen oder eine Prüfung zu verweigern, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Aufzeichnungen später als Beweismittel für die Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit dienen können. Eine Prüfung muss in jedem Fall geduldet werden.5 Eine weite Auslegung zugunsten des Verpflichteten würde schon gegen den Wortlaut der Norm sprechen. Eine entsprechende Ergänzung der Regelung im Rahmen der Gesetzesanwendung ist methodisch auch vor dem Hintergrund eines eventuell drohenden Strafverfahrens nicht begründbar. Die Rechtsprechung hat diese umfassenden Mitwirkungspflichten nonverbaler Art unter dem Aspekt der Selbstbelastungsfreiheit bislang nicht beanstandet. Der notwendige Schutz des Betroffenen sei bereits durch das Auskunftsverweigerungsrecht gewährleistet. Hinsichtlich der Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten bestehe keine Zwangslage, da von dem Betroffenen erwartet werden könne, dass er die Begehung von Straftaten unterlässt; dies gilt im besonderen Maße für die der Aufsicht der Rechtsanwaltskammern unterliegenden nach dem GwG verpflichteten Rechtsanwälte. Auch eine natürliche Person kann dementsprechend, sei es als Verpflichteter, Mitglied eines Organes oder Beschäftigter, auf der Basis des § 52 Abs. 4 GwG verpflichtet werden, bestimmte Unterlagen herauszugeben, selbst wenn sie sich mit der Herausgabe der Unterlagen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aussetzt. Da die Unterlagen im Sinne des GwG erstellt werden, unterliegen sie dem öffentlichen Geldwäschepräventionsinteresse. Die Rechtsanwaltskammer ist dementsprechend in jedem Fall berechtigt, insbesondere die Dokumentation der Risikoanalyse gemäß § 5 GwG, der Identifizierungspflicht gemäß §§ 8 Abs. 2 S. 2, 10 Abs. 1 Nr. 1, 11 ff. GwG sowie der konkreten Risikobewertung im Einzelfall gemäß §§ 8 Abs. 1 Nr. 2, 10 Abs. 2, 14 Abs. 1, 15 Abs. 2 GwG zu überprüfen und sich vorlegen zu lassen.

Die Vereinbarkeit außerstrafrechtlicher Mitwirkungspflichten mit dem nemo-tenetur-Prinzip ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erstmals im sogenannten Gemeinschuldnerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1981 problematisiert worden.6 Das Bundesverfassungsgericht stellte zunächst fest, dass jede zwingbare Auskunftspflicht einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG darstelle und hob hervor, dass das nemo-tenetur-Prinzip zu den Grundsätzen eines rechtsstaatlich geführten Strafprozesses gehöre und Ausdruck einer rechtsstaatlichen Grundhaltung sei, die auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG beruhe. Dennoch sei eine uneingeschränkte Auskunftspflicht im Verwaltungsverfahren verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Für den im Verwaltungsverfahren Auskunftspflichtigen könne nicht das Gleiche gelten wie für einen Beschuldigten in einem Straf- oder Bußgeldverfahren, weil seine Rechte ihre Grenzen in den Rechten der weiteren Beteiligten fänden, die auf seine Auskünfte angewiesen seien. Es sei allerdings mit der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn der im Verwaltungsverfahren Auskunftspflichtige dadurch gleichzeitig die Voraussetzungen für eine strafgerichtliche Verurteilung oder eine ähnliche Sanktion liefern müsse, weil das im Strafverfahren eingeräumte Schweigerecht „illusorisch“ wäre, wenn die im außerstrafrechtlichen Verfahren erzwungene Selbstbelastung im Strafverfahren gegen den Betroffenen verwandt werden könne. Deshalb müsse für derartige selbstbelastende Aussagen ein strafrechtliches Verwertungsverbot gelten.7 Im Ergebnis darf die selbstbelastende Aussage daher nicht gegen den Willen des Betroffenen „zweckentfremdet“ und im Rahmen der Strafverfolgung verwertet werden.8

Die Anerkennung der gesetzlichen Aufzeichnungs-, Dokumentations- und Vorlagepflichten durch die obergerichtliche Rechtsprechung begegnet bereits aus praktischen Erwägungen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bestünde die Pflicht in den Fällen möglicher Selbstbezichtigung nicht, könnte der Betroffene entscheiden, berechtigte staatliche Überwachungsinteressen gerade dort einzuschränken, wo diesen besonderes Gewicht zukommt.9 Ohne die Mitwirkung der Verpflichteten nach dem GwG – also ohne Informationen und Informationschancen – ist eine ordnungsgemäße Durchführung der Aufsicht durch die zuständigen Aufsichtsbehörden nicht möglich. Eine effektive verwaltungsrecht­liche Aufsicht ist erst durch die Aufsichtsbefugnisse und den daraus resultierenden Erkenntnismöglichkeiten gewährleistet.

