Und noch einmal: Anforderungen an die einfache Signatur bei Nutzung des sicheren Übermittlungswegs

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erschienen im KammerReport 4-2023 | 20.09.2023

Damit ein Dokument im elektronischen Rechtsverkehr wirksam bei Gericht eingereicht wird, muss es nach § 130a Abs. 3 ZPO und den Parallelregelungen in den anderen Verfahrensordnungen von der den Schriftsatz verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert sein. Alternativ kann die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt den Schriftsatz auf einem sicheren Übermittlungsweg einreichen. Dazu muss das elektronische Dokument mit einer einfachen Signatur versehen und höchstpersönlich aus dem eigenen beA versandt worden sein. Die einfache Signatur erfordert, dass der Name der signierenden Person in Schriftzeichen wiedergegeben wird. Damit soll erkennbar sein, wer den Schriftsatz verantwortet. Das Bundesarbeitsgericht hat es in einer Entscheidung vom 25.08.2022, Az. 2 AZN 234/22, für Einzelanwältinnen und Einzelanwälte bei Nutzung des sogenannten sicheren Übermittlungswegs ausreichen lassen, wenn der Schriftsatz eines Einzelanwalts mit „Rechtsanwalt“ abgeschlossen wurde, ohne dass der Name unter dem Schriftsatz steht. Im Falle eines in Einzelkanzlei tätigen Rechtsanwalts sei es anders als bei einer Sozietät möglich, zweifelsfrei zuzuordnen, wer die Verantwortung für den Schriftsatz übernehme.

Zu dieser Rechtsprechung äußerten inzwischen nach Informationen aus der Anwaltschaft verschiedene Oberlandesgerichte Zweifel. Sie verlangen auch bei in Einzelkanzlei tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, dass diese elektronische Dokumente mit ihrer einfachen Signatur versehen, bevor sie sie höchstpersönlich aus ihrem beA versenden. Selbst wenn sich aus dem Briefkopf lediglich ein einzelner Rechtsanwalt oder eine einzelne Rechtsanwältin ergebe, sei nicht sichergestellt, dass diese Person Verantwortung für den Schriftsatz übernehme. Vielmehr könne auch eine andere Person inhaltlich für das Schreiben verantwortlich sein. So bestehe die Möglichkeit, dass weitere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Kanzlei angestellt oder als freie Mitarbeiter tätig sein könnten. Zudem könne sich ein Rechtsanwalt unter seinem eigenen Briefkopf auch vertreten lassen.

Tipp für die Praxis:
Wählen Sie den sichersten Weg und versehen Sie Schriftsätze auch dann mit einer einfachen Signatur vor dem Versand aus Ihrem beA, wenn Sie in Einzelkanzlei tätig sind! Für zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundene Kolleginnen und Kollegen gilt dies ohnehin.

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Ersatzeinreichung bei vorübergehender technischer Unmöglichkeit

erschienen im KammerReport 4-2023 | 20.09.2023

Rechtsanwältin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin

Seit dem 1.1.2022 dürfen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Schriftsätze, Anträge und Erklärungen den Gerichten nur noch in elektronischer Form übermitteln. Störungen der dafür erforderlichen Infrastruktur treten immer wieder auf. Fristabläufe drohen. Der folgende Beitrag soll unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung und der aktuellen Rechtsprechung Hinweise geben, wie zu verfahren ist, wenn die Justiz aus technischen Gründen nicht auf elektronischem Wege erreichbar ist.

 

Rechtliche Grundlagen
Der Gesetzgeber hat in den Verfahrensordnungen in der seit dem 1.1.2022 jeweils geltenden Fassung festgelegt, dass eine Einreichung von Schriftsätzen, Anträgen und Erklärungen im Falle einer vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung aus technischen Gründen nach den allgemeinen Vorschriften zulässig bleibt.

Diese Möglichkeit zur Ersatzeinreichung ist von einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzugrenzen. Die Ersatzeinreichung dient der Fristwahrung. Ist die Frist bereits verstrichen, kommt eine Ersatzeinreichung nicht mehr in Betracht. Dann ist ein Wiedereinsetzungsantrag zu stellen.

