erschienen im KammerReport 5-2024 | 13.12.2024
Das Institut für Freie Berufe (IFB) legt Ergebnisse insbesondere zur Einkommenssituation der Anwaltschaft des Kammerbezirks Hamm für das Wirtschaftsjahr 2022 vor. Basis der präsentierten Daten bildet die Stichprobenerhebung 2023 für das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwälte (STAR).
Aufbau und Organisation der STAR-Untersuchung
Hintergrund von STAR
Das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwälte (STAR) wurde vom Institut für Freie Berufe (IFB) im Auftrag der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) 1993 ins Leben gerufen. Ziel des Projekts war und ist, die wirtschaftliche Lage der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu ergründen und neue Entwicklungen in der Advokatur zu erkennen.
Die aktuelle Online-Befragung war im Zeitraum von Anfang Mai bis Ende Juli des Jahres 2023 zugänglich (Erhebungszeitraum). Eingeladen wurden die Berufsträger dazu über die jeweiligen regionalen Rechtsanwaltskammern.
An der aktuellen Erhebung beteiligten sich die Kammern Bamberg, Berlin, Brandenburg, Braunschweig, Celle, Düsseldorf, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Hamm, Karlsruhe, Kassel, Koblenz, Köln, Mecklenburg-Vorpommern, München, Nürnberg, Oldenburg, des Saarlandes, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Stuttgart, Thüringen, Tübingen und Zweibrücken 1. Für die Auswertung konnten insgesamt 3.374 auswertbare Fragebögen berücksichtigt werden.
Ergebnisse für die RAK Hamm für das Wirtschaftsjahr 2022
Für den Kammerbezirk Hamm konnten insgesamt 46 auswertbare Fragebögen berücksichtigt werden, für die anderen West-Kammern 2.718.
Die folgenden Grafiken liefern vornehmlich eine Darstellung der ökonomischen Situation der Rechtsanwälte im Kammerbezirk Hamm auf Basis der erhobenen Zahlen für das Wirtschaftsjahr 2022 2. Dabei werden die Daten der Rechtsanwaltskammer Hamm den entsprechenden Daten der anderen westdeutschen Kammern (ohne Hamm) gegenübergestellt 3. Die wirtschaftlichen Auswertungen beziehen sich hierbei auf so genannte Vollzeit-Rechtsanwälte. Dabei handelt es sich um Berufsträger, die mindestens 40 Stunden pro Woche arbeiten und ihre Tätigkeit ausschließlich ohne Nebentätigkeit ausüben 4. Zudem wird zwischen Einzelkanzleien und Sozietäten unterschieden, da sich zwischen diesen beiden Kanzleiformen oftmals größere Unterschiede erkennen lassen.
In Hinblick auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Gesamtheit der Kammermitglieder muss darauf hingewiesen werden, dass eine insgesamt repräsentative Erhebung nicht zwingend für alle Teilgruppen Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Durch die Beschränkung der wirtschaftlichen Auswertungen auf Vollzeit-Rechtsanwälte und die Differenzierung nach Kanzleiform liegt die Fallzahl bei den für die Kammer Hamm nachfolgend präsentierten Ergebnissen in den Gruppen (Einzelkanzleien und Sozietäten) jeweils unter n=10; damit ist die Aussagekraft der Ergebnisse stark eingeschränkt. Aufgrund dieser geringen Fallzahlen sollten die wirtschaftlichen Angaben für die Kammer Hamm daher stets eher bzw. allenfalls als Tendenzen verstanden werden.
Personenbezogene Honorarumsätze 2022
Der durchschnittliche persönliche Honorarumsatz selbstständig in eigener Kanzlei tätiger Vollzeit-Rechtsanwälte belief sich 2022 im Kammerbezirk Hamm in Einzelkanzleien auf 186.000 Euro. Damit lag der durchschnittliche Umsatz von Einzelanwälten in Hamm um 22.000 Euro bzw. rund 11 Prozent 5 unter dem entsprechenden Durchschnittsumsatz ihrer Kollegen aus den anderen West-Kammern, die an STAR 2023 teilgenommen haben und 2022 im Mittel auf rund 208.000 Euro kamen. In Sozietäten in Hamm hingegen war der durchschnittliche persönliche Umsatz mit 411.000 Euro um 80.000 Euro bzw. knapp 22 Prozent höher als in den Sozietäten der westdeutschen Vergleichskammern (331.000 Euro; vgl. Abb. 2).