Entscheidend ist, dass die Aufsichtsbefugnisse ausnahmslos als präventive Überwachungsmaßnahmen ausgestaltet sind. Diese präventiven Maßnahmen wie Auskunftsersuchen, Dokumentations- und Vorlagepflichten können im Vorfeld eines Straf- oder Bußgeldverfahrens verfassungskonform eingesetzt werden.

b) Die Abgrenzung von präventivem und repressivem Verwaltungshandeln

Im Gegensatz zur verfassungskonformen Einsetzung der präventiven Maßnahmen im Vorfeld eines Straf- oder Bußgeldverfahrens ist eine andere Bewertung vorzunehmen, wenn die Ausübung von „Aufsichtsbefugnissen“ bereits dem repressiven Verwaltungshandeln zuzurechnen ist; der Betroffene ist dann nicht mehr auf sein Auskunftsverweigerungsrecht aus § 52 Abs. 4 GwG beschränkt. Vielmehr stehen ihm dann sämtliche Beschuldigtenrechte zu. Er ist durch die Bußgeldbehörde darüber zu belehren, dass es ihm freisteht, sich zu dem Vorwurf zu äußern. Er ist in keiner Weise zu einer aktiven Mitwirkung verpflichtet. Mit dem Übergang in das bußgeldrechtliche Verfahren findet ein grundlegender Wechsel in der Rechtslage und den Rechtspositionen, sowohl der Behörde als auch des Betroffenen, statt. Der Abgrenzung von präventivem und repressivem Verwaltungshandeln kommt daher enorme Bedeutung zu. Es kommt entscheidend auf die Frage an, ob die zuständige Behörde als Aufsichts- oder Bußgeldbehörde im Sinne des GwG tätig wird, also bereits von einem bußgeldrechtlichen Verfahren ausgegangen werden muss. Werden bereits Ermittlungen im bußgeldrechtlichen Verfahren getätigt, erstarkt das bloße Auskunftsverweigerungsrecht des Betroffenen zu einem umfassenden Recht, jede aktive Mitwirkung an den Ermittlungen zu verweigern.

Aufgrund der Doppelzuständigkeit der Rechtsanwaltskammer als Aufsichts- und Verfolgungsbehörde im Sinne des GwG bleibt unklar, ob das Aufsichts- oder Kontroll­ersuchen noch im Rahmen der präventiven Aufsicht erfolgt oder bereits eine – im Bußgeldverfahren unzulässige – Ermittlungshandlung darstellt. Problematisch ist also, dass die Ausübung der Aufsichtsbefugnisse nach der Konzeption des GwG zwar im – präventiven – Aufsichtsverfahren ergeht, in der Praxis jedoch häufig zugleich die Aufklärung eines ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sachverhalts zum Ziel hat. Für den Betroffenen ist es grundsätzlich anhand der äußerlich neutralen Maßnahme nicht erkennbar, in welchem Verfahren die Rechtsanwalts­kammer tätig wird.

Dieser besondere Umstand muss dahingehend Berücksichtigung finden, dass die Beschuldigtenrechte im vollen Umfang bereits dann gewährleistet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Ordnungswidrigkeit gegeben sind. Die allgemeinen Grundsätze zur Frage, wann von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens auszugehen ist und eine Person in die Rolle eines Beschuldigten rückt, sind insoweit folglich zu modifizieren. Es kann weder auf einen Willensakt der zuständigen Verfolgungsbehörde, die aufgrund ihrer Doppelzuständigkeit das Bußgeldverfahren nicht zu früh einleiten wird, noch auf das Kriterium der Erkennbarkeit eines straf- oder bußgeldrechtlich motivierten Vorgehens, welches bei den äußerlich neutralen Maßnahmen nicht greifen kann, abgestellt werden. Dementsprechend muss allein entscheidend sein, ob bereits tatsächliche Anhaltspunkte für eine Ordnungswidrigkeit gegeben sind, also ein Anfangsverdacht besteht. Bereits der Anfangsverdacht einer Ordnungswidrigkeit begründet dementsprechend einen Wandel grundlegender Rahmenbedingungen mit der Folge, dass sich die Rechtsstellung des Betroffenen nicht mehr nach dem Verwaltungsrecht, also nach § 52 Abs. 4 GwG, bestimmt, sondern seine Rechte als Betroffener eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens zur Geltung kommen.