Tipp:
Prüfen Sie die Voraussetzungen und Erfolgsaussichten der Ersatzeinreichung in jedem Einzelfall ganz genau und stellen Sie ggf. hilfsweise einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Voraussetzungen der Ersatzeinreichung
Die Möglichkeit der Ersatzeinreichung besteht nur in Fällen einer vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung. Die professionellen Einreicher sind dadurch nicht von der Notwendigkeit entbunden, die erforderlichen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/12634, 28). Das OVG Münster (Beschl. v. 6.7.2022 – 16 B 413/22) entschied, dass eine Internetstörung über einen Zeitraum von fünf Wochen nicht mehr vorübergehend sei und der Rechtsanwalt ggf. einen Internet-Hotspot hätte einrichten müssen.

Die elektronische Einreichung muss aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich sein. Dabei spielt es nach dem Willen des Gesetzgebers keine Rolle, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichenden zu suchen ist (BT-Drs. 17/12634, 27).

Technische Gründe i. S. d. § 130d S. 2 ZPO liegen nur bei einer Störung der für die Übermittlung erforderlichen technischen Einrichtungen vor, nicht dagegen bei in der Person des Einreichers liegenden Gründen (BGH, Beschl. v. 25.1.2023 – IV ZB 7/22). Der Beschwerdeführer hatte vorgetragen, dass er aufgrund einer Erkrankung am Urlaubsort und dort fehlender technischer Ausstattung nicht in der Lage gewesen sei, die Berufungsbegründung als elektronisches Dokument zu übermitteln. Dies ließ der BGH nicht ausreichen. Bereits der Wortlaut des § 130d S. 2 ZPO spreche dagegen, in Fallgestaltungen, in denen die technischen Einrichtungen zur Übermittlung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument funktionsfähig vorhanden seien und dem Einreichenden lediglich der tatsächliche Zugriff darauf versperrt sei, von einer vorübergehenden Unmöglichkeit zur Übermittlung aus „technischen Gründen“ auszugehen.

Störungen können auch in der Sphäre der Justiz auftreten und dazu führen, dass die Einreichung technisch unmöglich ist. Sie sind insbesondere daran zu erkennen, dass Fehlermeldungen bei der Adressierung der Gerichte auftreten oder die Nachricht nicht erfolgreich gesendet werden konnte.

Tipp:
Prüfen Sie immer, ob Ihre Nachricht erfolgreich versandt wurde! Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Prüfung der erfolgreichen Nachrichtenübermittlung.

 

Unverzügliche Glaubhaftmachung
Die technische Unmöglichkeit der Übermittlung einschließlich ihrer vorübergehenden Natur ist unverzüglich glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung sollte möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung erfolgen. Jedoch sind Situationen denkbar, in denen der Rechtsanwalt erst kurz vor Fristablauf feststellt, dass eine elektronische Einreichung nicht möglich ist und bis zum Fristablauf keine Zeit mehr verbleibt, die Unmöglichkeit darzutun und glaubhaft zu machen. In diesem Fall ist die Glaubhaftmachung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nachzuholen (BT-Drs. 17/12634, 28).

Darauf, dass Gerichte Milde walten lassen, sollte man sich indes nicht verlassen. Denn der BGH wies darauf hin, dass ein Gericht nicht gehalten sei, die Vorschrift des § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO nach ihrem Inkrafttreten während einer (weiteren) Übergangsfrist nicht oder nur „behutsam“ anzuwenden (BGH, Beschl. v. 15.12.2022 – III ZB 18/22).

Der Rechtsbegriff „unverzüglich“ in § 130d S. 3 ZPO ist im Sinne der in § 121 I 1 BGB enthaltenen Legaldefinition als „ohne schuldhaftes Zögern“ auszulegen (BGH, Beschl. v. 15.12.2022 – III ZB 18/22). Die Glaubhaftmachung muss zeitlich unmittelbar erfolgen. Anders als bei § 121 BGB sei der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt keine gesonderte Prüfungs- und Überlegungszeit zu gewähren, sondern die Glaubhaftmachung habe zu erfolgen, sobald Kenntnis vom Scheitern der Einreichung aus technischen Gründen bestehe und die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt zu einer geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände in der Lage sei (BGH, Beschl. v. 26.1.2023 – V ZB 11/22).