Personenbezogene Gewinne6 2022
Auch der durchschnittliche persönliche Jahresüberschuss selbstständig in eigener Kanzlei tätiger Vollzeit-Rechtsanwälte war 2022 in Einzelkanzleien der Kammer Hamm mit 91.000 Euro niedriger als in den Einzelkanzleien der anderen westdeutschen Kammern, in denen die Vollzeit-Rechtsanwälte im Mittel einen persönlichen Gewinn von 102.000 Euro erwirtschafteten. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen beläuft sich hier auf 11.000 Euro bzw. wiederum 11 Prozent (vgl. Abb. 2).
In Sozietäten im Kammerbezirk Hamm lag der mittlere persönliche Überschuss im Jahr 2022 mit 196.000 Euro ebenfalls – wie schon der persönliche Jahresumsatz – über dem Niveau der westdeutschen Vergleichsgruppe, die 2022 im Mittel einen persönlichen Jahresgewinn von 168.000 Euro generierte. Damit ergab sich eine Differenz in Höhe von 28.000 Euro bzw. 15 Prozent (vgl. Abb. 2).
Bei der Betrachtung des persönlichen Stundeneinkommens 7 selbstständiger Vollzeit-Anwälte zeigt sich ein ähnliches Bild. Rechtsanwälte in Einzelkanzleien der Kammer Hamm kamen im Jahr 2022 auf ein durchschnittliches Stundeneinkommen von 37 Euro, während die Einzelanwälte der anderen West-Kammern bei durchschnittlich 47 Euro pro Stunde lagen. Die Partner in Sozietäten aus Hamm erwirtschafteten 2022 pro Arbeitsstunde 81 Euro; ihre Kollegen in der Vergleichsgruppe arbeiteten im Mittel für einen Stundensatz von 76 Euro. Damit lagen die durchschnittlichen Stundensätze in Einzelkanzleien in der Kammer Hamm um 10 Euro bzw. 24 Prozent unter denen in den anderen westdeutschen Kammerbezirken, während die mittleren persönlichen Stundeneinkommen in Sozietäten in Hamm um 5 Euro bzw. etwa 6 Prozent höher als in den Sozietäten der anderen West-Kammern waren (vgl. Abb. 3).
Kosten- und Gewinnanteile am Kanzleiumsatz 2022
Mit insgesamt 41 Prozent fiel 2022 der durchschnittliche Gesamtkostenanteil 8 am Umsatz in Einzelkanzleien im Kammerbezirk Hamm etwas niedriger aus als in den Einzelkanzleien der anderen West-Kammern, die im Mittel einen Kostenanteil von 44 Prozent verzeichneten. Dabei entfielen in den Einzelkanzleien der Kammer Hamm lediglich 13 Prozent der Personalkosten auf den Umsatz, während in den anderen westdeutschen Einzelkanzleien der Personalkostenanteil 23 Prozent betrug. Dagegen machten die Sachkosten in den Einzelkanzleien in Hamm 23 Prozent des Umsatzes aus, in der westdeutschen Vergleichsgruppe waren es 14 Prozent (vgl. Abb. 4).
Die Sozietäten in Hamm wirtschafteten im Jahr 2022 geringfügig kostengünstiger wie die Sozietäten der Vergleichsgruppe. Mit einem durchschnittlichen Gesamtkostenanteil am Umsatz von 52 Prozent liegen die Sozietäten der Kammer Hamm leicht unter den Sozietäten aus den anderen West-Kammern, die hier auf 53 Prozent kommen. In beiden betrachteten Gruppen stellen die Personalkosten jeweils den höchsten Kostenfaktor. Bei den Sozietäten in der Kammer Hamm wurden 2022 im Schnitt 29 Prozent des Umsatzes darauf aufgewendet, in den anderen westdeutschen Sozietäten 33 Prozent. Dahinter folgen die Sachkosten, die 2022 in den Sozietäten in Hamm einen mittleren Anteil von 17 Prozent und in den Sozietäten der anderen West-Kammern einen Anteil 13 Prozent am Umsatz hatten (vgl. Abb. 5).
An dritter Stelle finden sich sowohl bei den Einzelkanzleien als auch bei den Sozietäten schließlich die Raumkosten, für die 2022 durchschnittlich 5 bis 7 Prozent aufgewendet wurden (vgl. Abb. 4 und 5).
Aufgrund dieser Kostenanteile ergab sich für Einzelkanzleien der Kammer Hamm mit durchschnittlich 59 Prozent ein um 3 Prozentpunkte höherer Gewinnanteil als in den Einzelkanzleien der anderen westdeutschen Kammern, die diesbezüglich im Mittel bei 56 Prozent rangierten. Die Sozietäten im Kammerbezirk Hamm lagen mit einem Gewinnanteil von 48 Prozent geringfügig, um einen Prozentpunkt, über dem der anderen westdeutschen Sozietäten, die hier auf 47 Prozent kamen (vgl. Abb. 4 und 5).
