Klausuren im Staatsexamen heute schwieriger als früher

Die Klausuren der juristischen Staatsprüfungen wurden in den vergangenen Jahren schwieriger. Dies ist das deutliche Ergebnis einer Studie, die jüngst veröffentlicht wurde (ZDRW Zeitschrift für Didaktik der Rechtswissenschaft, Jg. 2025/Heft 2, S. 153 – 196). Dr. Adrian Hemler und Malte Krukenberg (beide Bündnis zur Reform der Juristischen Ausbildung e.V.) analysierten Examensklausuren aus Baden-Württemberg und Hessen aus dem Jahr 1948, den 1970ern, 1990ern sowie Prüfungen rund um 2020.

Untersucht wurden der Umfang und die Verständlichkeit der Prüfungssachverhalte und Lösungsskizzen sowie die geprüften Rechtsgebiete, aus deren Zusammenspiel die Studie den Schwierigkeitsgrad der Klausuren bewertet. Es zeige sich demnach ein erheblicher Anstieg des Schwierigkeitsgrades im historischen Verlauf.

Die Sachverhalte der Prüfungsklausuren sind wesentlich umfangreicher geworden. Bei der reinen Zeichenmenge zeigte sich ein Zuwachs von 170 Prozent allein von den Klausuren der 1990er bis zu denen um 2020. Im Vergleich zu den früheren Prüfungsjahrgängen fällt der Anstieg noch deutlicher aus.

Auch der Umfang der Lösungsskizzen ist gestiegen. Während in den 1990ern eine Lösungsskizze etwa 8.000 Zeichen im Median umfasste, stieg dies in den Prüfungen um 2020 auf etwa 51.000 Zeichen.

Die Verständlichkeit der Texte, gemessen mittels eines Lesbarkeitsindexes, habe sich über die Jahrzehnte hingegen nicht nennenswert verändert. Die Texte seien nicht schwieriger, dafür aber erheblich umfassender geworden.

Damit verbunden sind auch gestiegene inhaltliche Anforderungen. In den Prüfungen um 2020 wurden im Zivilrecht zahlreiche verschiedene Rechtsgebiete pro Klausur abgefragt, bei denen komplexe Meinungsstreitigkeiten darzustellen und zusätzlich prozessuale Fragestellungen zu lösen waren. Dahingegen fanden die Autoren in den zivilrechtlichen Klausuren der 1970er lediglich zwei inhaltliche Schwerpunkte. Diese Entwicklung war auch im Öffentlichen Recht festzustellen, wo in den Klausuren um 2020 neben verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Inhalten regelmäßig insbesondere zusätzlich die Verschränkungen mit dem Europarecht geprüft wurden. Dies sei zuvor sehr selten Prüfungsinhalt gewesen. Strafrechtsklausuren sind insbesondere bei der Anzahl der abgefragten Delikte erkennbar angestiegen, sodass in den Klausuren um 2020 teilweise bis zu 16 verschiedene Delikte zu prüfen waren.

Die Autoren führen keinen zwingenden alleinigen Grund für diese Entwicklung an. Sie erkennen jedoch angesichts der Ergebnisse einen Überprüfungs- und Reformbedarf des juristischen Ausbildungssystems.

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