Ist es bereits im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung eines Schriftsatzes möglich, die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung darzulegen und glaubhaft zu machen, hat dies mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen. In diesem Fall genügt es nicht, wenn die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung nachträglich darlegt und glaubhaft macht (BGH, Beschl. v. 17.11.2022 – IX ZB 17/22).

Tipp:
Meist gibt es bereits bei der fehlgeschlagenen elektronischen Übermittlung Hinweise darauf, dass die elektronische Einreichung nicht erfolgreich war. Diese Hinweise sollten mit der Ersatzeinreichung für die Darlegung und Glaubhaftmachung genutzt werden. Gegebenenfalls können später noch Konkretisierungen erfolgen, die man sich vorbehalten sollte.

Für den Fall einer fehlgeschlagenen Adresssuche hatte das LAG Schleswig-Holstein entschieden, dass ein konkreter Vortrag erforderlich sei, warum kein Bedienfehler vorliege (LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 8.4.2021 – 1 Sa 358/20).

Zulässige Mittel der Glaubhaftmachung sind alle präsenten Beweismittel i. S. v. §§ 355 bis 455 ZPO, die Versicherung an Eides statt, die anwaltliche Versicherung, schriftliche Erklärung von Zeugen, Privatgutachten, Auswertungen der Metadaten, Screenshots oder Fotos (dazu von Seltmann, BRAK-Magazin 6/2021, 12 f.).

 

Rechtsfolge der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit
Liegt eine vorübergehende technische Unmöglichkeit vor, ist die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften ausnahmsweise zulässig. Zulässig sind insbesondere die Übermittlung per Post, das Einlegen in den (Nacht-)Briefkasten des Gerichts oder ein Telefax. Auf Anforderung des Gerichts ist die Einreichung in elektronischer Form nachzuholen.

 

Rechtsgrundlage der Ersatzeinreichung
§ 130d ZPO – Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und Behörden

1Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. 2Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. 3Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

 Entsprechende Regelungen in den anderen Verfahrensordnungen:
§ 14b FamFG, § 46g ArbGG, § 65d SGG, § 55d VwGO, § 52d FGO, § 32d StPO, § 110c OWiG

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Das Hinweisgeberschutzgesetz aus anwaltlicher Perspektive*

erschienen im KammerReport 4-2023 | 20.09.2023

Am 02.07.2023 ist das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) nach einem langen Gesetzgebungsverfahren in Kraft getreten. Das Gesetz, das die EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzt, regelt den Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an eine hierfür eingerichtete Meldestelle weitergeben (sogenannte Hinweisgeber bzw. Whistleblower). Der Schutz der Hinweisgeber besteht insbesondere darin, dass Repressalien gegen sie verboten sind. Zu diesen Repressalien gehören Kündigungen oder Handlungen, die im Zusammenhang mit der Meldung einen Nachteil für die hinweisgebende Person darstellen.

Aus anwaltlicher Perspektive besonders relevant ist die Frage, welche Auswirkungen das Hinweisgeberschutzgesetz auf die anwaltliche Berufsausübung haben wird. Damit Sie sich einen ersten Überblick darüber verschaffen können, ob Sie vom Hinweisgeberschutzgesetz betroffen sind und ggf. welche Pflichten auf Sie zukommen, haben wir Ihnen im Folgenden die wichtigsten Informationen zusammengestellt.

1. Anwendungsbereich des HinSchG
Das HinSchG umfasst die Meldung von

  • strafbewehrten Verstößen,
  • bußgeldbewehrten Verstößen, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient, sowie
  • Verstößen gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft, soweit diese spezifische, in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HinSchG aufgeführte Schutzbereiche betreffen (bspw. Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, zum Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation, zur Sicherheit der Informationstechnik oder zu steuerlichen Pflichten).

Eine Meldung oder Offenlegung ist nicht geschützt, sofern durch die Meldung die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verletzt würde.

2. Pflichten nach dem HinSchG
Ist der Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet, sind Repressalien des Arbeitgebers gegen Hinweisgeber verboten. Hierzu gehören z. B. Kündigungen, die im Zusammenhang mit einer Meldung ausgesprochen werden. Im Falle von Repressalien haben die hinweisgebenden Personen entsprechende Schadensersatzansprüche. Hierbei besteht eine Beweislastumkehr zugunsten des Hinweisgebers.