Die dargelegten Grundsätze finden eine Bestätigung in der Rechtsprechung des EGMR. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs sind das Recht zu Schweigen und das Recht, sich nicht selbst beschuldigen zu müssen, allgemein anerkannte internationale Grundsätze, die das Herzstück des Begriffs des fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 1 EMRK bilden. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1984 hat der Gerichtshof Art. 6 EMRK für das gerichtliche Bußgeldverfahren für anwendbar erklärt.10 Danach ist ein Betroffener jedenfalls nach dem Zeitpunkt der Mitteilung des Bußgeldbescheids, den er nicht hinzunehmen bereit ist, einem Angeklagten im Sinne des Art. 6 EMRK gleichzustellen. In einer weiteren Entscheidung hat der EGMR dargelegt, dass das Schweigerecht des Beschuldigten auch durch außerstrafprozessuale Mitwirkungspflicht nicht ausgehebelt werden darf.11 Das Recht, sich nicht selbst beschuldigen zu müssen, wird dabei in erster Linie auf das Schweigerecht selbst, also das Recht, verbale Selbstbelastung zu unterlassen, bezogen. Mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2001 hat der Gerichtshof den nemo-tenetur-Grundsatz im Straf- und Bußgeldverfahren ausdrücklich auch auf die Vorlage von Urkunden erstreckt.12

3. Das Spannungsverhältnis zur Verschwiegenheitspflicht

Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Pflicht zur Verschwiegenheit – abgesichert durch § 203 StGB – gehört zu den Kernpflichten von Rechts­anwälten. Sie steht im Rang gleichberechtigt neben den beiden anderen „core values“, der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte und dem Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen.

a) Die Verschwiegenheitspflicht nach §§ 43 a Abs. 2 BRAO, 52 Abs. 5 GwG

Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auf alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Diese statusbildende Grundpflicht zur Verschwiegenheit ist in § 43 a Abs. 2 BRAO dem Grundsatz nach geregelt und ist gemäß § 59 b Abs. 2 Nr. 1 lit. c) BRAO in § 2 BORA näher konkretisiert worden.13 Das Gebot der Verschwiegenheit zählt zu den tragenden Säulen des Anwaltsberufs. Die strikte Verschwiegenheit ist die unerlässliche Basis des Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Integrität und Zuverlässigkeit des einzelnen Berufsangehörigen sowie das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann.14 Die Verletzung dieser Pflicht ist sowohl berufsrechtlich, § 113 Abs. 1 BRAO, als auch strafrechtlich, § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, sanktioniert. Das Berufsgeheimnis wird als anwaltliche Grundpflicht und Voraussetzung für die sachgerechte anwaltliche Berufsausübung durch Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG geschützt. Ohne gesetzliche Garantie von Recht und Pflicht zur Verschwiegenheit stünde die anwaltliche Berufsausübung überhaupt in Frage.15

Der Tatbestand der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 43 a Abs. 2 BRAO setzt einen Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung und der anwaltlichen Berufsausübung voraus. Bereits die Anbahnung des Mandats zählt zum geschützten Bereich; der Rechtsanwalt ist also zum Schweigen verpflichtet, auch wenn er das ihm angetragene Mandat ablehnt.16

Offenkundige Tatsachen und solche, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, unterliegen gemäß § 43 a Abs. 2 S. 3 BRAO nicht der Verschwiegenheitspflicht. Eine Tatsache ist offenkundig, wenn verständige und erfahrene Menschen sie entweder in der Regel kennen müssen oder sich über die aus allgemein zugänglichen und zuverlässigen Quellen unschwer unterrichten können. Wissen, das man sich nur mit besonderen Fachkenntnissen aus allgemeinen zugänglichen Quellen aneignen kann, ist danach nicht offenkundig.17

§ 2 Abs. 1 S. 2 BORA bekräftigt ausdrücklich, dass die Verschwiegenheitspflicht zeitlich unbegrenzt gilt, auch über das Mandatsende hinaus. Dabei gilt die Verschwiegenheitspflicht gegenüber jedermann, also auch gegenüber Familienangehörigen und anderen Rechtsanwälten.