Jahreseinkommen 2022 von angestellten Rechtsanwälten9
Für Rechtsanwälte, die in Vollzeitarbeit in einer Anwaltskanzlei angestellt sind, wird in Abbildung 6 das durchschnittliche Jahresbruttogehalt unter Einbezug eines etwaigen 13./14. Gehalts und sonstiger freiwilliger betrieblicher Leistungen bzw. geldwerter Vorteile ausgewiesen. Hier kann für den Kammerbezirk Hamm im Jahr 2022 aufgrund einer zu geringen Fallzahl kein durchschnittliches Jahreseinkommen ausgewiesen werden. In den anderen West-Kammern erreichte das durchschnittliche Einkommen angestellter Vollzeit-Rechtsanwälte 94.000 Euro.
Jahreseinkommen 2022 von Syndikusrechtsanwälten
Für Syndikusrechtsanwälte, die in Vollzeitarbeit tätig sind, wird ebenfalls in Abbildung 6 das durchschnittliche Jahresbruttogehalt unter Einbezug freiwilliger betrieblicher Leistungen bzw. geldwerter Vorteile präsentiert. Danach lag das Jahreseinkommen von Vollzeit-Syndici in den anderen westdeutschen Kammern im Jahr 2022 im Mittel bei 130.000 Euro. Auch für die Syndici in der Kammer Hamm können wegen fehlender Angaben keine Ergebnisse zum durchschnittlichen Jahreshonorar präsentiert werden.
1 Hinzu kommen Berufsträger, die im Rahmen der vorherigen STAR-Erhebung angaben, wieder an der Befragung teilnehmen zu wollen und aufgrund dessen Adressdaten hinterlegten. Diese wurden direkt durch das IFB angeschrieben und über die erneute Befragung informiert.
2 Neben dem arithmetischen Mittel wird in einigen Grafiken auch der Median ausgewiesen. Das ist der Wert, den 50 Prozent der Befragten über- und die andere Hälfte unterschreiten. Der Median ist ein statistisches Lagemaß, das bei der Bildung von Durchschnittswerten eingesetzt wird, um die Effekte großer Streuungen und extremer Datenwerte zu glätten. Der Median bietet daher gerade bei Wirtschaftsdaten eine gute Interpretationsgrundlage. Der Wert des Medians kann über dem des arithmetischen Mittels liegen.
3 Bei der Beurteilung der präsentierten wirtschaftlichen Kennwerte für die Rechtsanwälte in der Kammer Hamm sowie in der Vergleichsgruppe der anderen West-Kammern sollte immer bedacht werden, dass in diesen Gruppen auch Anwaltsnotare enthalten sind und diese in der Regel ein höheres Jahreseinkommen erzielen als ausschließlich als Rechtsanwalt Tätige.
4 D. h. selbständige Rechtsanwälte in eigener Kanzlei sind ausschließlich selbständig, angestellte Rechtsanwälte sind nur als Angestellte tätig usw.
5 Hierbei handelt es sich stets um die prozentuale Differenz, also den Unterschied zwischen zwei (positiven) Zahlen ausgedrückt in Prozent. Dazu wird der absolute Wert der Differenz zwischen diesen beiden Zahlen durch den Durchschnitt (-swert der zwei Zahlen) dividiert und mit 100 multipliziert. Zu beachten ist dabei, den absoluten Wert der Differenz zu verwenden, d. h. das negative Vorzeichen vor der ausgerechneten Zahl wegzulassen, wenn es eines geben sollte.
6 Die Begriffe Gewinn, Bruttoeinkommen, Überschuss vor Steuern werden hier synonym verwendet. Der persönliche Gewinn in Einzelkanzleien wird mit dem Kanzleiüberschuss (= Kanzleiumsatz minus Kanzleikosten) gleichgesetzt, in Sozietäten entspricht er meist einem wohldefinierten Anteil des Kanzleiüberschusses.
7 Das Stundeneinkommen ist eine rein rechnerische Größe: Dabei wird der persönliche Jahresüberschuss durch die Jahresarbeitszeit dividiert. Die Jahresarbeitszeit ergibt sich wiederum aus der wöchentlichen Arbeitszeit, die mit der Anzahl der Wochen eines Jahres (also 52) multipliziert wird abzüglich der Urlaubszeit.
8 Die Gesamtkosten setzen sich zusammen aus Personal-, Raum- sowie Sach- und sonstigen Kosten.
9 Ergebnisse für in Vollzeit als freie Mitarbeiter tätige Rechtsanwälte können hier nicht vorgestellt werden, da ihre Anzahl in der aktuellen STAR-Umfrage insgesamt zu gering ist.
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