Zur Abgabe einer Meldung stehen interne sowie externe Meldestellen zur Verfügung.

Beschäftigungsgeber mit mindestens 50 Beschäftigten sind verpflichtet, eine interne Meldestelle zu errichten. Damit können auch Anwaltskanzleien – unabhängig von der Rechtsform – nach dem HinSchG davon betroffen sein. Zu den Beschäftigten zählen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und alle Auszubildenden.

Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern sind nach dem Gesetz nicht verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Da die sonstigen Regelungen des Hinweisgeberschutzgesetzes jedoch auf diese Anwendung finden, können Meldungen von Verstößen in kleineren Unternehmen, die keine interne Meldestelle eingerichtet haben, deshalb nur gegenüber einer externen Meldestelle eingereicht werden. Selbstverständlich steht es kleineren Unternehmen frei, auf freiwilliger Basis eine interne Meldestelle einzurichten.

Beim Bundesamt für Justiz wird zudem eine externe Meldestelle eingerichtet, an die sich Hinweisgeber wenden können, die keine interne Meldestelle nutzen möchten oder deren Arbeitgeber keine interne Meldestelle eingerichtet hat. Daneben richten der Bund und die Länder weitere externe Meldestellen für die Meldung von Verstößen gegen spezifische Rechtsnormen ein (bspw. bei der BaFin und dem Bundeskartellamt).

Eine hinweisgebende Person soll die freie Wahl haben, ob sie sich zunächst an eine interne Stelle des Unternehmens oder an eine externe Meldestelle wenden möchte. Interne Stellen haben somit keinen Vorrang vor externen Meldestellen; gleichwohl soll die interne Meldestelle bevorzugt genutzt werden, wenn keine Einwände hiergegen bestehen.

Eine Meldung an eine interne oder externe Meldestelle darf durch den Arbeitgeber nicht behindert werden.

Dem Hinweisgeber kommt das HinSchG nur zugute, sofern er eine Meldung gemäß dem HinSchG erstattet. Eine Übermittlung des Hinweises an die Öffentlichkeit ist daher durch das HinSchG nicht geschützt. Erst wenn innerhalb der gesetzlichen Frist für eine Rückmeldung keine geeigneten Folgemaßnahmen ergriffen wurden oder der Hinweisgeber keine Rückmeldung über solche Folgemaßnahmen erhalten hat, unterfällt er auch hinsichtlich weiterer von ihm ergriffener Maßnahmen dem HinSchG. Zudem bestehen eng gefasste Ausnahmen in Konstellationen, in welchen dem Hinweisgeber die Abgabe einer Meldung nicht zugemutet werden kann (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG).

Das Offenlegen unrichtiger Informationen über Verstöße ist verboten.

3. Einrichtung der internen Meldestelle
Die interne Meldestelle kann eine beim Arbeitgeber beschäftigte Person oder eine aus mehreren beschäftigten Personen bestehende Arbeitseinheit sein. Personen, die für die Meldestelle arbeiten, müssen entsprechend geschult sein; sie dürfen auch andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen, allerdings ist hierbei sicherzustellen, dass keine Interessenkonflikte entstehen.

Die Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher (telefonisch oder per Sprachnachricht) oder in Textform ermöglichen; auf Wunsch der hinweisgebenden Person sind auch persönliche Treffen zu organisieren.

Die Aufgaben einer internen Meldestelle können auch von beauftragten Rechtsanwälten oder Anwaltskanzleien wahrgenommen werden.

Der Übernahme einer solchen Aufgabe stehen keine grundsätzlichen berufsrechtlichen Bedenken entgegen. Eine Tätigkeit als ausgelagerte interne Meldestelle ist vergleichbar beispielsweise mit den bisher bereits zulässigen Tätigkeiten als externer Datenschutz- oder Compliance-Beauftragter.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich bei der Tätigkeit als interne Meldestelle nicht um eine dem Beruf des Rechtsanwalts vorbehaltene Tätigkeit handelt. Daher besteht die Möglichkeit, dass die Tätigkeit eines Rechtsanwalts als interne Meldestelle nach dem HinSchG für ein Unternehmen eine gewerbliche Tätigkeit darstellt, die gewerbesteuerpflichtig ist (vgl. zur Frage der Gewerblichkeit von externen Datenschutzbeauftragten BFH, Urt. v. 14.01.2020, Az. VIII R 27/17).  Eine gesetzgeberische oder richterliche Einschätzung zur Gewerblichkeit ausgelagerter interner Meldestellen liegt bislang nicht vor.