Das GwG trägt der besonderen Vertrauensstellung bei einer Rechtsberatung und Prozessvertretung Rechnung, indem ein besonderes Auskunftsverweigerungsrecht in § 52 Abs. 5 GwG geregelt wird. Demnach können Rechtsanwälte die Auskunft auf Fragen verweigern, wenn sich diese Fragen auf Informationen beziehen, die sie im Rahmen der Rechtsberatung oder der Prozessvertretung des Vertragspartners erhalten haben. Das besondere Auskunftsverweigerungsrecht besteht nicht, wenn der Verpflichtete weiß, dass sein Mandant seine Rechtsberatung für den Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Anspruch genommen hat oder nimmt. In diesen Fällen bleibt die Pflicht zur Auskunft bestehen. Der Schutzumfang des § 52 Abs. 5 GwG erstreckt sich nur auf das Recht zur Auskunftsverweigerung. Die verpflichteten Rechtsanwälte sind daher nicht berechtigt, die Vorlage von Unterlagen oder eine Prüfung nach dem GwG zu ­verweigern.

Die Verschwiegenheitspflicht ist ungeachtet ihrer für das anwaltliche Berufsbild herausragenden Bedeutung vielfältigen „Angriffen“ ausgesetzt. Im GwG und in den aufgrund des GwG ergangenen Rechtsverordnungen sind Tatbestände geschaffen worden, welche die Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte durchbrechen, sodass es im Rahmen der Geldwäscheprävention in vielen Fällen zu einer Umgehung der Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte kommen kann.

b) Durchbrechungen der Verschwiegenheitspflicht durch das GwG

Neben der Mitwirkungspflicht nach § 52 Abs. 1 und Abs. 6 GwG stellt § 43 Abs. 1 GwG grundsätzlich eine Durchbrechung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht dar, soweit der Rechtsanwalt zur Verdachtsmeldung verpflichtet ist. Nach § 43 Abs. 1 GwG hat der Verpflichtete einen Sachverhalt unabhängig vom Wert des betroffenen Vermögensgegenstandes oder der Transaktionshöhe unverzüglich der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu melden, sofern Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung, einem Maklergeschäft oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte (Nr. 1), ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht (Nr. 2) oder der Vertragspartner seine Pflichten nach § 11 Abs. 6 S. 3 GwG, gegenüber dem Verpflichteten offenzulegen, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will, nicht erfüllt hat (Nr. 3).

Durch die Ausnahme in § 43 Abs. 2 GwG, die den Rechtsanwalt in den dort beschriebenen Fällen von der Verpflichtung zur Verdachtsmeldung ausnimmt, besteht keine Durchbrechung mehr von der Schweigepflicht, sodass der Rechtsanwalt nicht nur zur Meldung nicht verpflichtet, sondern wegen der Verschwiegenheitspflicht dazu nicht berechtigt ist. Diese Ausnahme gilt nur für Fälle, in denen sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die der Rechtsanwalt im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erhalten hat. Die Meldepflicht bleibt bestehen, wenn der verpflichtete Rechtsanwalt weiß, dass der Vertragspartner die Rechtsberatung oder Prozessvertretung für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat genutzt hat oder nutzt oder ein Fall des § 43 Abs. 6 GwG vorliegt. Danach kann das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Sachverhalte bei Erwerbsvorgängen nach § 1 des Grunderwerbssteuergesetzes bestimmen, die von Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 und Nr. 12 GwG stets nach § 43 Abs. 1 GwG zu melden sind.

Die seit dem 01.10.2020 geltende Verordnung zu den nach dem Geldwäschegesetz meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich (GwGMeldV-Immobilien) bestimmt gemäß § 43 Abs. 6 GwG Sachverhalte bei Immobilientransaktionen, die von Verpflichteten der rechtsberatenden Berufe an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu melden sind. Dabei schafft die Verordnung weitergehende materiell-rechtliche Meldepflichten als § 43 Abs. 1 GwG vorsieht. Meldepflichtig sind typisierte Sachverhalte bei Immobilientransaktionen, die aufgrund bestimmter Auffälligkeiten einen möglichen Zusammenhang zu Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. So müssen unter anderem Sachverhalte gemeldet werden, bei denen die Transaktionen einen Bezug zu Staaten aufweist, die nach EU oder FATF Vorgaben als Risikostaaten gelistet sind, oder bei denen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den beteiligten Personen bestehen.