In berufsrechtlicher Hinsicht ist insbesondere das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen zu beachten. Obwohl es sich bei der Tätigkeit als interne Meldestelle regelmäßig nicht um ein klassisches anwaltliches Mandatsverhältnis handeln wird, ist auch das widerstreitende berufliche Tätigwerden außerhalb des Anwaltsberufs gem. §§ 43a Abs. 6, 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO unzulässig. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die Tätigkeit als interne Meldestelle für das Unternehmen eines Dauermandanten übernommen werden soll.

Dabei gelten dieselben Maßstäbe wie für den Fall einer klassischen Interessenkollision aufgrund zweier einander widersprechender anwaltlicher Mandatsverhältnisse: Beiden Tätigkeiten muss ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde liegen und gleichzeitig müssen die Interessenlagen beider Tätigkeiten einander widersprechen. Es wäre daher nicht zulässig, dass ein Rechtsanwalt, der einerseits als interne Meldestelle beauftragt ist, gleichzeitig dasselbe Unternehmen im Kündigungsverfahren gegen einen Hinweisgeber vertritt. Ebenso könnte der Rechtsanwalt keine Meldung zu einem Verstoß bearbeiten, wenn er das Unternehmen zuvor zu dieser Thematik rechtlich beraten hat. Da im Vorfeld nicht einzugrenzen ist, welche Art von Hinweisen bei der internen Meldestelle eingehen, ist sorgfältig zu prüfen, ob man sich für einen Dauermandanten als interne Meldestelle zur Verfügung stellt. Liegt infolge eines eingegangenen Hinweises eine Interessenkollision vor, müssten beide Tätigkeiten – sowohl die als Meldestelle als auch das anwaltliche Mandatsverhältnis – niedergelegt werden.

Die abseits von berufsrechtlichen Betrachtungen liegende Frage, ob der als Meldestelle beauftragte „Firmenanwalt“ als hinreichend unabhängig i. S. d. § 15 Abs. 1 HinSchG zu bewerten ist, ist bislang noch nicht geklärt.

4. Aufgaben und Pflichten der internen Meldestelle
Die interne Meldestelle ist u. a. verpflichtet,

  • gegenüber der hinweisgebenden Person den Eingang der Meldung zu bestätigen,
  • zu prüfen, ob die eingegangene Meldung in den sachlichen Anwendungsbereich des HinSchG fällt,
  • zu prüfen, ob die eingegangene Meldung stichhaltig ist, und gegebenenfalls weitere Informationen einzuholen,
  • Folgemaßnahmen zu ergreifen, z. B. eine interne Untersuchung oder die Weitergabe des Sachverhalts an eine zuständige interne Ermittlungseinheit (z. B. Compliance-Abteilung) oder Behörde (z. B. Polizei oder Staatsanwaltschaft), sowie
  • die hinweisgebende Person binnen drei Monaten über die ergriffenen Maßnahmen sowie die Gründe hierfür zu informieren.

5. Konsequenzen von Verstößen gegen das HinSchG
Verstöße gegen das HinSchG stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden. Hierzu gehören die Nichterrichtung der internen Meldestelle, Behinderung einer Meldung und die Offenlegung von unrichtigen Informationen. Die Höhe des Bußgeldes hängt vom jeweiligen Verstoß ab und beträgt bis zu EUR 50.000,– .

Den Gesetzestext zum HinSchG können Sie hier abrufen. Über für die Anwaltschaft relevante Entwicklungen zum HinSchG werden wir Sie auf unserer Internetseite regelmäßig informieren.

* Abdruck mit freundlicher Genehmigung der RAK München

 Bildnachweis: stock.adobe.com | Daniel Beckemeier

Das Barzahlungsverbot nach dem GwG

Ausbildungsvergütung

erschienen im KammerReport 4-2023 | 20.09.2023

Mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz II, welches seit dem 28.12.2022 in Kraft ist, wurden auch ein Barzahlungsverbot für Immobilienverkäufe und -tauschgeschäfte in § 16a GwG sowie erweiterte Prüfpflichten bei Immobiliengeschäften – auch in Bezug auf das Transparenzregister (§§ 19a, 19b GwG) – eingeführt.

Abs. 1 des § 16a GwG sieht vor, dass bei Rechtsgeschäften, die auf den Kauf oder Tausch von inländischen Immobilien gerichtet sind, eine geschuldete Gegenleistung nur mittels anderer Mittel als Bargeld, Kryptowerte, Gold, Platin oder Edelstein bewirkt werden kann. Dasselbe gilt für den Erwerb von Anteilen an Gesellschaften, zu deren Vermögen unmittelbar oder mittelbar eine inländische Immobilie gehört. Für Rechtsanwälte wird das Verbot insbesondere dann relevant, wenn sie notarielle Kaufvertragsentwürfe für ihre Mandanten überprüfen.

Das Verbot gilt für Rechtsgeschäfte, die auf den Kauf oder Tausch von inländischen Immobilien gerichtet sind, jedoch nicht für sonstige auf den Erwerb von Immobilien gerichtete Rechtsgeschäfte, insbesondere Überlassungsverträge. Entscheidend ist dabei nicht die Bezeichnung, sondern der inhaltliche Schwerpunkt des Vertrags. Gemäß § 1 Abs. 7a GwG sind unter Immobilien Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Miteigentumsanteile an Grundstücken, die im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes aufgeführt sind, zu verstehen. Im Hinblick auf das Barzahlungsverbot bezüglich des Erwerbs von Anteilen an Gesellschaften, zu deren Vermögen unmittelbar oder mittelbar eine inländische Immobilie gehört, ist zu beachten, dass das Verbot unabhängig von etwaigen Schwellenwerten, etwa bezogen auf die Anzahl der erworbenen Kapitalanteile, gilt. Die Vorschrift stellt eine spezialgesetzliche Regelung zu den §§ 362 Abs. 1, 364 BGB dar. Nach dem BGB ist eine Geldschuld grundsätzlich in bar zu erfüllen; das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Nach § 16a Abs. 1 S. 1 GwG tritt diese Erfüllungswirkung nicht ein, wenn der Käufer einer Immobilie dem Verkäufer die geschuldete Summe mittels Bargeldes, Kryptowerten oder der in § 16a Abs. 1 GwG genannten Rohstoffe zukommen lässt.

Gemäß § 59 Abs. 11 GwG sind vom Barzahlungsverbot Rechtsgeschäfte, die ab dem 01.04.2023 abgeschlossen wurden, erfasst. Für die Bestimmung des Zeitpunkts ist das schuldrechtliche Geschäft entscheidend. Die Pflichten nach § 16a GwG dienen allein dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Geldwäschebekämpfung; sie bestehen nicht aufgrund von Schutzinteressen des Verkäufers.

Die Regelung des § 19a GwG sieht vor, dass im Transparenzregister im Hinblick auf Vereinigungen auch Angaben zu Immobilien zugänglich sind. So sollen zu Vereinigungen mit Immobilieneigentum im Inland im Rahmen des Registerauszugs Daten zum zuständigen Amtsgericht, Grundbuchbezirk, zur Nummer des Grundbuchblattes und alle im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes eingetragenen Grundstücke, jeweils mit Gemarkung, Flur und Flurstück, aufgeführt werden. Ergänzt werden diese Daten um Angaben zu Art, Umfang, Beginn und Ende der rechtlichen Beziehung. Die Angaben zu Art und Umfang der rechtlichen Beziehung sollen zeigen, welche rechtliche Beziehung zwischen der Vereinigung und der Immobilie besteht, in Bezug auf Eigentum und Eigentumsanteil. Gemäß § 19b GwG soll die registerführende Stelle anhand der ihr aus den Grundbüchern übermittelten Informationen die Angaben nach § 19a GwG in Bezug auf Immobilien erfassen und diese zu Vereinigungen zuordnen.

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