Bezüglich des besonderen strafbewehrten Schutzes des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt ist nach wie vor offen, was den Rechtsanwälten zur Erfüllung ihrer Pflichten sowohl nach der BRAO und der BORA, sowie nach dem GwG anzuraten ist. Der Verordnungsgeber zwingt Rechtsanwaltskammern und andere Aufsichtsbehörden in eine missliche Situation und schafft neue Vorbehalte bei den Verpflichteten, bei denen gerade mit viel Einsatz versucht wird, Sensibilität, Akzeptanz und Bereitschaft zu erreichen. Die Regelung konkreter Meldesachverhalte soll den Verpflichteten eine klare Abgrenzung ermöglichen, wann sie eine Meldepflicht gegenüber der FIU trifft, in welchen Fällen die Verschwiegenheit bestehen bleibt; jedoch ist das Gegenteil der Fall. Die GwGMeldV-Immobilien trägt zu einer rechtsunsicheren Anwendung der Meldepflicht bei.

4. Zusammenfassung

Die Mitwirkungspflicht nach § 52 Abs. 1 und Abs. 6 GwG steht in Spannungsverhältnissen sowohl zur Selbstbelastungsfreiheit als auch zur Verschwiegenheitspflicht, welche sich nicht lösen lassen; die Spannungen müssen bewusst sein, damit ihnen im alltäglichen Geschäft der Rechtsanwälte und Aufsichtsbehörden praxisgerecht begegnet werden kann.

Im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zur Selbstbelastungsfreiheit ist es notwendig, genau festlegen zu können, wann ein Ordnungswidrigkeitenverfahren beginnt, um eine angemessene Rechtsposition des möglicherweise Betroffenen eines Bußgeldverfahrens durchsetzen zu können. Ansatzpunkt hierfür ist aufgrund der Doppelzuständigkeit der Rechtsanwaltskammer als Aufsichts- und Bußgeldbehörde im Sinne des GwG nur das Bestehen eines Anfangsverdachts. Sobald ein Anfangsverdacht gegeben ist, erstarkt das bloße Auskunftsverweigerungsrecht aus dem Aufsichtsverfahren zu einem umfassenden Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeitenverfahren; der Betroffene hat nunmehr das Recht, jede aktive Mitwirkung an den Ermittlungen im Bußgeldverfahren zu verweigern.

Bezugnehmend auf das Spannungsverhältnis der Mitwirkungspflichten zur Verschwiegenheitspflicht ist zu bedenken, dass die staatlichen Informationsbegehrlichkeiten in den letzten Jahren kontinuierlich – auch aus guten Gründen – gestiegen sind. Schließlich besteht insbesondere im Sinne des GwG ein natürliches Spannungsverhältnis zwischen dem staatlichen Interesse an effektiver Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und dem Gemeinwohlinteresse an einem nahezu lückenlosen anwaltlichen Berufsgeheimnis. Dementsprechend ist es notwendig, dass die Anwaltschaft und die Berufsverbände im Hinblick auf den Schutz der Verschwiegenheit wachsam sind und diese Kernpflicht der Rechtsanwälte gegenüber dem Gesetzgeber und der EU bestmöglich verteidigen, wie es die BRAK jüngst bezüglich des im Juli 2021 veröffentlichten Gesetzgebungspakets zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung getan hat.

 

  1. Wende/Thirmeyer, in: Zentes/Glaab, GwG, § 52, Rn. 10.
  2. BT-Drs. 17/5417, S. 14; Wende/Thirmeyer, in: Zentes/Glaab, GwG, § 52, Rn. 10.
  3. Bärlein, Pananis, Rehmsmeier, NJW 2002, 1825.
  4. BT-Drs. 17/5417, S. 14; Wende/Thirmeyer, in: Zentes/Glaab, GwG, § 52, Rn. 19.
  5. vgl. VG Berlin, NJW, 1988, 1105, 1106 f.; Hartung, NJW 1988, 1070,1071; Wende/Thirmeyer, in Zentes/Glaab, GwG, § 52, Rn. 20.
  6. BVerfGE 56,37 = NJW 1981, 1431; Bärlein, Pananis, Rehmsmeier, NJW 2002, 1825, 1827.
  7. vgl. BVerfGE 56, 37 (51) = NJW 1981, 1431; Bärlein, Pananis, Rehmsmeier, NJW 2002, 1825, 1827.
  8. Bärlein, Pananis, Rehmsmeier, NJW 2002, 1825, 1827.
  9. vgl. Rogall, in: SK-StPO, Vorb. § 133 Rn. 146; Bärlein, Pananis, Rehmsmeier, NJW 2002, 1825, 1828.
  10. EGMR, NJW 1985, 1273.
  11. EGMR, ÖJZ 1998, 32.
  12. EGMR, NJW 2002, 499.
  13. Ab dem 01.08.2022 entspricht § 59 b Abs. 2 Nr. 1 lit. c BRAO § 59 a Abs. 2 Nr. 1 lit. c BRAO.
  14. BVerfG NJW 2007, 2752, 2753; BVerfG NJW 2006, 3411, 3412; BVerfG NJW 2005, 1917, 1919; BVerfG NJW 2004, 1305, 1307; Henssler, AnwBl. 2019, 216.
  15. BVerfG NJW 2004, 1305, 1309; Henssler, AnwBl. 2019, 216.
  16. Knöfel, Grundfragen der internationalen Berufsausübung von Rechtsanwälten, 2005, 741; Henssler AnwBl. 2019, 216, 217.
  17. BGH NJW 1954, 1656; BGH NSTZ 2000, 596, 597.

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Aktualisierte Hinweise zu Abwicklung und Vertretung

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Die Regelungen für Abwicklung und Vertretung wurden durch die Reform des notariellen Berufsrechts angepasst. Die BRAK hat ihre Informationsmaterialien entsprechend aktualisiert.

Das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts, das am 01.08.2021 in Kraft trat, brachte auch einige für Anwältinnen und Anwälte relevante Veränderungen. Insbesondere wurden die Regelungen für Vertretungen in §§ 53, 54 BRAO und für die Abwicklung einer Kanzlei in § 55 BRAO angepasst. Die augenfälligsten Neuerungen sind, dass eine Vertretung erst bei zweiwöchiger Abwesenheit von der Kanzlei bestellt werden und dass man der Vertretung Zugriff auf das eigene beA einräumen muss.

Der BRAK-Ausschuss Abwickler/Vertreter hat seine Handlungshinweise sowohl für die Tätigkeit des Vertreters als auch für die Tätigkeit des Abwicklers überarbeitet und an die neue Rechtslage angepasst. Die aktualisierten Hinweise finden Sie unter den folgenden Links

Hinweise für die Tätigkeit des Abwicklers (Stand: 2022) 

Informationen des BRAK-Ausschusses Abwickler/Vertreter 

Aktualisiert wurde zudem das Abwicklerlexikon. Es enthält Erläuterungen zu zahlreichen Stichworten im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Kanzleiabwicklers i. S. v. § 55 BRAO, etwa zu den Befugnissen und Berichtspflichten des Abwicklers, zum Umgang mit den Mitarbeitern der abzuwickelnden Kanzlei oder zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) des ehemaligen Rechtsanwalts. Das Abwicklerlexikon (Stand: 2022) steht bereit unter dem Link

Abwicklerlexikon (Stand: 2022) 

 

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„ABC – Steuerfragen für Rechtsanwälte“ – BRAK-Information erweitert

(Stand Dezember 2021)

erschienen im KammerReport 1-2022 | 10.03.2022

Der BRAK-Ausschuss Steuerrecht hat sein Steuer-ABC für Anwältinnen und Anwälte um einen Beitrag zu Bewirtungskosten ergänzt. Im Zentrum steht dabei das Spannungsverhältnis zum Mandatsgeheimnis.

Im Steuer-ABC hat der BRAK-Ausschuss Steuerrecht sämtliche von ihm erstellte Publikationen zu steuerrechtlichen Fragen für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte überblicksartig dargestellt, um sie für Recherchen leichter zugänglich zu machen. Die verschiedenen Handlungshinweise sowie Publikationen in den BRAK-Mitteilungen sowie im BRAK-Magazin werden jeweils kurz zusammengefasst und verlinkt. Sie betreffen unter anderem Themen wie Betriebsprüfungen, die Gewerblichkeit anwaltlicher Tätigkeit, die Rechnungslegung sowie eine Reihe weiterer steuerrechtlicher Fragen, die für die anwaltliche Praxis relevant sind.

Der neu aufgenommene Beitrag behandelt die Anforderungen an die steuerliche Geltendmachung von Bewirtungsaufwendungen und beleuchtet, inwieweit hierbei Konflikte mit dem Mandatsgeheimnis eintreten können. Die Hinweise des BRAK-Ausschusses Steuerrecht ABC-Steuerfragen für Rechtsanwälte finden Sie in alphabetischer Sortierung unter dem Link
ABC – Steuerfragen für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.

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